Autonomes Fahren : Wenn der komplette Lastwagen autonom wird
Noch im letzten Jahr waren Redakteure von TRAKTUELL auf der Münchener Logistikmesse „transport logistic 2019“ unterwegs und konnte sich dort vernetzen, austauschen und Impressionen sammeln: So auch von einem komplett automatisierten Transportfahrzeug, dem „T-Pod“, der gänzlich ohne Fahrerkabine und Lastwagenfahrerin beziehungsweise Lastwagenfahrer auskommt. Das Gefährt mit seinem klobigem Lastwagenaufbau, ist ab sofort bestellbar, wie der Hersteller Einride vor Kurzem bekannt gab.
Ein wenig Straßenerfahrung konnte der ferngesteuerte Lastwagen bereits sammeln - und zwar im schwedischen Jönköping. TRAKTUELL hatte darüber berichtet. Noch einmal zur Auffrischung: Dem T-Pod wurde es behördlich erlaubt Fahrpraxis innerhalb eines Industriegebiets mit generell niedriger Fahrgeschwindigkeit zu sammeln.
Autonomes Fahrzeug zum Mieten
Seit unserem Lokalaugenschein auf der Logistikmesse in München im vergangenen Jahr hat der Hersteller noch ein wenig an seinem Fahrzeug geschraubt und es aerodynamischer gemacht. Erstmals ist der autonom fahrende Truck in zwei Varianten reservierbar, wobei vorab eine Anzahlung zu leisten ist.
„Wir sehen das Projekt, rund um die Entwicklung des T-Pod, als ein Gemeinschaftsprojekt, bei dem unsere Partner sehr wichtig sind“, betont ein Sprecher des Unternehmens. Auf dem Weg nach oben kann Einride schon ein paar Unternehmen auflisten, die mit dem T-Pod Erfahrungen sammeln – darunter DB Schenker, Lidl Schweden und Oatly. Neu mit an Bord ist zudem Reifenhersteller Bridgestone und Batteriezellenhersteller Northvolt.
Wenn der Trailer „autonom“ wird
Die große Herausforderung liegt bei autonomen Fahrzeugen darin, dass kein Mensch aktiv eingreifen soll, wenn etwas schief geht. „Aus technischer Sicht besteht die Herausforderung darin, dass kein menschlicher Überwacher da ist, der Systemgrenzen oder Systemfehler erkennt und bei Bedarf das Fahrzeug in den sicheren Zustand überführt“, erklärt Professor Markus Maurer von der TU Braunschweig.
Das heißt im Klartext, dass das autonome beziehungsweise vollautomatisierte Fahrzeug selbstständig den eigenen Zustand überwacht, mögliche Systemfehler und Schwächen der Leistungsfähigkeit rechtzeitig erkennen kann und dann – bei drohendem Leistungsabfall – den Übergang in einen sicheren Zustand einleitet. Alles andere sei lediglich eine „Teilautomatisierung“, so der Professor.
Bisher nur Zugmaschine im Fokus
Während autonome Lastwagenmodelle wie T-Pod oder Volvo Vera überhaupt keine Fahrerkabinen vorgesehen, gibt es noch andere Ansätze. Ein im Februar 2020 gestartetes Projekt unter der Leitung von BPW geht noch einen Schritt weiter und bezieht den Lastwagenanhänger mit ein – von der windschnittigen Lastwagenplane bis hin zu den Lastwagenreifen.
Das Forschungsprojekt, in dem der autonome Trailer realisiert wird, nennt sich „IdenT“ und ist ein auf drei Jahre ausgelegtes Förderprojekt des deutschen Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie mit einem Gesamtvolumen von 4,7 Millionen Euro. Damit soll das Potenzial vollautomatisierter Lkw als Ganzes ausgeschöpft werden.
Sattelauflieger bekommt Zwillinge
Der Fugenkitt ist dabei die Telematik des Fahrzeugs, die das Netz miteinander verbindet. Projektleiter Jan-Philipp Koble führt dazu aus: „Wir bauen ein intelligentes Nervensystem für den Trailer der Zukunft, um das sichere autonome Fahren von Sattelzügen zu ermöglichen.
Es besteht aus einem Sensornetzwerk, einer cloudbasierten Datenplattform, aber auch innovativen Methoden zur Datenverarbeitung, online wie offline. Die Vision sei es laut BPW, einen vollautomatisch und selbständig fahrenden Lastzugs zu machen, der rund um die Uhr eingesetzt werden könnte.