Lkw-Kraftstoff : Importstopp für Diesel aus Russland - Kommt jetzt ein Preisanstieg?

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Fast ein Jahr nach dem russischen Angriff auf die Ukraine greifen ab 5. Februar 2023 weitere EU-Sanktionen gegen Moskau. Schon seit Anfang Dezember 2022 darf kein russisches Rohöl mehr per Tanker in die EU eingeführt werden. Nun will die EU nun auch keine Raffinerieprodukte wie Diesel, Benzin oder Schmierstoffe mehr aus Russland abnehmen. Das soll es Präsident Wladimir Putin schwerer machen, seinen Angriffskrieg zu finanzieren. Zu erwarten sind aber auch Folgen für Europa.

Werden Diesel und Benzin wegen des Importstopps aus Russland knapp?


"Aus unserer Sicht ist die Versorgung mit Kraftstoffen in Österreich gesichert", erklärte Hedwig Doloszeski, Geschäftsführerin des österreichischen Fachverbands der Mineralölindustrie (FVMI). "Wir erwarten aber, dass die Lage am europäischen Markt, speziell bei Diesel, weiter angespannt bleibt." Nach der Reparatur der OMV-Raffinerie habe sich die Versorgungslage wieder normalisiert. Allerdings muss ein großer Teil des in Österreich verbrauchten Diesels importiert werden, vor allem aus Deutschland - und Deutschland wiederum deckte 2022 rund 12,5 Prozent seines Verbrauchs aus Russland.

Importiert auch Österreich Treibstoff aus Russland?


Österreich selbst hat laut Fachverband schon vor dem Ukraine-Krieg nur geringe Mengen an Diesel und Benzin direkt aus Russland bezogen. Seit April 2022 gibt es überhaupt keine Importe russischer Erdölprodukte mehr und auch in der Raffinerie Schwechat wird kein russisches Erdöl verarbeitet.

Wieweit ist Europa von russischen Erdölprodukten abhängig?


Europa gilt als Diesel-Importmarkt. "Aufgrund der geopolitischen Lage und fehlender russischer Mengen ist aktuell weniger Diesel am europäischen Markt verfügbar", so Doloszeski. Im Jahr 2021 kamen laut Eurostat-Zahlen 30,9 Millionen Tonnen Diesel aus Russland nach Europa, das entspricht einem Marktanteil von rund 10 Prozent.

Woher kommt der Diesel nun?


Laut dem deutschen Mineralölverband Fuels und Energie kommt Ersatz aus den USA, Westeuropa und dem arabischen Raum. Für den Notfall gibt es eine staatliche Kraftstoffreserve für eigentlich 90 Tage. Österreichs staatliche Reserven nach dem Raffinerie-Unfall in Schwechat sind zwar noch nicht wieder zur Gänze aufgefüllt, aber die Wiedereinlagerung erfolgte rascher als ursprünglich geplant. Zum Jahreswechsel hat die Reserve 87,6 Tage betragen und damit rund sieben Tage mehr als ursprünglich erwartet. Bis spätestens 31. März 2023 soll die volle Bevorratungsverpflichtung mit 90 Tagen wiederhergestellt sein.

Aus unserer Sicht ist die Versorgung mit Kraftstoffen in Österreich gesichert. Wir erwarten aber, dass die Lage am europäischen Markt, speziell bei Diesel, weiter angespannt bleibt."
Hedwig Doloszeski, Geschäftsführerin des österreichischen Fachverbands der Mineralölindustrie (FVMI)

Wird Diesel jetzt wieder teurer?

Das ist nicht ausgeschlossen. Experten wie der deutsche Energieökonom Jens Südekum erwarten aber keine dramatischen Preissprünge. Das Embargo wurde lange im Voraus angekündigt, entsprechend voll seien die Diesellager in den Häfen Rotterdam, Antwerpen und Amsterdam. Thomas Puls vom Institut der Deutschen Wirtschaft weist aber darauf hin, dass Diesel auf dem Weltmarkt knapp sei. Wenn die EU nicht mehr in Russland kaufe, müsse der Treibstoff aus entfernteren Gegenden kommen, etwa aus Saudi-Arabien. Die Kapazität der Spezialschiffe sei begrenzt, die Wege seien länger, die Transporte somit teurer. Der russische Energieexperte Alexej Belogorjew bezweifelt, dass die EU die russischen Lieferungen einfach so ersetzen kann. Allein an Diesel habe Russland bisher täglich 600.000 Barrel geliefert; die USA, Saudi-Arabien und Indien zusammen kämen auf 200.000 Barrel. Ein Barrel fasst 159 Liter.

