Corona-Krise : So funktioniert der Güterverkehr im Corona-geplagten Tirol
Tirol zählt mit zu den am stärksten betroffenen Regionen des Coronavirus in Österreich. Seit 19. März 2020 stehen alle Gemeinden Tirols offiziell unter Quarantäne. Doch der Warenverkehr muss dort auch weiterhin aufrechterhalten bleiben, damit die unter Quarantäne stehende Bevölkerung mit den wichtigsten Gütern versorgt werden kann.
Fahrten zur Versorgungssicherung erlaubt
Generell wurde der Warenverkehr in Tirol zum Schutz der Allgemeinheit beschränkt - doch es gibt Ausnahmen. Die Verbote für die Zufahrt beziehungsweise die Abfahrt aus den Gemeinden im Landesgebiet gilt nicht für allgemeine Versorgungsfahrten durch Zulieferer (z.B. Lebensmitteltransporte) und Fahrten zur Erbringung von Dienstleistungen im Bereich der Daseinsvorsorge (z.B. Straßendienst, Müllabfuhr, Dienstleistungsbetriebe, öffentlicher Verwaltungsdienst) und im Bereich der versorgungskritischen öffentlichen Infrastruktur (z.B. Strom- und Wasserversorgung).
Schwerverkehr und Lieferketten gut unterwegs
Während Tirol aus Sicherheitsgründen unter Quarantäne steht, stellt sich diese Frage für das Güterbeförderungsgewerbe nicht. Laut Josef Ölhafen, Spartengeschäftsführer Transport und Verkehr in der Tiroler Wirtschaftskammer, stellt sich die Lage wie folgt dar: „Der internationale Warenverkehr läuft derzeit eigentlich problemlos. Die Grenzstaus von und nach Italien wurden für Lastwagen in den Griff bekommen. Während für die Einreise aus Italien für den privaten Verkehr grundsätzlich ein ärztliches Zeugnis erforderlich ist, kommt es bei den Lkw-Fahrern nur zu stichprobenartigen Kontrollen.“ Die Screens mittels Fiebermessgerät würden aber nicht lange dauern, so Ölhafen, und damit den Güterverkehr auch nicht sonderlich behindern.
Alexander Holzedl, Asfinag-Pressesprecher in Tirol stand für ein kurzes Update der Situation bereit. Entlang des Brennerkorridors gebe es eigentlich keine größeren Probleme des Straßengüterverkehrs zwischen Tirol und Italien. Die Ein- und Ausreise funktioniere mittlerweile gut. Wenn es zu Staubildungen kommt, dann betreffe das aktuell eher die Grenzen zu Deutschland. Spürbar ist eine deutliche Abnahme des Individualverkehrs im Tiroler Straßennetz.
Hier wird eine Reduktion zwischen 50 und 70 Prozent verzeichnet. Hingegen seien nach Angaben von Holzedl die Warenbewegungen auf der Straße um 20 Prozent zurückgegangen. Jedoch merken die Transportunternehmen die Abschottung zahlreicher Gebiete - und nun auch einiger Länder massiv. Es werden spürbar weniger Lastwägen aus den Fuhrparks gebraucht, da die Warenbewegungen stark zurückgegangen sind. Eine Ausnahme stellt sicherlich der Lebensmittelhandel dar, wo sich ein umgekehrtes Bild zeigt und mehr Kapazitäten benötigt werden.
Nicht alle Unternehmen liefern nach Italien
„Natürlich gibt es sowohl bei uns als auch in den Nachbarstaaten Unternehmen, die ihre Betriebe geschlossen haben und daher zugesagte Produktionen nicht ausliefern oder auf der anderen Seite bestellte Waren nicht annehmen“, weiß Ölhafen von der WKÖ Tirol. „Es gibt auch Unternehmen, die nicht mehr nach Italien liefern. Das mag fallweise sein, aber wie gesagt: die Versorgung der Bevölkerung und der Betriebe können wir derzeit sicherstellen.“
Der Druck steigt auch für den Holztransport. Ein Grund ist laut Gabriele Herzog, Geschäftsführerin von Austropapier, dass die Sägewerke stärker unter Druck geraten, weil deren Hauptexportmarkt Italien wegbricht. Das wirkt sich auch auf die Transporte aus. „Schon jetzt leiden die Lieferbeziehungen innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette Holz. Um nicht auch noch die Grundversorgung der Bevölkerung zu gefährden, muss der freie Güterverkehr innerhalb der EU unbedingt weiter gewährleistet werden“, richtet Herzog ihren Appell an die Politik.
