Globale Lieferkette : Coronavirus: Aus unberechenbaren Situationen lernen

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© shintartanya - stock.adobe.com

Um Panikmache geht es nicht mehr, vielmehr um Prävention oder Schadensbegrenzung. Das Coronavirus (Covid-19) hat bereits zahlreiche Gebiete der Welt erreicht und breitet sich weiter aus, wie die Medien unablässig berichten. Infiziert hat das Virus aber auch die globalen Lieferketten der Transportlogistik.

Neben den italienischen Transporteuren, die durch den Ausbrauch bereits Umsatzrückgänge und weniger Transporte hinnehmen müssen, sorgt die Situation auch auf dem österreichischen Transportsektor für Kopfzerbrechen. Das Problem ist aber vor allem die Unberechenbarkeit der Situation.

Dass sich die Lage für die Transportwirtschaft nicht rasch entspannen wird, darauf deutet eine aktuelle Aussendung des Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik in Österreich (BMÖ) hin. "Covid-19 stellt die Belastbarkeit eines tief vernetzten globalen Systems von Lieferketten auf eine harte Probe. Mit dem Coronavirus wurde erstmals ein globales Lieferkettenrisiko 'erzeugt'. Die Bedrohungen sind schwerwiegender als bei früheren Störungen", heißt es vom BMÖ.

Logistik muss sich auf Effekte einstellen

Experten rechnen generell mit einer Verknappung der Lieferketten, Zeitverzögerungen und Gewinneinbrüchen. Im schlimmsten Fall ist mit vorübergehenden Standortschließungen zu rechnen. Derartige Effekte in China, Europa und den USA lassen sich nicht mehr leugnen. Die Frage ist nur, wie jetzt am besten gegengesteuert werden kann.

Zunächst wird der Negativtrend bei den Häfen zu spüren sein, die in den kommenden Wochen mit einem Mangel an Seecontainern für den Umschlag rechnen. Der Hamburger Hafen gibt sich noch gelassen und kann aktuell noch keine großen Auswirkungen auf die einkommenden und auskommenden Volumina verzeichnen. Häfen wie der Hamburger Hafen könnten nach eigenen Angaben temporär die Situation abfangen. Im Notfall können als Überbrückung Container aus dem arabischen Raum und den USA bezogen werden.

Das noch keine großen Auswirkungen zu verzeichnen sind, ist aber auch dem Umstand geschuldet, dass Containerschiffe aus China rund sechs Wochen auf See sind, bevor sie in den Hafen einlaufen. Alexander Till vom Hafen Hamburg Marketing rechnet damit, dass erste Auswirkungen mit Mitte März zu erwarten sind. Till rechnet zudem mit einem Rückgang der Asienimporte nach Europa von rund 50 Prozent. Nach und nach wäre das auch in Österreich zu spüren, befürchten Vertreter der heimischen Transportwirtschaft.

Immerhin ist der Hamburger Hafen seit über 30 Jahren im containerisierten Verkehr der bedeutendste Hafen für die österreichische Industrie. Mit einer Menge von 312.000 Standard-Containern zählt Hamburg zu den führenden Umschlagsplätzen für die österreichische Wirtschaft. Im Vorjahr konnten neue Rekordzahlen verzeichnet werden. Die Gesamtmenge an Gütern, die in Hamburg als Importe oder Exporte mit Österreich umgeschlagen wurden, stieg im Jahr 2019 auf 4,1 Millionen Tonnen an und erreichte ein Plus von 40 Prozent. Grund dafür ist die teilweise Umstellung der Rohstoffimporte der Voestalpine vom Hafen Rotterdam nach Hamburg.

Angst vor regionalen Engpässen

Unsere Unternehmer sind nicht entspannt“, sagte Alexander Klacska, Obmann der Transporteure in der WKÖ gegenüber der APA. Er verweist auf den „Baltic Dry Index". Dieser bildet die Preise auf den 25 meistbefahrenen Schifffahrtsrouten der Welt ab. "In den letzten Wochen ist der Index deutlich gefallen und hat in den letzten Tagen seinen niedrigsten Stand seit vier Jahren erreicht", rechnet Klacska vor.

