Plug-In-Hybrid : Wenn der Plug-In-Hybrid dem Stromer davonfährt
Flottenbetreiber sollten Hybridfahrzeuge (Hybrid Electric Vehicle; HEV)mit kombiniertem Elektro- und Verbrennungsmotor gegenüber Elektroautos mit rein elektrischen Antrieben aktuell priorisieren. Zu diesem Schluss kommt das britische Unternehmen Emissions Analytics. Vor allem die Lieferzeiten sind an diesem Ergebnis schuld, denn bis zu einem Jahr auf einen Stromer zu warten, sei alles anderes als zielführend, so die Kernaussage. Für Unternehmen ist es vielmehr der praktischere Schritt, auf bereits verfügbare Hybridmodelle umzusteigen.
Auch Hybridfahrzeuge verfügen über eine Lithium-Ionen-Batterie, die sich mittels Verbrennungsmotor und durch den Vorgang der Rekuperation, also durch die Rückgewinnung von Energie beim Bremsen, zum Teil wieder auflädt. Beim Plug-in-Hybrid geht es noch eine Stufe weiter: Hier lässt sich der Akku auch an der Steckdose aufladen, wodurch sie einfacher zu handhaben sind, als normale Hybridfahrzeuge.
Sie sollen letztlich auch zu einer schnelleren Reduzierung von CO2-Emissionen beitragen, denn es mache nur wenig Sinn, ewig auf Elektrofahrzeuge zu warten, und in Zwischenzeit mit dem Bestand an Fahrzeugen mit reinem Verbrennungsantrieb die Luft unverändert zu belasten. „CO2 hält sich sehr lange in der Atmosphäre, eine kleine Veränderung ist wesentlich besser als eine große in der Zukunft“, argumentiert Emissions-Analytics-Chef Nick Molden.
Hybridfahrzeuge werden "besser angenommen"
Probleme seien auch zu schwache Anreize für die Anschaffung eines E-Fahrzeugs, eine zu langsam wachsende E-Ladeinfrastruktur und ein unzureichendes Modellangebot. Als Resultat würden E-Fahrzeuge aktuell nur einen "ineffizienten Weg" darstellen, einen raschen und bedeutsamen Wandel bei der Reduktion von CO2-Emissionen herbeizuführen, kritisieren die Experten von Emission Analystics.
Doch das Unternehmen bricht noch eine Lanze für HEVs: Demnach sollen Fahrzeuge mit hybriden Antrieben sogar 14 Mal besser darin sein CO2 zu reduzieren als Elektrofahrzeuge. Analysen von realen Werten von Hybridfahrzeugen zeigen, dass diese in Europa im Durchschnitt 23 Prozent weniger CO2 emittieren als jene mit konventionellen Antrieben. Nach 2021 solle es laut Emission Analytics sogar so sein, dass sich die Emissionsstandards rein mit Hybriden erreichen ließen, wenn genug auf den Straßen unterwegs wären und der Bestand an alten Fahrzeugen mit Verbrenner drastisch reduziert würde.
HEVs bieten noch einen weiteren wesentlichen Vorteil: Obwohl die Zulassungszahlen – etwa in Österreich – bei den E-Fahrzeuge steigen, werden Hybride generell besser angenommen. Gegen reine Stromer besteht noch mehr Argwohn. „Eine der größten Herausforderungen ist es, den Flottenbestand zu erneuern“, sagt Emissions-Analytics-Chef Nick Molden und ergänzt: „Die Fahrzeuge würden bis zu 12 Jahre ihren Dienst versehen. Das bedeutet auch, dass die Erneuerung der ganzen Flotte ein sehr langsamer Prozess ist“, so Molden.
„Die ideale Situation ist ein rascher Wandel hin zu modernen Benzin- und Diesel-Hybriden, mit einem weiteren Jahrzehnt im Blick Technologie, Infrastruktur und das Batterie-Supply Chain-Management für vollelektrische Fahrzeuge zu verbessern, ist Molden überzeugt.
