Elektrofahrzeuge : ENIN-Förderprogramm für emissionsfreie Lkw und Transporter
Im österreichischen Mobilitätsmasterplan hat sich die Politik hohe Ziele gesteckt. „Darin ist nichts weniger als die Klimaneutralität 2040 für den Verkehrssektor skizziert“, sagt Hans-Jürgen Salmhofer, Leiter Abteilung Mobilitätswende im Bundesministerium für Klimaschutz. Das sei auch nötig, denn aus dem jüngsten IPCC-Report gehe hervor, „dass sich das Zeitfenster, in dem man etwas gegen den Klimawandel unternehmen kann, zunehmend schließt“, so Salmhofer.
Es gelte daher, Fahrzeuge mit emissionsfreiem Antrieb zu fördern, insbesondere im Nutzfahrzeugbereich. Die Hersteller haben in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte auf diesem Gebiet gemacht, um entsprechende Modelle zur Serienreife zu bringen. Nun braucht es Kaufanreize, damit die Umstellung auf die emissionsfreie Mobilität im Nutzfahrzeugbereich zum Business-Case wird.
Als Sofortmaßnahme wird die kilometerabhängige Maut für emissionsfreie Nutzfahrzeuge in Österreich um 75 Prozent reduziert. Bei den westlichen Nachbarländern Deutschland und Schweiz beträgt der Maut-Rabatt sogar 100 Prozent. Emissionsfreie Lkw im Fernverkehr dürften also am ehesten auf der Weststrecke Einzug halten. Die Asfinag wird daher zunächst einen Pilotkorridor mit Hochleistungs-Ladeinfrastruktur entlang der Autobahnen A1 und A8 einrichten. „Wir wollen dort mit der Ladeinfrastruktur beginnen, wo sie auch wirklich gebraucht wird“, erklärt Bernhard Hintermayer, zuständig für strategische Entwicklung von Rastanlagen und Multimodalität bei der Asfinag.
Um den Anteil an emissionsfreien Nutzfahrzeugen zu erhöhen, wird der Bund die Beschaffung von Lkw der Klassen N1, N2 und N3 fördern. Damit sind alle Transportfahrzeuge, vom leichten Nutzfahrzeug bis zum schweren Fernverkehrslastwagen, förderbar.
Förderprogramm ENIN
Abgekürzt „ENIN“ heißt das neue Förderprogramm für die Beschaffung emissionsfreier Nutzfahrzeuge und Infrastruktur. Als emissionsfreie Fahrzeuge gelten E-Fahrzeuge, Wasserstoff- und Oberleitungsfahrzeuge. Gefördert werden dabei 80 Prozent der Mehrkosten, die gegenüber einem gleichwertigen Dieselfahrzeug entstehen. Das Programm zielt auf die Umstellung von Flotten ab, es wird daher eine Mindestprojektgröße von voraussichtlich drei Fahrzeugen geben. Bedingung ist auch, dass diese mit erneuerbarer Energie betrieben werden. Die Errichtung von entsprechenden Infrastruktureinrichtungen wird mit 40 Prozent der Gesamtkosten gefördert. Firmen können sich auch zu Konsortien zusammenschließen, um beispielsweise eine gemeinsam genutzte Ladeinfrastruktur zu errichten und dabei in den Genuss der Förderung zu gelangen. Förderungsberechtigt sind auch ausländische Unternehmungen, die einen Standort in Österreich haben.
Für die Abwicklung ist die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft FFG zuständig. Das gesamte Fördervolumen beträgt 365 Mio. Euro bis 2026. 35 Millionen Euro davon stammen aus der Recovery and Resilience Facility (RRF) der Europäischen Union, weitere 330 Millionen Euro aus nationalen Mitteln. Die gesamte Fördersumme wird in mehreren Ausschreibungen vergeben, die voraussichtlich im Jahresrhythmus stattfinden.
