Transport : Better exit the Brexit: Warum auf den Transportsektor harte Zeiten zukommen

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Die Briten erleben nach Bekanntgabe des Brexit-Vorhabens keinen Höhenflug, wie sie es gerne gehabt hätten. So sind die Ausfuhren aus dem Vereinigten Königreich zum Beispiel Richtung Deutschland von 1,65 Millionen Tonnen im Juni 2016 auf 1,48 Millionen im Juni 2017 gefallen. Und das, obwohl das britische Pfund deutlich an Wert verloren hat, was im Normalfall für den Export förderlich ist. Die Angst ist groß, dass keine Einigung mit der EU die Inflation im eigenen Land in die Höhe schnellen lassen wird, denn Zölle und Auflagen auf Exportgüter und Dienstleistungen wird den britischen Unternehmen Profit kosten.

Just-In-Time-Produktion steht auf der Kippe

Die Automobilbranche samt ihren Zulieferern ist wohl ein perfektes Beispiel für eine Industriesparte, die durch einen harten Brexit, also das Ausbleiben von entsprechenden Regelungen, besonders stark betroffen wäre. Ihre Art der Produktion macht sie verletzlich. Sogenannte Just-In-Time-Produktion, engmaschige Lieferketten und strikte Zeitvorgaben benötigen hohe Flexibilität, um den Warenfluss in Gang zu halten, die Kosten nicht unnötig in die Höhe zu treiben. Ein Beispiel: Das BMW-Werk in Oxford baut rund 1.000 Minis pro Tag, wobei jedes dieser Fahrzeuge aus 4.000 bis 5.000 Teilen besteht.

„Vier Millionen Komponenten auf 200 Lkws zum Werk zu befördern ist eine anspruchsvolle logistische Herausforderung“, erklärt der britische BMW-Unternehmenssprecher Graham Briggs. Durch den Brexit werden sich die Dinge an den Grenzen spürbar ändern. Zölle, Handelsbeschränkungen und jede Menge Bürokratie werden dann den Takt der Materialbeschaffung vorgeben. Um dem weitgehend zu entgehen, müssten zunächst Logistikzentren und Warenlager auf der britischen Insel errichtet und massiv ausgebaut werden, in denen die benötigten Autoteile auf Vorrat gelagert werden könnten – und das ist teuer.

Im letzten Jahr kamen 75 Prozent der Fahrzeugkomponenten im Hafen von Dover (Südengland) an oder wurden durch den Eurotunnel auf die Insel transportiert. Die Lieferkette neu auszurichten, um Hürden und Zölle zu umgehen, würde Jahre in Anspruch nehmen - wenn überhaupt. Manche Automobilhersteller gehen auf Nummer sicher: So lässt der Autokonzern Jaguar Land Rover den vollelektrischen SUV I-Pace lieber bei Magna in Graz bauen. Erst kürzlich wurde ein Werk in der Slowakei errichtet. Dass es sich dabei um das erste Jaguar-Werk auf europäischem Festland handelt, lässt bestimmte Intentionen vermuten. Der Brexit stößt im Automobilbereich auf nicht viel Gegenliebe.

Lkw-Führerscheine verlieren ihre Gültigkeit

Es ist aber nicht nur die Automobilbranche, die durch einen „No-Deal“ zwischen Großbritannien und der EU durch die Finger schauen wird. Spürbar wird die Veränderung auch für tausende Lkw-Fahrer, die sich täglich auf den Weg nach Calais machen, um anschließend auf die britische Insel zu übersetzen. Allein 1.100 Lkws pro Tag befördern Fahrzeugkomponenten in das Vereinigte Königreich, 79 Prozent davon kommen aus der EU, wie Daten aus dem Vorjahr verraten. Der Rückstau unzähliger Lkws wird sich nach dem Brexit stärker bemerkbar machen - sie "stranden" regelrecht. Eine Studie des Imperial College of London geht davon aus, dass eine Steigerung der Abfertigungszeit um lediglich zwei Minuten auf beiden Seiten des Kanals 17 Kilometer lange Staus verursacht. Ein schwer aufzulösender Verkehrskollaps wird aber nicht die einzige Hürde bleiben.

Aktuell können britische Lkws Güter zwischen jedem Punkt der EU transportieren. Ohne einem entsprechenden Deal zwischen der EU und Großbritannien würde das Übereinkommen über den Straßenverkehr von 1968 greifen. Dieses müsste das Vereinigte Königreich dann zum nationalen Gesetz werden lassen. Das Problem: Die bisherige gegenseitige Anerkennung von Führerscheinen und anderen Nachweisen durch die Mitgliedsstaaten der EU erlischt. Die meisten britischen Lkw-Fahrer würden keinen internationalen Führerschein besitzen und pro Jahr könnten in Großbritannien zurzeit nur 1224 solcher Führerscheine ausgestellt werden, kritisiert der britische Transportverband Freight Transport Association (FTA). Die Briten müssten überdies Lizenzen zur Durchführung von Schwertransporten in der EU beantragen. 38.000 britische Lkw-Fahrer wären nach Angaben des britischen Industrieverbandes betroffen, die dann nicht mehr von Calais in Frankreich durch Deutschland und weiter nach Österreich fahren dürften.

Die Suche nach geeigneten Alternativen

Lösungen sollen im Falle eine „harten Brexit“ kommen, nur welche greifen dann auch tatsächlich? Die Briten legten schon die Idee eines digitalen Zollsystems auf den Tisch. Die Speditionsunternehmen können aber nicht warten. Sie arbeiten wiederum an Plänen, den Transport von Irland nicht mehr über Großbritannien, sondern per Fähre direkt nach Kontinentaleuropa umzuleiten. Die britische Autobahnbehörde hat wiederum vor, einen 16 Kilometer langen Autobahnabschnitt im Süden Englands zur Pufferzone umbauen, damit die Strecke notfalls als Parkplatz für Tausende Lkw dienen kann, die Großbritannien nicht direkt Richtung EU verlassen können. Schlussendlich wird es darauf hinauslaufen, dass Exporteure wie Importeure umfangreiche Formalitäten erledigen müssen, um die Waren von A nach B befördern zu können. Ein großer Aufwand, für ein Land, das mit dem Zug in gerade einmal eineinhalb Stunden zu erreichen ist.

https://youtu.be/ucJ6RPez06s

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