Batterien teuer in der Herstellung, Kapazitäten fehlen
Ein wesentliches Problem von Elektroautos ist aktuell, dass die Kapazitäten in der Batterieproduktion knapp sind, die Herstellung teuer ist und die Lieferverzögerungen eine wahre Herausforderung darstellen. Großer Knackpunkt ist laut Molden die Batterie. „Aufgrund deren Gewicht und Größe sind rein elektrische Fahrzeuge die schlechteste Option“. HEVs sind laut den Experten daher die sinnvollere Lösung.
Doch Kritiker halten vehement dagegen. Zum einen haben Hybride ein höheres Fahrzeuggewicht - bedingt durch die Mischung aus Verbrenner und Batterieantrieb, zum anderen sind sie lokal keinesfalls emissionsfrei, da immer noch flüssiger Treibstoff getankt werden muss. Im Vergleich zu einem reinen Elektrofahrzeug lässt sich mit der vorhandenen Batterie auch keine annähernd gleiche Reichweite erzielen. Ist die Batterie leer, muss das Fahrzeug komplett auf Verbrenner umstellen, was die CO2-Bilanz wiederum trübt. Durch das höhere Gewicht ist ein Plug-in-Hybrid zudem besonders durstig.
Erste Ergebnisse in Ultra-Low-Emissions-Zone zufriedenstellend
Drei Monate nach der Einführung einer sogenannten Ultra-Low-Emissions-Zone (ULEZ) in London, die dabei helfen soll, nicht nur Staus, sondern auch den CO2-Ausstoß in der Innenstadt deutlich zu reduzieren, deuten die Ergebnisse einer einjährigen Studie in der Hauptstadt Großbritanniens darauf hin, dass Plug-in-Hybrid-Nutzfahrzeuge eine sinnvolle Option für Unternehmen sind, wenn es um die Erreichung von Luftreinhaltungszielen geht.
Bei der Studie, die durch einen Zuschuss des von der britischen Regierung finanzierten Advanced Propulsion Centre in Höhe von 4,7 Millionen Pfund unterstützt wurde, kamen 20 Ford Transit Custom Plug-in-Hybrid-Vorserienfahrzeuge zum Einsatz, die in einen Zeitraum von zwölf Monaten rund 240.000 Kilometer zurücklegten. Bei dem Praxistest sollte untersucht werden, ob Unternehmen die typischen Aufgabenfelder von dieselgetriebenen Nutzfahrzeugen abdecken können, dabei jedoch mit Plug-in-Hybriden möglichst oft im emissionsfreien Elektromodus fahren.
An der Studie nahmen unter anderem der Flughafen Heathrow, der öffentliche Verkehrsnetzbetreiber Transport for London oder der Mobilfunkanbieter Vodafone teil. Sie alle repräsentieren einen Querschnitt der städtischen Unternehmen in London und integrierten die Ford Transit Custom Plug-in-Hybrid-Transporter in ihren täglichen Betrieb. Während des Versuchszeitraums fanden 75 Prozent der Fahrten im Zentrum Londons statt und 49 Prozent der Strecken im Großraum London legten die Testfahrzeuge im reinen Elektromodus zurück.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Plug-in-Hybrid-Nutzfahrzeuge auch ohne eine flächendeckende Lade-Infrastruktur die Emissionen in der Innenstadt deutlich reduzieren, wobei der Range Extender (Benzinmotor) nur bei längeren Fahrten genutzt wurde. In London werden an einem normalen Wochentag rund 280.000 Fahrten mit Nutzfahrzeugen durchgeführt. Dies entspricht 13 Millionen gefahrenen Kilometer - Tendenz steigend.
Übergangstechnologie auf dem Weg zur Vollelektrifizierung
Leichte Nutzfahrzeuge machen 75 Prozent des innerstädtischen Güterverkehrs aus, allein in der Londoner Innenstadt sind in Spitzenzeiten mehr als 7.000 Transporter pro Stunde unterwegs. Ein vergleichbares Bild zeigt sich auch in anderen europäischen Großstädten, was zum Teil auf das rasche Wachstum des Online-Handels zurückzuführen ist. Infolgedessen werden von den Behörden auf dem gesamten Kontinent strengere Emissionskontrollen eingeführt, was den Druck auf die Unternehmen erhöht, nachhaltige und praxistaugliche Lösungen zu finden.
