Jubiläum : Scania V8-Motor: Eine Legende wird 50

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© Scania CV AB

1969: Erster Scania V8 mit 350 PS

Ende der 60er Jahre gab der V8-Motor von Scania sein Debüt, nun feiert er sein 50-jähriges Bestehen. Ende der 1960er Jahre brachten die Ingenieure von Scania einen 14-Liter-V8-Dieselmotor mit 350 PS heraus. Eine Besonderheit, denn 1969 konnten Langstrecken-Lkw im Durchschnitt nur 250 PS abrufen. Scania wollte mit dem V8 den europäischen Transportmarkt mit einer leistungsstarken Maschine aufwerten. Heute bietet Scania die Euro-6-V8-Motoren mit 520 bis 730 PS an. In den fünf Jahrzehnten hat Scania die V8-Motoren konsequent weiterentwickelt und mehrfach überarbeitet. Doch das Grundkonzept - acht Zylinder in einer V-förmigen Anordnung - ist bis heute gleich geblieben.

Modulbauweise und Grundkonstruktion sind geblieben

Fünfzig Jahre sind in der Motorenentwicklung wie eine Ewigkeit. Daher ist es nicht verwunderlich, dass der heutige Scania V8 nur noch die grundlegende Konstruktion und das modulare Prinzip mit der ersten V8-Generation gemeinsam hat. Der Kern, der Motorblock selbst, ist ein gutes Beispiel für die Weiterentwicklung. Die erste 14,2-Liter-Version des V8 von 1969 wog 334 Kilogramm. Dank verbesserter Werkstoffe und Technologien hat die heutige 16,4-Liter-Version das gleiche Gewicht wie damals, obwohl sie größer und doppelt so leistungsfähig ist und mit modernen Zusatzsystemen ausgestattet ist.

Verbesserte Leistungsentfaltung

Die grundlegenden Motoreigenschaften und der typische Sound sind ebenfalls annähernd gleich geblieben. Mit den Jahren hat sich nicht nur die Leistungsabgabe erhöht. Auch zahlreiche Aspekte der Leistungsentfaltung haben sich verbessert. Der erste V8 benötigte 1.500 U/min zur Bereitstellung von 1.245 Newtonmeter, während das heutige Spitzenmodell, der 730-PS-Motor, bereits ab 1.000 U/min 3.500 Newtonmeter liefert - eine enorme Steigerung. Dies weist auf den auffälligsten Unterschied zwischen den V8-Generationen hin: den Kraftstoffverbrauch.

Kraftstoffverbrauch stetig gesunken

Die modernen Motoren mit geringen Drehzahlen und hohem Drehmoment verbrauchen nur zwei Drittel der in den 1970ern erforderlichen Kraftstoffmenge, obwohl sie heute viel höhere Durchschnittsgeschwindigkeiten bieten und Emissionswerte gemäß Euro 6 erfüllen. Damals war die Emissionskontrolle noch mehr oder weniger unbekannt. Erst 1990 wurde Euro 1 erarbeitet, und ab 1993 mussten die Werte verpflichtend eingehalten werden. 2019 heißt der aktuelle Emissionsstandard Euro 6d (gültig ab September 2019) und in nicht allzu ferner Zukunft wird eine Euro-7-Regulierung auf uns zukommen. Bei der Einführung von Euro 1 waren NOx-Werte von 8,0 zulässig. Heute liegt der Grenzwert bei 0,46 - Scania Motoren liefern in der Praxis noch geringere Werte als die gesetzlichen Anforderungen dies vorschreiben.

Vorteile beim Einbau unter das Fahrerhaus

Dass ein V8 acht Zylinder besitzt, ist offensichtlich. Doch worin liegen die Vorteile, diese in zwei Reihen mit je vier Zylindern anzuordnen? Warum werden nicht acht Zylinder oder sechs große Zylinder mit gleichem Hubraum in einer Reihe angeordnet? Ein Vorteil des V8 ist, dass er in der Regel kürzer und oft auch weniger hoch ist, so dass der Einbau unter einem Fahrerhaus einfacher ist als bei einem Reihenmotor mit gleicher Leistungsfähigkeit. Eine kürzere Kurbelwelle ist zudem robuster als die lange Kurbelwelle eines 6-Zylinder-Reihenmotors.Motoren mit mehr Zylindern können grundsätzlich mehr Leistung erzeugen als Motoren mit weniger Zylindern.

Es ist kein Zufall, dass viele Sportwagen und Autos der Luxusklasse mit V8-Motoren gebaut werden. Bei den von Scania gebauten Viertakt-V8-Motoren zündet ein Zylinder nach jeweils 90 Grad Drehung der Kurbelwelle. Somit zünden zwei Zylinder je Kurbelwellendrehung, was zu einer gleichmäßigen und stabilen Leistungsabgabe führt. Die Funktionsweise dieser Mehrzylindermotoren ist auch der Grund für den markanten Klang. In der neuesten Auflage des Motors haben die Scania Ingenieure durch Modifikationen an den Krümmern darauf geachtet, dass das typische „V8-Grollen“ wieder etwas deutlicher wahrzunehmen ist.

