Energieerzeugung : Wenn die Lkw-Plane zum Stromerzeuger wird

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© chesky - stock.adobe.com

Es könnte so wunderbar sein: Keine Tankstopps mehr, die Energie für den Antrieb und alle zusätzlichen Geräte im Lkw werden alleine aus der Kraft der Sonne gewonnen. Aus technischer Sicht ist das freilich nichts anderes wie träumerisches Wunschdenken. Dennoch gewinnt neben der Elektromobilität - die noch immer mit Argwohn betrachtet wird - das Thema Solarenergie an Bedeutung. Aus der Stromerzeugung ist die Photovoltaik nicht mehr wegzudenken - etwa dann, wenn es um Solarpanele auf Hausdächern geht, die der zusätzlichen Stromgewinnung dienen. Im automobilen Sektor wird hingegen Neuland betreten.

An eben diesem Randthema forscht das Fraunhofer-Institut: Es geht um Lkw-Planen, die mittels Solarzellen Strom erzeugen können. Einen konkreten Anwendungsfall gibt es bereits: Es könnten sich damit Kühlaggregate mit Energie speisen lassen. Konkret geht es im Rahmen der Forschungen um textile Solarzellen, die eine Ergänzung zu herkömmlichen Siliziumzellen darstellen sollen.

Von Lkw-Plänen bis zur Gebäudefront

Damit bestückte Lkw-Planen könnten die Anhänger autark mit dem Strom versorgen und jenes Energie-Loch füllen, dass der Fahrer erzeugt, wenn er Energie für diverse Geräte im Fahrerhaus benötigt. Es ließe sich die Energie aber auch für die Lkw-Ortung nutzen. Weitergedacht könnten mithilfe dieser Technik ganze Gebäudefronten zur Stromerzeugung beitragen, indem sie nicht wie bisher verputzt, sondern mit stromerzeugenden Abspanntextilien verkleidet werden. Bei Glasfassaden etwa könnten Abschattungstextilien wie Jalousien hunderte von Quadratmetern in Stromerzeugungsflächen umwandeln. Doch wie funktioniert das Ganze eigentlich?

Möglich machen es textile, biegsame Solarzellen, die Forscherinnen und Forscher vom Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme IKTS entwickelt haben - gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Elektronische Nanosysteme ENAS, dem Sächsischen Textilforschungsinstitut und vier Partnerunternehmen. Die Forscher verwenden kein Glas oder Silizium wie bei herkömmlichen Solarmodulen, sondern Textilien als Substrat. "Über verschiedene Beschichtungsverfahren können wir Solarzellen direkt auf technischen Textilien herstellen", erläutert Lars Rebenklau, Gruppenleiter für Systemintegration und AVT am Fraunhofer IKTS.

Das jedoch ist alles andere als leicht. Die Anlagen in den textilverarbeitenden Unternehmen sind mit fünf bis sechs Metern Stoffbreite und Stofflängen von tausend Metern riesig groß. Dazu kommt, dass die Textilien während der Beschichtung Temperaturen von etwa 200 Grad Celsius überstehen müssen, ergänzt Jonas Sundqvist, Gruppenleiter für Dünnschichttechnologien am Fraunhofer IKTS.

Auch andere Anforderungen wie Brandschutz-Vorschriften, große Stabilität und ein günstiger Preis sind für die Herstellung von Solarzellen bedeutend. „Wir haben uns im Konsortium daher für ein Glasfasergewebe entschieden, das all diese Anforderungen erfüllt“, so Rebenklau. Ebenfalls herausfordernd, gestaltet sich das Aufbringen der verschiedenen Schichten einer Solarzelle auf das Gewebe.

Hierbei handelt es sich um die Grundelektrode, die photovoltaisch wirksame Schicht und die Deckelektrode. Verglichen mit diesen nur ein bis zehn Mikrometer dünnen Schichten gleicht die Oberfläche eines Textils einem riesigen Gebirge. Um dieses Problem anzugehen, greifen die Forscher zu einem Trick: Sie bringen zunächst eine sogenannte Einebnungsschicht auf das Textil auf. Sie sorgt dafür, dass Berge und Täler ausgeglichen werden.