„Eine lokal emissionsfreie Mobilität ist für die Zukunft unserer Städte und ihrer Bürger von wesentlicher Bedeutung, aber wir wissen, dass es immer noch einige Hürden auf dem Weg zur Elektrifizierung gibt“, sagte Mark Harvey, Director, Urban Electrified Van Programme. „Wir wissen auch, dass Unternehmen nach wie vor berechtigte Bedenken hinsichtlich der Palette der rein batterie-elektrischen Fahrzeuge sowie ihrer Kosteneffizienz und Zuverlässigkeit haben. Mit den Tests in London hat Ford untersucht, inwieweit PHEV s (Plug-in-Hybrid-Electric-Vehicle) dazu beitragen können, die Luftreinhalteziele in Städten zu erreichen, ohne die Produktivität zu beeinträchtigen“.
Ford hat die Erkenntnisse aus dem Versuch mit Prototypenfahrzeugen in die Optimierung der Ford Transit Custom- und Ford Tourneo Plug-In Hybrid-Serienmodelle einfließen lassen, die voraussichtlich Ende 2019 im Handel erhältlich sein werden. Zu den Verbesserungen gehören eine optimierte Motorleistung und überarbeitete Anzeigen, um Fahrer besser anzuleiten, wie sie die Akku-Regeneration maximieren können. Vorgesehen ist darüber hinaus eine achtjährige Batteriegarantie.
Range Extender erhöht Reichweite massiv
Weitere Feldversuche in Köln und der spanischen Stadt Valencia werden Daten aus zusätzlichen Städten liefern. Dort kommen Kastenwagen und Personentransporter zum Einsatz, um den verschiedenen Anforderungen an Nutzfahrzeuge gerecht zu werden: der Ford Transit Custom und der Ford Tourneo Custom. Die neuen Fahrzeuge ermöglichen eine emissionsfreie Reichweite von bis zu 50 Kilometern und nutzen einen 1,0-Liter-EcoBoost-Benzinmotor als Range Extender für eine Gesamtreichweite von mehr als 500 Kilometern. Der kompakte Akku unter dem Fahrzeugboden kann bequem mit einer Standard-Steckdose aufgeladen werden und ist so konzipiert, dass der Innenraum und die Ladekapazität des Fahrzeugs nicht beeinträchtigt werden."
„Im Rahmen dieser Studie bekamen Kunden erstmals solch frühe Prototypen-Versionen zur Verfügung gestellt, wir konnten ihr Feedback direkt in die Serienfahrzeuge einfließen lassen“, fügte Harvey hinzu. „Die Rückmeldungen waren überwältigend positiv, die Anwender wollten die Fahrzeuge am liebsten gar nicht mehr zurückgeben“. Ford hat kürzlich angekündigt, dass 2021 ein neuer, rein batterie-elektrischer Ford Transit in das europäische Angebot elektrifizierter Nutzfahrzeuge aufgenommen wird. Der neue Transporter wurde für lokal emissionsfreien Antrieb entwickelt und trägt zu saubereren und leiseren Städten bei, zusätzlich wird er die Betriebskosten für Unternehmen und Anwender reduzieren.
Hybridantriebe schnell erklärt
Mild-Hybrid: Ein Elektromotor unterstützt den Verbrennungsmotor. Rein elektrisches Fahren ist nicht möglich.
Vollhybrid (HEV, Hybrid Electric Vehicle): Er kann etwa zwei bis fünf Kilometer abgasfrei fahren. Danach geht es mit dem Verbrennungsmotor weiter. Die Batterie wird vom Motor und beim Bremsen aufgeladen.
Plug-in-Hybrid (PHEV): Mit deutlich größerer Batterie kann er 30 bis 50 Kilometer weit elektrisch fahren. Die Batterie kann auch an der Steckdose aufgeladen werden.
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