Brennstoffzelle : Diese schweren Wasserstoff-Lkw rollen demnächst durch Tirol

Hyzon-Wasserstoff-Lkw an der Tankstelle von MPreis

- © MPreis / Franz Oss

Seit März 2022 produziert MPreis in Europas größter Single-Stack Elektrolyseanlage grünen Wasserstoff (H2). Jetzt wurde auch eine firmeneigene H2-Tankstelle in Betrieb genommen mit der die Brennstoffzellen-Lkw zur Filialbelieferung getankt werden sollen. Die Auslieferung der ersten Fahrzeuge der Marke Hyzon wird Anfang Herbst erwartet.

„Für den Regelbetrieb unserer Brennstoffzellen-Lkw ist nun alles angerichtet“, freut sich MPreis-Projektleiter Ewald Perwög. „Es fehlen nur noch unsere eigenen Fahrzeuge.“ Die ersten drei H2-Lkw hätten von der Firma Hyzon Motors bereits im Mai geliefert werden sollen, aufgrund von Lieferengpässen einzelner Komponenten verzögert sich die Lieferung jedoch. „Im September wird es so weit sein: Dann wird MPreis die ersten Brennstoffzellen-Lkw Österreichs im Regelbetrieb auf die Straße bringen und damit beginnen, seine Supermärkte emissionsfrei zu beliefern“, ist Perwög optimistisch.

Hyzon Wasserstoff-Sattelzugmaschine

- © Wouter Keuris Fotografie
Technische Daten des Hyzon Wasserstoff Lkw Motorwagen Hängerzug Sattelzugmaschine
Achskonfiguration 6x2 6x2 4x2
Nachlaufachse liftbar/gelenit ja, gelenkt ja, gelenkt -
Kabine Space Cab high Space Cab high Day Cab medium
Leistung (kontinuierlich / spitze) 250 / 300 kW 250 / 300 kW 250 / 300 kW
Drehmoment 3.000 Nm 3.000 Nm 3.000 Nm
Batteriekapazität 140 kWh 140 kWh 140 kWh
Batteriespannung 700 V 700 V 700 V
Dauerleistung Brennstoffzelle 120 kW 120 kW 120 kW
Reichweite inkl. Batterie ca. 450 km
max. Gesamtgewicht Zugfahrzeug 26 t 26 t 18 t
max. Zuggesamtgewicht 26 t 40 t 40 t
Radstand 5.900 mm 5.600 mm 4.000 mm
Gesamtlänge 12 m 18,75 m 16,5 m

Lkw-Wasserstoff-Tankstelle in Völs

Die Tankstelleninfrastruktur in Völs in Tirol steht bereits. Um diese unter Realbedingungen zu testen, war in den letzten Wochen ein Test-Lkw der Firma Hyzon im Einsatz. „Mit diesem Testfahrzeug konnten wir unsere Fahrer auf die neue Technik einschulen und die notwendigen behördlichen Abnahmen sowie zahlreiche Testbetankungen erfolgreich durchführen“, erklärt Perwög.

Die Betankung von Wasserstoff-Lkw erfordert eine eigene Technik. Obwohl es hierzulande bereits einige H2-Tankstellen für Brennstoffzellen-Pkw gibt, können Schwerfahrzeuge an diesen nicht betankt werden. „Wasserstoff-Pkw und -Lkw tanken Treibstoff in unterschiedlichen Druckverhältnissen. H2-Pkw sind auf kleinere Tanks und höheren Druck von 700 bar ausgelegt, während Wasserstoff-Lkw 350 bar benötigen. Daher war von Anfang an klar, dass wir für unser Projekt eine eigene Betriebstankstelle bauen müssen“, sagt Perwög. „Mit Linde Engineering konnten wir den perfekten Partner dafür ins Boot holen.“ Deren Expertise im Bereich Wasserstoff habe überzeugt und die Zusammenarbeit war höchst professionell.