Wie will die EU Preissteigerungen entgegenwirken?


Wie schon beim Importstopp für Rohöl will die EU zusammen mit den neuen Einfuhrbeschränkungen einen Preisdeckel für russische Erdölprodukte durchsetzen. Das heißt, sie will gemeinsam mit Partnern wie den USA Russland zwingen, diese Stoffe an Drittstaaten unter Marktpreis zu verkaufen. Funktionieren soll das so: Wichtige Dienstleistungen für die russischen Exporte - etwa Transporte westlicher Reedereien oder Versicherungen - sollen nur dann erlaubt sein, wenn der Preis des exportierten Guts die gesetzte Obergrenze einhält. Ziel der EU: Die Kombination aus Importstopp und Preisdeckel sollen Russlands Einnahmen "signifikant reduzieren" und zugleich die globalen Preise stabilisieren. Aus Sicht des deutschen Energieministeriums hat dieses Rezept bisher funktioniert: "Der globale Ölpreis ist stabil, und die erzielten Preise für russisches Rohöl und damit die russischen Staatseinnahmen haben sich reduziert."

Wie wirkt sich das Embargo auf Russland aus?


Experten erwarten, dass die Sanktionen die russische Erzeugung von Erdölprodukten drücken werden - um 15 Prozent auf etwa 230 Millionen Tonnen in heurigen Jahr.

Ist das Embargo für Russland wirklich schmerzhaft?


Niemand in Russland gibt Sanktionsschmerzen zu. Vielmehr betont die Führung in Moskau, dass sich das Öl auf dem Weltmarkt ohnehin vermische und sie andere Absatzwege finde - in Indien etwa. Allerdings muss Russland große Preisnachlässe gewähren, Experten zufolge etwa 30 Prozent im Vergleich zu westlichen Ölsorten. 2022 sind Russlands Einnahmen aus dem Verkauf von Gas und Öl nach Angaben von Vize-Regierungschef Alexander Nowak allerdings noch um knapp ein Drittel gestiegen. Die Ausfuhr von Erdöl habe um sieben Prozent zugelegt. Das EU-Embargo gegen Rohöl auf Tankern griff aber erst ab 5. Dezember. Bei Gas gibt es kein Embargo, sondern Russland selbst hat die Exporte in die EU gedrosselt. Nowak räumt Unsicherheiten ein im Hinblick auf künftige Einnahmen. Zugleich hofft Russland auf Milliardengebühren, wenn es statt des eigenen Öls künftig das schwarze Gold aus der Ex-Sowjetrepublik Kasachstan durch die russische Druschba-Pipeline nach Deutschland durchleitet.

Wird man das EU-Embargo einhalten?


Russland hat nach einer Recherche des "Economist" Wege gefunden, das Öl-Embargo zu umgehen. Demnach entwickelt sich ein Graumarkt mit eigenen Schiffs- und Versicherungskapazitäten, teils gestützt auf Garantien des russischen Staates. Gegen den internationalen Preisdeckel für Rohöl wehrte sich Putin mit der Anordnung, ab 1. Februar nicht mehr in Länder zu liefern, die ihn einhalten.

Bei der neuen Embargostufe sieht Ökonom Südekum neue Schlupflöcher: "Ein Haupteffekt des Embargos wird sein, dass russischer Diesel nicht mehr direkt in die EU gelangt, wohl aber indirekt. Russland liefert an Nationen wie Indien oder Saudi-Arabien, die das billige Öl einkaufen, in ihren Raffinerien verarbeiten und uns dann den Diesel verkaufen." Das sei nicht Sinn des Embargos. Aber selbst wenn es gelänge, diese Umgehung zu unterbinden, "dann wäre die Frage der Diesel-Preise in Europa auch sicher kritischer". Mit anderen Worten: Diese Einfuhren verhindern noch größere Knappheit in der EU.

(APA / red)