Slot-System : Brenner-Transit: Länder einig, Staaten schweigen
Tirols Landeshauptman Anton Mattle, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und Südtirols Landeshauptman Arno Kompatscher demonstrierten am Mittwoch seltene Einigkeit in der Tiroler Transit Dauercausa. Sie unterzeichneten in Kufstein eine politische "Absichtserklärung" für ein gemeinsames Verkehrsmanagementsystem am Brennerkorridor. Deutschland reagierte reserviert, Italien schweigt vorerst.
Mit dem digitalen Verkehrsmanagementsystem soll das sogenannte Lkw-"Slot-System" implementiert werden, wobei Termine für die Durchfahrt gebucht werden. Freilich können die drei Länder ein solches Verkehrsmanagementsystem nicht im "Alleingang" beschließen und umsetzen, dies fällt in die hoheitliche Zuständigkeit der Nationalstaaten, in diesem Fall Österreich, Deutschland und Italien. Österreich signalisierte Zustimmung, aber ob Deutschland und Italien dem zustimmen, ist ungewiss.
Mattle meinte, dass es sich um eine Erklärung handle, die "wegweisend" für die Zukunft sei. Es gehe jetzt darum, "gestaltend und steuernd" einzugreifen und zu erreichen, dass es auf keiner Seite mehr zu einem großen Stau komme. "Wir brauchen die Staaten. Wir können das nicht alleine stemmen. Das ist ein erster, massiver Anstoß", appellierte Mattle an die Nationalstaaten und sprach von einer "Entzerrung" durch das neue System. Einen Zeitplan wollten die Verantwortlichen indes nicht nennen - diesbezüglich und auch zur genauen Ausgestaltung wurde auf die Arbeitsgruppen verwiesen, die kommende Woche erneut tagen sollen.
Dass das "Slot-System" noch nicht umgesetzt ist, führte Söder auf diplomatische Spannungen zwischen Bayern und Tirol zurück. Man könne zwar in eine Richtung "funken, aber wenn der Apparat ausgeschaltet ist, bringt das nichts", meinte er. Sollten die Nationalstaaten dies nicht umsetzen wollen, dann würden diese die Verantwortung dafür tragen. Man werde jedenfalls für das "Slot-System" werben, es handle sich um eine "faire, gute Lösung." Mit der Erklärung in Kufstein gebe man den "Startschuss für die Weiterentwicklung des Systems", so Söder. Dennoch betonte er, dass der Freistaat bei seiner Position bleibe, dass die Lkw-Blockabfertigungen Tirols EU-rechtswidrig seien. Der Ministerpräsident war nach wie vor unzufrieden damit, dass Bayern selbst keine EU-Klage einbringen könne und es in der Bundesregierung keine Mehrheit dafür gebe.
Südtirols Landeshauptmann Kompatscher sagte, dass es einerseits die Position Italiens gebe, die sich mit den Blockabfertigungen nicht einverstanden zeigt. Andererseits herrsche aber bei der "transitgeplagten" Südtiroler Bevölkerung und auch auf politischer Ebene in der autonomen Provinz "durchaus Sympathie für die Tiroler Maßnahmen", da sie ein Signal dafür seien, dass es so nicht weitergehen könne. Allerdings gebe es in der Südtiroler Landesregierung das Bewusstsein, dass man mit "lokal beschränkten Maßnahmen nicht weiterkommt", vielmehr brauche es eine "Korridorlösung".
Italiens Verkehrsminister Matteo Salvini habe stets seine Gesprächsbereitschaft gezeigt. Italien sei aber besorgt, vom Brennerkorridor "abgeschnitten" zu werden, dieser sei schließlich von "zentraler Bedeutung für das Land". Kompatscher nahm auch die EU-Kommission in die Pflicht, diese solle durchaus eine "aktive Vermittlerrolle" einnehmen.
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Die Reaktionen von Italien, Österreich und Deutschland auf die "Kufsteiner Erklärung" fielen unterschiedlich aus. Vonseiten der italienischen Regierung gab es vorerst keine Reaktion. Von Verkehrsministerin Leonore Gewessler kam Unterstützung für ein Lkw-Slot-System am Brenner, um den Transit durch Tirol zu reduzieren. "Viele Jahre war die Diskussion, wir brauchen einen Vorschlag aus der Region", nun liege dieser vor, sagte sie vor dem Ministerrat. Weil es dafür aber auch die Zustimmung Italiens brauche, werde sie dies in Gesprächen mit den Nachbarländern weiter vorantreiben.
Sehr reserviert hingegen die Reaktion aus dem deutschen Verkehrsministerium von Minister Volker Wissing. Man begrüße zwar jede Vereinbarung, die eine Verbesserung der Verkehrssituation am Brenner bringe. Dies sei sowohl im Interesse der Verbraucher als auch der deutschen Transportbranche, die durch regelmäßige Megastaus stark beeinträchtigt werde, teilte das Ministerium mit, aber in Anspielung auf das Slot-System verlautete es auch: "Eine echte Verbesserung setzt jedoch voraus, dass die Warenverkehrsfreiheit tatsächlich und nachhaltig verbessert wird. Systeme, die die Blockabfertigung mittels Digitalisierung fortsetzen, ändern am Grundsatz einer Kontingentierung nichts."
(APA/red.)