„Die Technologie der MPreis-Wasserstofftankstelle setzt neue Höchststandards für Betankungs-Geschwindigkeit und erfüllt gleichzeitig unseren Linde Engineering Anspruch auf Sicherheit. Wir haben bei dieser Tankstation eine Reihe von Innovationen umgesetzt, wie zum Beispiel die Implementierung eines neuen standardisierten Betankungsprotokolls. Darüber hinaus haben wir Erzeugung, Vertankung sowie Verteilung integriert – dies ist aus unserer Sicht ein äußerst zukunftsfähiges Konzept“, erklärt Alexander Unterschütz, Senior Vice President Components bei Linde Engineering.

Der Betrieb der eigenen Lkw mit Wasserstoff aus nachhaltiger Produktion soll eine weitere Grundlage für die Dekarbonisierung des Unternehmens schaffen und so einen entscheidenden Beitrag für mehr Umweltschutz leisten. Dabei gilt MPreis als absoluter Pionier auf diesem Gebiet, erst kürzlich wurde nämlich die größte Single-Stack-Elektrolyseanlage in Betrieb genommen.

Die Wasserstofftanks sind hinter der Kabine angebracht. Der Energiegehalt von 40 Kg Wasserstoff entspricht dabei rund 400 Liter Diesel (1 kg Wasserstoff = 10 Liter Diesel)
Die Wasserstofftanks sind hinter der Kabine angebracht. Der Energiegehalt von 40 Kg Wasserstoff entspricht dabei rund 400 Liter Diesel (1 kg Wasserstoff = 10 Liter Diesel) - © MPreis / Franz Oss
Die Tankstelle von Linde macht es möglich, dass ein H2-Lkw in derselben Tankzeit mit 40 Kilogramm Wasserstoff betankt werden kann, wie ein vergleichbarer Diesel-Lkw

Energiegehalt von einem Kilogramm Wasserstoff entspricht 10 Liter Diesel

Linde Engineering entwickelte eine auf die Anforderungen von MPreis maßgeschneiderte Betankungslösung. Kompressoren und Pufferspeicher sind auf die Abläufe in der Lebensmittel-Logistik ausgelegt, in denen innerhalb kurzer Zeit viele Fahrzeuge betankt werden müssen. Die Tankstelle ist in der Lage, mit einer Zapfsäule 40 Lkw und mehr innerhalb von 24 Stunden zu betanken. In Spitzenzeiten können bis zu 12 Wasserstoff-Lkw innerhalb von drei Stunden betankt werden.

„Unsere Fahrer sind es gewohnt, ihre Diesel-Fahrzeuge innerhalb von nur zehn Minuten zu betanken. Die Tankstelle von Linde macht es möglich, dass ein H2-Lkw in derselben Tankzeit mit 40 Kilogramm Wasserstoff betankt werden kann, wie ein vergleichbarer Diesel-Lkw. Dafür ist erstmals ein neuer Standard bei der Betankung zum Einsatz gekommen“, so Thomas Thaler, Projektleiter Mobilität bei MPreis und Geschäftsführer von JuVe Automotion. Ein Kilogramm Wasserstoff entspricht etwa dem Energiewert von zehn Litern Diesel. 40 Kilogramm Wasserstoff entsprechen demnach einem Äquivalent von 400 Litern Dieseltreibstoff.

Ewald Perwög (Projektleiter MPREIS Sustainable Solutions, re.) und Thomas Thaler (GF JuVe Automotion GmbH)