Kundenkontakte werden vermieden
Bei der Post, die auch für die Zustellung von DHL-Paketen in Österreich zuständig ist, stellt man den Anstieg im Paketgeschäft fest. In der vergangenen Woche wurden in manche Gebiete zehn Prozent mehr Pakete geliefert. Das Logistiknetz ist nach Auskunft von Markus Leitgeb, Sprecher der Österreichischen Post, gut gerüstet für die aktuellen Anforderungen. Auch in die Tiroler Quarantänegebiete dürfe ungehindert geliefert werden.
Die Fahrer von Zustelldiensten sind derzeit besonders gefordert. Um eine Weiterverbreitung des Coronavirus zu verhindern, gelten spezielle Sicherheitsvorkehrungen. Diese beinhalten regelmäßige Desinfektion der Hände und Fahrzeuge, in erster Linie jedoch die Vermeidung von Sozialkontakten, wenn ein Paket beim Empfänger abgegeben wird. Dazu habe jede Firma ihr eigenes System, bisher erfolge diese Abwicklung relativ klaglos, betont Ölhafen.
Nach Möglichkeit ganz ohne Kundenkontakte sind jetzt auch die Zusteller der Post unterwegs. Paketsendungen werden nach mündlicher Information in Empfangsboxen oder Briefkästen gelegt oder vor der Eingangstür abgestellt. In Quarantänegebieten hätten die Mitarbeiter zudem einen anderen Dienstplan, sagt Post-Sprecher Markus Leitgeb, so könne der Kontakt zum Personal in den Zustellbasen unterbunden werden. Paketlieferanten tragen mitunter auch Schutzhandschuhe und Mundschutz.
Auch Vorarlberg ist zum Teil betroffen
Neben der Arlbergregion stehen in Vorarlberg auch Teile von Nenzing unter Quarantäne. die Auswirkungen der aktuellen Situation sind auch für das Logistikunternehmen Gebrüder Weiss aus Lauterach spürbar. Wegen der Kontakteinschränkungen ist es stationären Händlern momentan beinahe unmöglich, ihre Waren zu vertreiben, meldet das Unternehmen.
Große Probleme bereite die Ost-Route. Gerade bei Ungarn und der Slowakei kann es große Verzögerungen im Güterverkehr wegen Grenzschließungen und Reiseeinschränkungen kommen. Nun machte die Slowakei auch noch klar, dass Lastwägen nur Ziele in der Slowakei ansteuern, das Land aber nicht durchfahren dürfen. Als Ausnahmen werden auch Tiertransporte und Lieferungen von verderblichen Waren gesehen.
Rückläufiges Frachtaufkommen
Die zunehmenden Restriktionen in den einzelnen Ländern und Märkten führen zu einem rückläufigen Frachtaufkommen. Diverse Branchen setzen ihre Produktionen für Wochen aus und diese Volumina fehlen in den verschiedenen Transportsystemen.
Durch die Situation achte Gebrüder Weiss darauf, dass Volumina speziell auf langen Destinationen gebündelt werden. Der Abfahrtsplan muss laufend innerhalb des Transportnetzwerkes abgestimmt und angepasst.
Wichtig: Diese Schutzmaßnahmen gelten für Lkw-Fahrer (Stand: 30. März 2020)
Für Ladungen nach Italien ist sicherzustellen, dass die uns übergebenen Güter sofort an die Empfänger übergeben werden können. Ist die Übergabe der Ladungen nicht möglich, müssen unserer Fahrer Italien innerhalb von 72 Stunden verlassen und an den Auftraggeber kostenpflichtig retournieren.
Zur Dokumentation der Ablieferung sollte der Empfänger aufgefordert werden, nach erfolgter Zustellung sofort ein Mail zu versenden, indem er bestätigt, dass die Zustellung und Übernahme der Ware an ihn korrekt erfolgt ist. Zusätzlich ist es ratsam, dass das Fahrpersonal mittels Handy ein Foto der Zustellung anfertigt.
Muss im Zuge des Aufladens oder Abladens das Fahrzeug verlassen werden, ist vom Fahrpersonal eine kontaktlose Übergabe des Ladegutes vorzunehmen. Das Ladegut ist entweder vom Empfänger selbst direkt aus dem Fahrzeug zu entnehmen oder aber vom Fahrpersonal nach vorheriger Information des Empfängers ohne Kontakt mit anderen Personen im Zugangsbereich des Empfängers abzustellen. Vom Fahrpersonal ist dabei ein Sicherheitsabstand von zwei Metern zu anderen anwesenden Personen unbedingt einzuhalten.
Das Fahrpersonal darf das Kraftfahrzeug ausschließlich für unbedingt erforderliche Arbeiten und zur Befriedigung persönlicher Bedürfnisse, wie beispielsweise zum Aufsuchen einer Toilette, verlassen.
Beachten Sie, dass im Falle einer Kontrolle der Grund der Fahrt glaubhaft gemacht werden muss. Daher empfehlen wir, dass das Formular „Schlüsselarbeitskraft“ bei jeder Fahrt mitgeführt wird.