Zum Einsatz kommt der Transferdruck: Ein Standardverfahren der Textilbranche, das auch zum Gummieren verwendet wird. An allen weiteren notwendigen Herstellungsprozessen haben die Forscher ebenfalls gefeilt und sie so gestaltet, dass sie sich ohne Probleme in die Fertigungslinie der Textilindustrien einfügen lassen, sollte das Konzept später kommerzialisiert werden.So bringen sie die Elektroden aus elektrisch leitfähigem Polymer ebenso wie die photovoltaisch wirksame Schicht über das gängige Rolle-zu-Rolle-Verfahren auf. Um die Solarzelle möglichst robust werden zu lassen, laminieren die Forscher zusätzlich eine Schutzschicht auf.

Marktreife Solartextilien in etwa fünf Jahren

Den ersten Prototyp hat das Forscherteam bereits hergestellt. „Wir konnten zeigen, dass unsere textile Solarzelle an sich funktioniert“, sagt Rebenklau. „Ihre Effizienz liegt momentan bei 0,1 bis 0,3 Prozent.“ In einem Nachfolgeprojekt arbeiten der Ingenieur und seine Kollegen nun daran, die Effizienz auf über fünf Prozent zu steigern - denn ab diesem Wert rechnet sich die textile Solarzelle erst. Zwar erreichen Siliziumzellen mit zehn bis 20 Prozent deutlich höhere Effizienzwerte, jedoch soll die neuartige Zelle ja nicht mit den herkömmlichen konkurrieren, sondern sie sinnvoll ergänzen, so das Ziel der Forschung.

Auch die Lebensdauer der textilen Solarzelle will das Forscherteam in den kommenden Monaten untersuchen und verbessern. Wenn alles nach Plan funktioniert, könnte die textile Solarzelle in etwa fünf Jahren auf den Markt kommen. Dann wäre das ursprüngliche Ziel des Projekts namens PhotoTex erreicht: Neue Anregungen für den Textilstandort Deutschland zu finden und die Wettbewerbsfähigkeit dieser Industriebranche zu steigern.

Solarenergie soll Batterie-Lebensdauer erhöhen

Das North American Council for Freight Efficiency (NACFE) brachte im vergangenen Jahr eine Studie heraus, in der es darum ging, wie sich Solarenergie auf die Lebensdauer der Lkw-Batterie auswirken kann. Darin gibt sich NAFCE überaus zuversichtlich, dass sich mit der Anbringung von Solarpanelen auf Lastkraftwagen eine positive Wirkung erzielen lässt.

Trotz der Kosten für die dünnen Panele und ihre Installation sollen sich die Kosten schnell amortisieren. NAFCE erklärte, dass nicht davon auszugehen ist, dass die Solarpanele die notwendige Spannung liefern können, um Batterie, Heizung- und Klimaanlage sowie etwaige Kühleinheiten gleichzeitig mit Energie zu versorgen, aber sie könnten zusätzlichen Strom für verschiedene Anwendungen im Lkw liefern.

Überdies könnten solche Panele die Laufzeit von Heizung und Klimaanlage wesentlich verlängern, da die Energie nicht mehr allein aus der Fahrzeugbatterie kommt. Durch die Entlastung wird die Batterie geschont. Die Studienautoren weisen jedoch darauf hin, dass auch die Lebensspanne von Solarpanelen berücksichtigt werden muss und ob die Anbringung überhaupt rentabel genug ist.

In Großbritannien setzt die deutsche Post-Tochter DHL bereits auf spezielle Sattelauflieger, deren Dächer mit einer speziellen Solarfolie überzogen sind. Die Post in Deutschland greift ebenfalls auf die Solarlösung mit dem Namen Trailar zurück. Die Technik basiert auf dünnen, folienartigen Solarzellen, die auf dem Lkw-Dach angebracht werden und die gewonnene Energie in die Fahrzeugbatterie oder in zusätzliche Speicherbatterien an Bord leiten.

Auf sperrige Module wird verzichtet. Die zusätzliche Energie fließt aber nicht in die Antriebseinheit, sondern nimmt auf indirekte Weise Einfluss. Mit ihr werden Komponenten wie die elektrische Ladebordwand und sämtliche Zusatzgeräte, wie zum Beispiel die Klimaanlage, betrieben. Das entlastet wiederum die Lichtmaschine, die vom Verbrennungsmotor angetrieben wird.

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