Klima : Richtige Strategie für grüne Klima-Kehrtwende gesucht
„Die Kernkompetenz der Logistikbranche ist, Abläufe so zu gestalten, dass Waren so effizient wie möglich transportiert werden können. Dieses Wissen können und wollen wir auch nützen, um die Umwelteffekte des Straßenverkehrs zu minimieren“, sagte Alexander Friesz, Präsident des Zentralverbandes Spedition & Logistik (ZV) in einer Online-Konferenz zum Thema Klima-Kehrtwende im Güterverkehr.
Der Straßengüterverkehr dürfe in der Diskussion rund um eine weitere Ökologisierung des Transportwesens nicht vernachlässigt werden, so die Forderung der Transportbranche. Österreichs Straßen werden mit einem erwarteten Plus von 49 % mehr Transportvolumen bis 2040 für weitere Jahrzehnte mehr beförderte Waren tragen als Schiene, Binnenschifffahrt und Flugverkehr, schlussfolgert WU-Logistik-Professor Sebastian Kummer und sein Team in einer aktuellen Studie im Auftrag des Zentralverbandes Spedition & Logistik.
„49 % mehr Güterverkehr im Jahr 2040 bedeuten jährlich 20 Millionen Tonnen mehr CO2-Emissionen“, betont der Studienautor. „Laut EU-Klimazielen müssten die Emissionen im Güterverkehr 2050 aber bei null liegen, in Österreich sogar schon im Jahr 2040. Hier besteht akuter Handlungsbedarf.“
Umweltverträglicher Straßengüterverkehr
Will man das EU-Ziel Klimaneutralität 2050 erreichen, muss der Straßengüterverkehr moderner und effizienter werden. Im Auftrag des ZV wurde daher errechnet, mit welchen Maßnahmen bis wann ein Null-Emissions-Ziel erreicht werden könnte. Für die Studienautoren ist klar: Mit den kumulierten Einsparungspotenzialen von Batterieelektrik (-34 %), LNG (-17 %), Wasserstoff (-9 %), Ladekapazitätssteigerungen (-4 %), angepassten Fahrverboten (-3 %) sowie Leichtbau und Aerodynamik würde der Zielwert bis 2030 noch deutlich verfehlt. Das Null-Emissions-Ziel 2050 der EU könnte hingegen vor allem durch einen Anstieg der Effekte von Wasserstoff und Batterieelektrik sowie einen Mix an schon heute verfügbaren Technologien erreichbar sein.
Fahrerlaubnis von Lang-Lkw gefordert
Laut ZV-Präsident Friesz müssten zur Erreichung der Klimaziele auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen auf einen CO2-neutralen Straßengütertransport ausgerichtet werden. Das gehe von der Mautbefreiung klimafreundlicher Fahrzeuge über steuerliche Anreize und Förderungen bis hin zur Anpassung von Fahrverboten. In technischen Belangen betreffe es die Erhöhung der Fahrzeugkapazität durch Zulassung längerer Fahrzeuge und zusätzliche Fahrzeugeinheiten.
So könnten Autotransporter mit der gleichen Zugmaschine mehr Autos transportieren, aerodynamische Aufbauten den Energieverbrauch stark verringern oder auch Lang-Lkw aus drei Lastwagen zwei machen und so ebenfalls viel Energie und damit Emissionen einsparen. In Summe seien allein damit Emissionsverringerungen im zweistelligen Prozentbereich möglich. Für CO2-reduzierende Effekte bis 2030/2040 müssten zudem vorhandene Technologien wie LNG, bessere Aerodynamik, Leichtbau, flexiblere Längenmaße und Gewichte, als auch andere Übergangstechnologien wie synthetische Kraftstoffe zugelassen und aktiv gefördert werden.
Verkehrsministerium soll Antriebsmix berücksichtigen
Bis 2050 könnte Wasserstoff zum wichtigsten Energieträger auf der Langstrecke werden. Bei großflächiger Förderung der Forschung in den Bereichen Wasserstofferzeugung, Brennstoffzellen und Fahrzeuge wäre 2050 ein Einsparungspotenzial von 3,3 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent möglich. Zur Erreichung dieses Ziels sollten Pilotprojekte für den Schwerverkehr gestartet und ein Strategieplan für die Bereitstellung von Tankstellen-Infrastruktur sowie die Distribution und Erzeugung von "grünem" Wasserstoff entwickelt werden. Auch die Förderung der Anschaffung und des Betriebs wasserstoffbetriebener Fahrzeuge, eine völlige Mautbefreiung und die Befreiung von Fahrverboten wären wichtige Bestandteile einer solchen Strategie. Um die CO2 Emissionen auf null zu reduzieren, wird es aber auch bis 2050 einen Mix aus den bereits genannten Technologien und Maßnahmen benötigen.
Zentralverband-Vizepräsident Wolfram Senger-Weiss fordert einen nationalen Umsetzungsplan. „Wir dürfen uns nicht zurücklehnen und warten, bis ausschließlich sauberer, grüner Wasserstoff vorhanden ist. Es gilt jetzt zu handeln und in den kommenden Jahren den Boden für diese Technologien aufzubereiten.“ Die jährlichen Einsparungen durch LNG werden sowohl für 2030 als auch 2050 mit 750.000 Tonnen CO2-Äquivalent beziffert, bei verstärktem Einsatz von Biogas oder synthetischem Gas wäre sogar noch mehr möglich.
Laut Friesz müsse die Regierung, speziell die dafür verantwortliche Verkehrsministerin Leonore Gewessler, die reale Bedeutung des Güterverkehrsträgers Straße für eine ökologische Zukunft erkennen: „Die Zahlen beweisen, dass die Straße schlicht und einfach den stärksten Klimaschutz-Hebel im Güterverkehr bietet. Mit einem Mix unterschiedlicher Antriebsformen, besserer Aerodynamik, dem Ausbau der Intermodalität und der Reduktion von Umwegverkehren könnten wir ab sofort sehr viel erreichen. Die Logistikwirtschaft kann hier enorm viel bewirken, benötigt für die Einführung neuer Technologien aber Investitionssicherheit und nachhaltige Rahmenbedingungen.“