Irgendwann wird's elektrisch

Doch wie steht es um die Zukunft von Verbrennungsmotoren wie dem Scania V8? Handelt es sich um Dinosaurier, die bald ausgestorben sind? „Die Antwort ist je nach Perspektive und Zeithorizont verschieden“, sagt Alexander Vlaskamp, Senior Vice President, Scania Trucks. „Wir bei Scania gehen davon aus, dass irgendwann alle Lkw elektrisch betrieben werden, wofür es verschiedene Optionen gibt. Elektromotoren haben viele Eigenschaften und Vorteile, die nicht zu vernachlässigen sind. Daher ist es klar, dass sie den Verbrennungsmotor eines Tages verdrängen werden.

Doch im Bereich der Transportarbeiten, für die V8-Motoren eingesetzt werden - etwa für den Abtransport von Baumstämmen im Wald oder für nächtliche Transporte von schweren Windkraftanlagen oder für die enormen Strecken durch Russland oder Australien - werden Verbrennungsmotoren mit den derzeit verfügbaren Elektrolösungen nur schwer zu ersetzen sein. Bis es effizientere und kostengünstigere Batterien sowie eine bessere Ladeinfrastruktur gibt, wird der V8 seine vorherrschende Stellung behalten", betont Vlaskamp.

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Geschäftlicher Erfolg

Die V8-Motoren von Scania waren preislich immer höher angesiedelt als „normale“ Antriebsstränge, nicht zuletzt wegen ihres hohen Kraftpotenzials. Im Lauf der Jahre ist das V8-Segment für Scania sehr wichtig geworden, auch aus geschäftlicher Sicht. Die Motoren standen schon immer für das höchste Leistungsversprechen und viele Kunden von Scania sind bereit, für herausragende Robustheit und zuverlässige Kraft zu bezahlen“, erklärt Vlaskamp.

„Mit Blick auf die tatsächliche Gesamtwirtschaftlichkeit unter Berücksichtigung von Produktivität und zusätzlichem Umsatz des Spediteurs, rechtfertigt ein Scania V8 seinen Wert", ist Vlaskamp überzeugt. "Unsere V8-Kunden halten uns die Treue und ihre Fahrzeuge sind auf dem Lkw-Gebrauchtmarkt für zweite und dritte Besitzer stets sehr attraktiv." Im Herbst 2018 kam Scania in eine ungewöhnliche Situation, da Störungen bei einem Lieferanten die V8-Produktion für mehrere Monate unterbrochen hatten.

Erst Anfang 2019 stabilisierte sich die Lage wieder und die normalen Produktionskapazitäten wurden wieder erreicht. „Es war eine unangenehme Situation“, sagt Vlaskamp. „Wir mussten unsere treuen Kunden über deutliche Verzögerungen informieren. Und gleichzeitig wollten viele Kunden bereits neue V8-Lkw bestellen, doch wir konnten diese Bestellungen nicht annehmen und bestätigen. Ich kann gar nicht sagen, wie dankbar wir in der Scania Familie für die Geduld und Treue unserer Kunden während dieser Zeit sind.“

V steht für Victory

Die neueste V8-Ausführung wurde 2017 vorgestellt und legt in Sachen Kraftstoffeffizienz und Einfluss auf den Kraftstoffverbrauch noch einmal nach. Die neue Motorbaureihe, die mit 520, 580 und 650 PS erhältlich ist, bietet Kraftstoffeinsparungen von sieben bis zehn Prozent. „Es gibt derzeit keine realistischen Alternativen für die längeren und schwereren Lkw. Alle unsere V8-Motoren der Klassen Euro 5 und Euro 6 können mit HVO (hydriertes Pflanzenöl) betrieben werden. Der 580-PS-Motor kann sogar zu 100 Prozent mit Biodiesel gefahren werden“, ergänzt Vlaskamp. „Lkw, die schwere Lasten über lange Strecken transportieren sollen, brauchen nach wie vor Verbrennungsmotoren.“

Die neuesten 520-, 580- und 650-PS-Motoren bilden gemeinsam mit der Topversion (730 PS) ein leistungsstarkes Quartett. In Kombination mit geeigneten Achsen und auf die Anwendung abgestimmten Getrieben meistern diese Motoren praktisch jede Herausforderung, ohne dass Modifikationen erforderlich wären. Sie können mit der standardmäßigen Einscheibentrockenkupplung bis zu 250 Tonnen ziehen.

Ist es angesichts der bevorstehenden Elektrifizierung und des möglichen Endes des fossilen Zeitalters wirtschaftlich überhaupt sinnvoll, den V8 weiterzuentwickeln? „Wir machen unsere Pläne für die Zukunft niemals öffentlich, doch wenn jemand unsere Kunden fragt, wird schnell deutlich, was sie verlangen. Es muss einfach berücksichtigt werden, ob der V8 aus der Nachhaltigkeitsperspektive für die jeweilige Anwendung die beste Option ist”, sagt Vlaskamp abschließend.

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