Die erste Ausschreibung hätte bereits am Ende des zweiten Quartals 2022 starten sollen. Nach mehrmaliger Ankündigung und Verschiebung des Termins, soll es nun im ersten Quartal 2023 soweit sein. Soweit bekannt, wird es einen Call für Nutzfahrzeuge der Klasse N1 geben (bis 3,5 t). Es handelt sich dabei um eine Projektförderung, die Mindestanzahl der eingereichten Fahrzeuge beträgt voraussichtlich fünf Stück. Insgesamt stehen 35 Mio. Euro Fördersumme in der ersten Rund für diese Fahrzeugklasse zur Verfügung.
Für schwere Nutzfahrzeuge der Klassen N2 und N3 soll es einen eigenen Call mit insgesamt 50 Mio. Euro Fördersumme geben. Eine Mindestanzahl an einzureichenden Fahrzeugen ist nicht geplant, es ist aber eine Höchstförderungssumme für einzelne Projekte von 25 Mio. Euro in Diskussion. Im Rahmen der Nutzfahrzeugförderung für Lkw sind auch elektrifizierte Aufbauten oder Anhänger, wie beispielsweise elektrifizierte Kühltrailer mit Generatorachse, förderbar.
Die Vergabe der Förderung erfolgt nach den Bewertungskriterien im Wettbewerbsverfahren. Es ist zu erwarten, dass das Volumen der eingereichten Förderungen das ausgeschriebene Fördervolumen übersteigt. Somit kommen nur die am besten bewerteten Einreichungen tatsächlich in den Genuss der Förderung. Die Reihung der Anträge erfolgt nach Abschluss der Einreichfrist. Unternehmen, die einen Förderantrag abgeben und ihre emissionsfreien Nutzfahrzeuge jedenfalls kaufen möchten, auch wenn ihr Förderantrag nicht erfolgreich sein sollte, können diese bereits nach der Einreichung bestellen.(Stand zu Redaktionsschluss, Änderungen der Förderrichtlinien und Terminverschiebungen sind nicht auszuschließen. Angaben daher ohne Gewähr Weitere Informationen gibt es auf der ENIN-Website der FFG).
Politische Zielsetzungen zur Dekarbonisierung des Straßengüterverkehrs
Die CO2-Emissionen im Güterverkehr in Österreich sind zwischen 1990 und 2019 um 112 % auf 8.742.000 Tonnen CO2-Äquivalente gestiegen. Ziel des ENIN-Förderprogramms ist es, den Anteil an emissionsfreien Nutzahrzeugen signifikant zu steigern. Bis 2025 sollen demnach 10 Prozent der Neuzulassungen in der schweren Klasse N3 erreicht werden. Bis dahin ist es allerdings noch ein weiter Weg, denn aktuell ist gerade in diesem Bereich der Fahrzeugbestand noch verschwindend gering. Es gibt in Österreich insgesamt knapp 55.000 Lkw der Klassen N2 und N3 sowie rund 20.000 Sattelzugmaschinen. Davon verfügen derzeit gerade einmal 52 (!) über einen emissionsfreien Antrieb. Besser sieht es hingegen bei den leichten Nutzfahrzeugen aus: In der Klasse N1 verfügen bereits 5.671 Fahrzeuge über einen emissionsfreien Antrieb. Das sind etwas mehr als ein Prozent des gesamten Fahrzeugbestands von 493.387.
Als Beschlossen gilt bereits das vollständige Aus für den Verbrennungsmotor bei neuzugelassenen Fahrzeugen aller Klassen im Jahr 2035. Angesichts der oben genannten Zahlen ist das eine äußerst ehrgeizige Zielsetzung.
Maßnahmen zur Förderung von emissionsfreien Nutzfahrzeugen im Überblick
- 75 % Mautreduktion für emissionsfreie Fahrzeuge in Österreich, damit sich diese auch in der TCO-Betrachtung rechnen
- Pilotkorridor mit Hochleistungsinfrastruktur (öffentliche Ladestationen auch außerhalb des Betriebshofs, entlang von Autobahnen und Schnellstraßen)
- Förderprogramm ENIN zur Beschaffung und Infrastrukturerrichtung