Branche : Lkw-Fahrermangel als branchenübergreifendes Problem

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© Daniel Ernst - stock.adobe.com

Es scheint fast zum festen Bestandteil zahlreicher Redaktionen geworden zu sein, das Editorial mit dem Thema Fahrermangel beginnen zu lassen. In Österreich ist das nicht anders, wie in Deutschland, denn die Zahlen lassen dort ebenso wenig auf baldige Besserung hoffen.

Kampagnen zur Imagepolierung des Fahrerberufs scheinen ihre Wirkung nicht wie gewünscht entfaltet zu haben. Hierzulande wird bereits versucht, das Alter der Lenker drastisch herabzusetzen, um auf diese Weise an mehr Lkw-Fahrer zu gelangen. Doch handelt es sich hierbei bloß um eine verzweifelte Maßnahme?

Angesichts der Tatsache, dass immer mehr Lenker in den Ruhestand gehen und die Stellen nicht nachbesetzt werden können - ein mittlerweile europaweites Phänomen -, muss wohl zu allen Mitteln gegriffen werden. Alternativen zum Menschen gibt es keine. Der derzeitige Automatisierungsgrad der Fahrzeuge lässt die Transportbranche im Stich. Die Rede ist von selbstfahrenden Transportmitteln, die dazu in der Lage wären, die Lücke fehlenden Personals zu schließen - doch das ist alles reine Zukunftsmusik.

Vergangenen Freitag lieferte die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) eine Bestandsaufnahme der Lage: Die „Truck Operators der Zukunft“ fehlen, sagte Alexander Klacska, Obmann der Bundessparte Transport und Verkehr. Der Fahrermangel würde nun nicht mehr nur die Mobilitätsbranche betreffen, sondern die gesamte Wirtschaft - Lieferverzögerungen, Preiserhöhungen und dergleichen seien die Folge. Vertreter von Handel, Industrie, dem Bereich Entsorgung müssen bereits gemeinsam auf das Problem aufmerksam machen.

„Steuern auf Problem bei der Nahversorgung zu“

Im Handel sind etwa rund 11.000 Berufskraftfahrer beschäftigt. „Dabei handelt es sich großteils um langjährige Mitarbeiter, die Fluktuation ist sehr gering. Dennoch haben wir vor allem aufgrund von Pensionierungen einen jährlichen Bedarf von 1000 Personen. Und diese sind sehr schwer nachzubesetzen“, schilderte Iris Thalbauer, Geschäftsführerin der Bundessparte Handel in der WKÖ, die Situation im Handel. Betroffen sind Großhandel wie Einzelhandel.

„Sowohl im Firmen- als auch im Endkundengeschäft ist der Transport von sperrigen und schweren Gütern mit Lkw vielfach unverzichtbar“, sagte Thalbauer. Im B2B-Bereich etwa müssten Handelsfilialen mit Waren beliefert werden, im Endkundengeschäft greifen besonders die Branchen Baustoffhandel, Möbel- und Einrichtungsfachhandel oder Maschinenhandel auf Berufskraftfahrer zurück. „Wenn wir nicht mehr Lkw-Fahrerinnen und Fahrer bekommen, steuern wir auf ein Problem zu, gerade auch in der Nahversorgung“, warnte Thalbauer.

Ähnlich betonte Sigi Menz, Obmann der WKÖ-Bundessparte Industrie, dass Lkw aus der alltäglichen Versorgung nicht wegzudenken seien: „Die Schiene ist ein tolles Transportmittel, aber auf den letzten Metern brauchen wir den Lkw. Ohne Lastwägen und genügend Leute, die diese steuern, würde unser Alltag nicht funktionieren. Wir brauchen daher junge Leute, die sich für den Beruf des Lkw-Lenkers begeistern“, sagte Menz. Das sei sowohl für die Industrie wie auch für andere Branchen essentiell.

Rund 120.000 Menschen beschäftigt

In Summe, so fasste Klacska zusammen, sind rund 120.000 Menschen direkt und indirekt im Bereich Lkw-Lenker beschäftigt. Allein aufgrund der demografischen Entwicklung sind in den nächsten zehn Jahren rund 15.000 Arbeitsplätze neu zu besetzen.

„Gerade für uns als Güterbeförderungsbranche ist das eine große Herausforderung. Denn nur zehn Prozent unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind unter 30 Jahren, hingegen sind 36 Prozent über 51 Jahre. Das heißt, es steht uns eine große Pensionierungswelle bevor“, warnt Günther Reder, Obmann des Fachverbands Güterbeförderung.

Dabei ist der Druck in der Branche jetzt schon groß: Einer Umfrage zufolge, die im November unter 290 Unternehmen der Güterbeförderungsbranche durchgeführt wurde, spüren nahezu drei Viertel der Befragten den Fahrermangel im eigenen Betrieb. Pro Unternehmen fehlen im Schnitt 3,6 Lenker.

Ähnlich hat der Lenkermangel im Entsorgungs- und Ressourcenmanagement schon gravierende Ausmaße angenommen: Wie der Fachverband unter seinen Mitgliedsunternehmen erhoben hat, sehen bereits 88 Prozent den Fahrermangel im eigenen Betrieb. Pro Unternehmen fehlen hier durchschnittlich sogar 4,2 Lkw-Lenker.

