Coronavirus : Gesundheitsschutz stellt Transportbranche auf die Probe

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© Sergey Chayko - stock.adobe.com

Aktuell erleben wir fast so etwas wie eine Rückkehr ins Biedermeier, zum Glück aber nur fast. Einerseits tritt die Gesellschaft einen unfreiwilligen Rückzug in die eigenen vier Wände an, andererseits sind wir durch technische Mittel heute in der Lage, unsere Arbeit von zu Hause zu erledigen und uns der Welt vergleichsweise offen mitzuteilen. Die Option sich daheim vor dem Coronavirus zu schützen steht aber nicht jeder Branche beziehungsweise jedem Unternehmensbereich zur Verfügung.

Zusätzliche Lkw-Fahrspuren an den Grenzen gefordert

Personen in Sozial- und Gesundheitsberufen genauso wie Einsatzkräfte, Notdienste und zahlreiche Handwerker sind in diesen Tagen weiterhin im Außendienst gefordert. Auch im Güterbeförderungsgewerbe geht es heiß her, denn auf diesem Bereich lastet die Bürde, die Grundversorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Dazu fährt so mancher Lkw-Fahrer Überstunden ein.

Wenn der Deutsche Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV) schreibt: „Die Helden der Logistikbranche sitzen in den Import- und Exportabteilungen, der Disposition, in den Umschlagsanlagen, in den Lägern, in den Lkw-Fahrerkabinen im Fernverkehr, in der Regionalversorgung und den Kurierfahrzeugen der Paketzustellung“, trifft der Verband die Situation folgerichtig auf den Punkt.

Während im Inlandsverkehr - bis auf ein paar Ausnahmen - trotz Corona-Krise grundsätzlich alles beim Alten bleibt, werden grenzüberschreitende Fahrten zur Geduldsprobe für Lkw-Fahrer und deren Auftraggeber. Es muss nicht nur mit den langwierigen Grenzkontrollen umgegangen werden, sondern jetzt sogar mit Grenzsperren.

Kilometerlange Staus mit enormen Wartezeiten sind die Folge. Beispiele hierfür sind Polen, Slowakei, Serbien oder Ungarn, die sich gegen den Coronavirus komplett abschotten wollen, damit aber auch den Verkehr zum Erliegen bringen. Seit Mitternacht führt Österreich wegen des Coronavirus auch an der Grenze zu Deutschland Grenzkontrollen - samt Gesundheits-Checks - durch.

Interessenvertretungen fordern nun eine Sicherstellungen, dass Fahrer mittels entsprechender Heimfahr- und Rückkehrregelungen ihren Beruf uneingeschränkt ausüben können. Ist dem nicht so, fürchtet der österreichische Zentralverband Spedition & Logistik einen Fahrermangel, da zahlreiche Fahrer - vorrangig aus Osteuropa - nicht mehr so einfach zu ihren Arbeitsplätzen reisen können wie bisher.

Eine komplett neuartige Situation

WKÖ-Bundesspartenobmann der Verkehrswirtschaft, Alexander Klacska, weiß um die prekäre Situation: „Die Transportunternehmen und deren Mitarbeiter sind aktuell extrem gefordert.“ Der Schutz der eigenen Gesundheit und die Sicherstellung der Versorgungssicherheit stehen sich fast wie zwei bleierne Gegensätze gegenüber: „Auf der einen Seite die massiven Eingriffe in das persönliche Leben und auf der anderen Seite die Verantwortung und das Bewusstsein ein wesentlicher Bestandteil der Aufrechterhaltung der Versorgung Österreichs zu sein“, betont der Bundesspartenobmann.