Angedacht werde, drei Containerdepots in Österreich zu schaffen, worin Leercontainer gebunkert werden sollen, damit - wenn das Geschäft wieder anläuft - verschifft werden kann. "Durch diese Vorgangsweise entstehen natürlich Mehrkosten durch die Lagerung, aber auch ein exorbitanter Mehraufwand", so Klacska.

Auch Bus- und Taxibranche betroffen

Fehlende Kapazitäten belasten auch die Luftfracht, hier machen sich die zahlreich gestrichenen Destinationen bemerkbar. Die größten Sorgen bereite derzeit der Tourismus. Durch die Zurückhaltung bei Reisen sowie die zahlreichen gestrichenen Messen und Kongresse seien die Bus- und Taxiunternehmen schwer getroffen.

Wobei die Busbetreiber fürchten, dass geschlossene Schulen ihre Situation noch verschärfen könnten, so der Spartenobmann der Wirtschaftskammer. Dazu komme noch die schwierige Lage in Italien, das im Frühjahr ein beliebtes Ausflugsziel der Österreicher ist.

Italiens Frächter gegen Fahrverbote

Angesichts der schweren Umsatzrückgänge, die Italiens Transportbranche wegen der Coronavirus-Epidemie erleidet, fordern die italienischen Frächter die sofortige Aussetzung der Tiroler Fahrverbote. "Die Coronavirus-Krise belastet einen Sektor, der bereits schwere Behinderungen wegen der Tiroler Fahrverbote erleidet", hieß es in einer Presseaussendung des Frächterverbandes Conftrasporto.

Besonders betroffen seien Unternehmen in den norditalienischen Regionen Lombardei und Venetien, in denen die Epidemie-Herde lokalisiert wurden. Gefährdet seien Hunderte Jobs, warnte der Verband. "Die Aussetzung der Tiroler Fahrverbote ist dringend notwendig, um den freien Warenumlauf in der EU zu garantieren.

Zugleich warnte Ugge vor einer "Coronavirus-Psychose" in ganz Europa. "Das Virus erschreckt ausländische Lkw-Fahrer", sie wollten nicht nach Italien fahren - aus Angst vor der Epidemie und aus Sorge, unter Quarantäne gestellt zu werden.

Aus Situation für Künftiges lernen

Doch die unberechenbare Situation hat auch ihre guten Seiten: Es kann aus ihr gelernt werden - und zwar für künftige Ereignisse. So ist es wichtig, dass nicht nur Notfall-Optionen bereitstehen, falls die gewohnte Lieferkette nicht greift, sondern auch die Partner in solchen Fällen über eine entsprechend schnelle Reaktion verfügen und sich auf die Situation gut einstellen. Wenn dem nicht so ist, dann ist jetzt wohl die beste Zeit, über einen Wechsel nachzudenken.

„Man muss sich auf seine Partner verlassen können. Über die gesamte Lieferkette ist das Vertrauensverhältnis hinweg sehr wichtig“, sagte Günter Gruber, Operations Director bei Semperit Technische Produkte, bei einer Info-Veranstaltung zum Thema Coronavirus in der Fachhochschule des bfi Wien Anfang März.

Zudem ist jetzt die Zeit gekommen, die Lieferkette nachhaltiger und widerstandsfähiger als bisher zu gestalten. Über komplexe globale Lieferketten sollte ebenfalls nachgedacht werden und ob es nicht besser wäre, diese anders zu gestalten und sich wieder mehr auf den Standort Europa zu konzentrieren. Ihr Versagen wird durch das pandemische Virus soeben aufgezeigt.

Zusehends betroffen wird auch der Hinterlandverkehr sein: Züge setzen aus und Lkws werden vorübergehend abgemeldet. Doch Zwangsurlaub oder schlimmstenfalls Kündigungen müssen gar nicht sein. Stattdessen könnten Lkw-Fahrer in Schulungen - etwa zu den Themen Fahrsicherheit oder Ladungssicherung - geschickt werden. „Das Wissen über Lieferketten ist in zahlreichen Unternehmen nicht mehr ausreichend vorhanden. Jetzt ist eine gute Zeit, um darüber nachzudenken“, betont Alexander Till vom Hafen Hamburg Marketing.

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