- © MPREIS / Franz Oss

Betriebstankstelle für die eigene Flotte

„Die Tankstelle ist hauptsächlich als MPreis-Betriebstankstelle ausgelegt und als solche nicht öffentlich zugänglich“, erklärt Perwög. An der Wasserstoff-Tankstelle sollen in erster Linie MPreis-eigene Wasserstoff-Fahrzeuge betankt werden, die ersten drei Lkw sollen bereits im September 2022 in den Regelbetrieb gehen. „Wir wollen aber Impulsgeber sein und andere Unternehmen dazu animieren, es uns gleichzutun. Im Sinne des Aufbaus der Wasserstoff-Mobilität für den Schwerverkehr in Österreich soll die Tankstelle in weiterer Folge aber auch anderen Unternehmen für erste Probebetankungen und zu Testzwecken zur Verfügung gestellt werden“, erklärt Perwög. So soll beispielsweise ein Wasserstoff-Bus der Innsbrucker Verkehrsbetriebe (IVB) im Testbetrieb an der Wasserstofftankstelle in Völs betankt werden. Die IVB testen den Brennstoffzellen-Bus für den Öffentlichen Personennahverkehr in der Tiroler Landeshauptstadt.

Mit den Trailerbefüllstationen können wir uns gegenseitig aushelfen. Das ist das Fundament für den Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft im Westen Österreichs

Auch Tankfahrzeuge können befüllt werden

Die Anlage ist die erste Wasserstoff-Tankstelle Österreichs, die als reine Lkw-Tankstelle inklusive Trailerbefüllstation konzipiert wurde. An ihr können sowohl einzelne H2-Lkw betankt als auch Trailer – also Drucktanks auf Sattelaufliegern zum Transport von Wasserstoff – befüllt werden. Damit wolle man die Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff in der gesamten Region sicherstellen. „Mit der Trailerbefüllstation haben wir die Grundlage geschaffen, auch unseren Partnern bei Bedarf Wasserstoff liefern zu können“, erklärt MPreis-Geschäftsführer Peter Paul Mölk.

Mpreis ist mit dem Landesenergieversorger Tiwag und den Zillertaler Verkehrsbetrieben, die beide ebenfalls Wasserstoffprojekte in Umsetzung haben, im österreichischen Forschungs- und Entwicklungsprojekt HyWest verbunden. Ein Teil dieses Projekts ist es, sich gegenseitig Wasserstoff zur Verfügung zu stellen, falls die H2-Produktion im Falle von Wartungsarbeiten oder eines Ausfalls bei einem der Partner zum Erliegen kommt. „Mit den Trailerbefüllstationen können wir uns gegenseitig aushelfen. Das ist das Fundament für den Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft im Westen Österreichs“, erklärt Mölk.

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Fragen und Antworten zum Wasserstoff-Lkw von MPreis

  1. Wieviele Filialen werden in welchem Umkreis beliefert?
    Pro Lkw und Tag werden ca. 7 - 10 unterschiedliche Filialen mit verschiedenen Sortimenten beliefert. Das variiert je nach Lkw und Wochentag. Mit der Inbetriebnahme der ersten drei Hyzon Brennstoffzellen-Lkw werden somit pro Tag ca. 25 Filialen von MPreis beliefert.
    Die belieferten Filialen befinden sich zunächst in einem Umkreis (Luftlinie) von max. 80 Kilometern. Die reale Tagestourenlänge pro Lkw wird bei ca. 270 bis 300 km pro Tag liegen.
  2. Welche Reichweiten sind mit dem Wasserstoff-Lkw möglich?
    Unter Berücksichtigung der Topografie in Tirol, der Tonnagen und der Nebenverbraucher wie bspw. der Kühlung erwarten wir eine Reichweite von ca. 450 bis 500 km pro Tankstopp.
  3. Wie viele Wasserstoff-Lkw sind in welchem Zeitraum geplant?
    Im dritten Quartal 2022 werden die ersten drei Brennstoffzellen-Lkw geliefert: Zwei Sattelschlepper sowie ein Solo-Lkw. Die weitere Projektverlauf sieht sodann sukzessive Lieferungen von 4 bis 6 Hyzon Brennstoffzellenfahrzeugen vor, bis die gesamte Flotte umgestellt ist. MPreis plant seine gesamte Lkw-Flotte binnen sieben Jahren komplett auf wasserstoffbetriebene Brennstoffzellenfahrzeuge umzustellen.
    Die Lkw kommen alle vom Hersteller Hyzon.