Günther Reder, Fachverbandsobmann des Güterbeförderungsgewerbes in der Wirtschaftskammer, sieht die Situation zweckoptimistisch: „Es ist richtig, dass das derzeitige wirtschaftliche Umfeld in Sachen Quarantänegebiete, Grenzsperrungen und -staus viele Probleme in den täglichen Abläufen verursacht. „Dennoch stellt sich die Lage in den verschiedenen Transportsegmenten, wie zum Beispiel inländischen Versorgungsverkehr, unterschiedlich dar“, merkt Reder an. Er fordert weitere Fahrspuren für Lkw an den Grenzen.

„Mit dem Coronavirus wurde erstmals ein globales Lieferkettenrisiko „erzeugt“, betont der Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik in Österreich (BMÖ). Die Bedrohungen sind ganz klar schwerwiegender als bei früheren Störungen, denn die Zahnräder wollen nicht mehr wie gewohnt ineinandergreifen.

Im Gegensatz zu früher da gewesenen Störungen, die lediglich von kurzer Dauer waren, beeinträchtigt Covid-19 das gesellschaftliche Leben massiv. Zudem ist die Abhängigkeit vom chinesischen Markt inzwischen signifikant gewachsen - und die Auswirkungen auf die globalen Logistikketten entsprechend groß.

Lkw-Fahrer müssen geschützt werden

Italien gilt als eines der am stärksten betroffenen Länder der Corona-Pandemie weltweit, mit hohen Todeszahlen. Grenzkontrollen waren rasch die Antwort angrenzender Staaten, um die Übertragung einzudämmen. Tatsächlich gestaltet sich auch der Warenverkehr mit Italien aktuell schwierig.

„Das größte Problem ist, dass wir gesicherte Plätze in Italien brauchen wo unsere Lenker sicher ihre Pause verbringen können, saubere Sanitäreinrichtungen vorfinden und vor allem mit Respekt behandelt werden“, betont Klacska. „Gerade in der Übergabe der Ware gilt besondere Sorgfalt und die Vermeidung von direktem Kontakt mit anderen Menschen." Dabei sei die Fahrerkabine an sich genauso sicher wie die eigenen vier Wände - solange nichts eingeschleppt wird.

Auch Günther Reder spricht sich dafür aus, dass Belieferungen in Risikogebiete mit den bestmöglichen Schutzmaßnahmen für die Fahrer uneingeschränkt möglich bleiben. Reder richtet seinen Appell an Auftraggeber und Empfänger sowie an Autobahn- und Raststätten-Betreiber. Sie sollen den Lkw-Fahrern entsprechende Sanitär- und Hygiene-Einrichtungen zur Verfügung stellen, die diese auch nutzen dürfen.

Ein Beispiel für ein international tätiges Logistikunternehmen, dass sich selbst höhere Hygienemaßnahmen im Zuge der Corona-Krise verpasst hat, ist Dachser. „Angesichts der Corona-Pandemie liegt unser Fokus aktuell darauf, den logistischen Netzwerkbetrieb sicher zu stellen. Dazu gehört es in erster Linie, das Eindringen und die Verbreitung des neuartigen Coronavirus an den Standorten zu verhindern“, betont Andreas Froschmayer, Leiter der Unternehmensentwicklung bei Dachser.

Im Zuge dessen wurden die Maßnahmen auf Basis der bestehen Hygienevorschriften in den unterschiedlichen Unternehmensbereichen ausgebaut. Zudem wurden Vorkehrungen beziehungsweise Verhaltensrichtlinien in puncto Stellvertretungen, Geschäftsreisen, Krankheitsfall oder Urlaubsrückkehr aus Corona-Krisenregionen getroffen, erklärt das Unternehmen.

Den „Blick in die Glaskugel" will derzeit niemand wagen. Die sich schnell verändernde Lage macht es nicht einfach, Prognosen zu erstellen. WKÖ-Bundesspartenobmann Klacska rät dringend davon ab, überhastet zu reagieren. Vielmehr sollten die Entwicklungen genau beobachtet werden. Gegebenenfalls sollten die Services der Wirtschaftskammer in Anspruch genommen werden beziehungsweise die Maßnahmenpakete der Bundesregierung.