“Das Problem ist für uns bereits riesig und angesichts der demografischen Entwicklung steuern wir auf einen Engpass zu“, warnt daher auch Gabriele Pipal, Obfrau des WKÖ-Fachverbands Entsorgungs- und Ressourcenmanagement.

Branche will Aus- und Weiterbildung fördern

Um dem Problem Herr zu werden, fordert Klacska allen voran Maßnahmen im Bereich der Aus- und Weiterbildung. Dazu zählt eine Verkürzung des Lehrberufs Lkw-Lenker inklusive der Möglichkeit, den Lkw-Führerschein mit 17 zu machen. Konkret sieht das Modell vor, ab 16 Jahren 30 Fahrstunden in der Fahrschule zu nehmen und mit einem speziell geschulten Fahrer 30.000 Kilometer zu fahren.

„Wir müssen die jungen Leute zum Zeitpunkt der Berufsentscheidung erreichen“, so Klacska. Zudem solle den jungen Leuten wie auch Berufsumsteigerinnen und -umsteigern gezeigt werden, dass Lkw-Lenker heute ein sehr moderner und attraktiver Beruf sei. „Und es handelt sich um einen sehr geregelten Beruf mit familienfreundlichen Arbeitszeiten“, betont der Bundesspartenobmann. Aus diesem Grund wolle man zukünftig auch mehr Frauen für den Beruf gewinnen.

Zusätzlich braucht es Klacska zufolge finanzielle Mittel, um den Beruf entsprechend zu bewerben. „Wir hatten schon damals unter Verkehrsminister Stöger die Zusicherung erhalten, dass große Teile der Einnahmen aus den sogenannten externen Kosten bei der kilometerabhängigen Lkw-Maut der Branche für Aus- und Weiterbildung zur Verfügung gestellt werden. Auch wenn sich die handelnden Personen seither geändert haben - dieses Versprechen wollen wir einlösen“, sagte Klacska. Immerhin belaufen sich die Einnahmen für das Verkehrsministerium aus diesem Titel bis dato auf 70 Millionen Euro.

Situation in Deutschland ebenfalls prekär

Im Vorjahr haben nach Angaben des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) zwar insgesamt 18.167 Menschen einen Lkw-Führerschein erworben - jedoch sind das angesichts etwa 30.000 pro Jahr in Pension gehender Lkw-Fahrer viel zu wenige.

Die Lücke dürfte sich in den kommenden Jahren sogar noch größer werden. Transportunternehmen und Speditionen müssten daher Aufträge ablehnen, weil sie keine Fahrer haben. Viele Fahrzeuge mussten schon abgemeldet und Fuhrparks entsprechend verkleinert werden. Drastisch formuliert steht die Versorgungssicherheit der Bevölkerung wie die der Wirtschaft auf dem Spiel, so der BGL.

Autonomes Fahren nicht vor 2035

Auf einer Mitgliederversammlung im Oktober wies BGL-Hauptgeschäftsführer Dirk Engelhardt darauf hin, dass autonomes Fahren im Nutzfahrzeugbereich nicht vor 2035 Realität werde. Auch dann werde es immer noch Personal auf den Fahrzeugen brauchen. Daher sei Befürchtung mancher Nachwuchskräfte, als Lkw-Fahrer langfristig in der Arbeitslosigkeit zu landen, völlig unbegründet.

Bei der Bekämpfung des Fahrermangel sieht der BGL außerdem den Förderverein „Profi" (Pro Fahrer-Image) in einer wichtigen Rolle. Hauptanliegen des Vereins ist es, das Image der Fahrer zu verbessern. Was die Bezahlung betrifft, so habe sich in den vergangenen Jahren bereits vieles zum Positiven hin entwickelt, hieß es von Verbandsseite.

E-Mobilität im Schwerlastverkehr illusorisch

Mit Blick auf die aktuelle Klimadiskussion betonte Engelhardt, dass deutsche Lkw den Anteil der mit der saubersten Klasse Euro 6 zurückgelegten Mautkilometer von 2,1 Prozent im Jahr 2013 auf 80,1 Prozent im August 2019 vervierzigfacht haben. Allerdings seien die Einflussmöglichkeiten der Branche begrenzt: Von allen CO2-Emissionen auf der Erde seien nach Angaben des Umweltbundesamtes lediglich 3,5 Prozent vom Menschen verursacht.

CO2-Einsparungen

96,5 Prozent seien dagegen natürlichen Ursprungs. Von diesen 3,5 Prozent CO2-Emissionen entfallen demnach 3,2 Prozent auf Deutschland und davon wiederum nur 3,2 Prozent auf den Straßengüterverkehr. Weitere CO2-Einsparungen im Güterverkehr seien nur schwer zu erreichen, auch aufgrund der bislang mangelhaften Tankstellen-Infrastruktur bei CNG und LNG. Eine flächendeckende Umstellung des Schwerlastverkehrs auf E-Mobilität hätte zudem zur Folge, dass bundesweit 18 neue Kernkraftwerke gebaut oder 55.000 neue Windräder aufgestellt werden müssten, so Engelhardt.

Dass Lkw in der aktuellen NOx-Debatte so gut wie keine Rolle spielen, hängt auch damit zusammen, dass für Euro 6-Lkw der Einbau eines Sensors vorgeschrieben ist, der permanent die Stickoxidemissionen im Abgas misst und bei Überschreitungen automatisch die Motorleistung massiv reduziert.

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