Technologie : WKÖ informiert über automatisiertes Fahren

(v.l.) DI Gerhard Greiner (Alp.Lab), Dr. Thomas Kath, (WKÖ, Abteilung für Rechtspolitik), Dr. Andreas Eustacchio (Rechtsanwalt),  Ing. Michael Nikowitz, MSc.BSc (BMK), Dipl.-Ing. Manfred Harrer (ASFINAG), Mag. Franz Weinberger (Industriellenvereinigung)

(v.l.) DI Gerhard Greiner (Alp.Lab), Dr. Thomas Kath, (WKÖ, Abteilung für Rechtspolitik), Dr. Andreas Eustacchio (Rechtsanwalt), Ing. Michael Nikowitz, MSc.BSc (BMK), Dipl.-Ing. Manfred Harrer (ASFINAG), Mag. Franz Weinberger (Industriellenvereinigung)

- © WKÖ / Adametz-Schneller

Steht das automatisierte Fahren bereits vor dem Durchbruch oder ist das noch Science Fiction? Die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) widmete sich am 2. Dezember in einer Veranstaltung dem Thema "Automatisiertes Fahren: Realität und Potenzial". Es ging dabei um eine Positionsbestimmung, die alle wesentlichen Perspektiven und Aspekte mit einbezog. So gibt es verschiedene Anwendungsfälle mit unterschiedlichen Reifegraden. Es ist etwas anderes, ob man mit einem privaten Pkw selbstfahrend auf der Autobahn unterwegs sein will oder ob ein völlig fahrerloses Robotaxi eigenständig im dichten Stadtverkehr unterwegs ist. Gerade das weitgehend automatisierte Fahren auf Autobahnen mit einem Fahrer an Bord wird wohl in Kürze zur alltäglichen Realität. Fraglich bleibt aber, welche Rolle dem Fahrer bzw. der Person hinter dem Lenkrad dabei zuteil wird: Muss dieser bei Bedarf das Steuer wieder übernehmen können und wie soll dies praktisch umgesetzt werden? Und wie kann etwa das Fahrzeug während der automatisierten Fahrt mit der Infrastruktur kommunizieren? Dieser Frage widmete sich unter anderen Manfred Harrer vom Fachbereich ITS-Services der Asfinag. Er meint etwa, dass es für die Infrastruktur-to-Car-Kommunikation und die Rückgabe der Steuerung vom Fahrzeug an die natürliche Person des Fahrers eine standardisierte Lösung braucht.

Der Rechtsanwalt Dr. Andreas Eustacchio ging auf die juristische Komplexität des automatisierten Fahrens ein. Es brauche dafür jedenfalls eine legistische Überarbeitung bestehender Rechtsnormen. So schreibt etwa das Wiener Übereinkommen über den Straßenverkehr von 1968 fest, dass der Fahrer immer die volle Kontrolle über sein Fahrzeug haben muss. Auch Haftungsfragen gilt es zu klären: Derzeit ist der Fahrer auch bei Nutzung von Assistenzsystemen stets selbst für sein Verhalten im Straßenverkehr verantwortlich. Die Frage ist, wieweit diese Regelung für unterschiedliche Grade des automatisierten Fahrens angepasst werden müsste. Hier sind vor allem die Zwischenschritte bis zur vollständigen Automatisierung herausfordernd, wenn also der Mensch etwa die Hände vom Steuer nehmen kann, aber im Hintergrund weiter die Systeme überwachen und bei Bedarf eingreifen muss. Wie lässt sich das praktisch und auch juristisch umsetzen? Experten sind sich grundsätzlich einig, dass sich eine Ad-hoc-Übernahme des menschlichen Fahrers aus einer automatisierten Fahrsituation heraus nicht so ohne weitere Vorankündigung realisieren lässt. Wenn einmal Level-5, das wirklich autonome, komplett fahrerlose Fahren, erreicht ist, dann lässt sich die Sache auch juristisch wesentlich leichter bewerten: hier haftet dann wohl der Hersteller im Sinne der Produkthaftung für etwaige "Fehlfunktionen" seines Produkts.

Im kommerziellen Güterverkehr wäre der Wegfall des Fahrers wiederum eine enorme Kostenersparnis, vom aktuellen Berufskraftfahrermangel ganz zu schweigen. Allerdings ist die Umsetzung in der Praxis nicht so einfach, schließlich ist der Lkw-Lenker ja nicht nur Fahrer, sondern kümmert sich in der Regel auch um die Übergabe und Übernahme der Fracht. Mag. Franz Weinberger, Sprecher der Nutzfahrzeugimporteure in der Industriellenvereinigung, spricht deshalb von "Transporten, die von Intelligenz begleitet sind". Ob diese natürliche Intelligenz so ohne weiteres durch eine künstliche Intelligenz ersetzt werden kann, ist fraglich. Fahrerlose Transporte auf innerbetrieblichen Arealen (Werksverkehr) sind eher einfach umzusetzen, weil man alle Rahmenbedingungen weitgehend kontrollieren und auch die automatische Warenübernahme an den Be- und Entladestellen einrichten kann. Derartige Projekte gibt es bereits. Auch Hub-to-Hub-Verkehre auf öffentlichen Straßen, die das hochrangige Straßennetz nicht verlassen, sind laut Weinberger in naher Zukunft vorstellbar. Schwieriger sieht es allerdings im Verteilerverkehr aus, mit sehr dynamischen Bedingungen im Verkehr und sehr umfangreichen Aufgaben des Fahrers bis hin zur Entladung der Waren.

Am automatisierten Fahren wird jedenfalls fleißig geforscht und getestet - teilweise sogar schon auf öffentlichen Straßen. Experten drängen allerdings auf eine rasche Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen für das Testen von automatisierten Systemen, damit Österreich und Europa hier gegenüber Asien und Nordamerika nicht ins Hintertreffen geraten. Immerhin sei das automatisierte Fahren dazu geeignet, die Verkehrssicherheit langfristig maßgeblich zu erhöhen: Nur rund ein Prozent aller Unfälle sind auf technische Ursachen zurückzuführen, 99 Prozent auf menschliches Versagen. Einen Rückblick auf die Veranstaltung gibt es auf der Website der WKÖ.

Eröffnung der Veranstaltung im Rudolf Sallinger Saal der Wirtschaftskammer Österreich durch Ing. Mag. Alexander Klacska, Bundesspartenobmann Transport und Verkehr, WKÖ

- © Ludwig Fliesser