Analyse : Was die hohen Dieselkosten für die Transportwirtschaft bedeuten

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Kraftstoff ist inzwischen für rund 30 Prozent der gesamten Transportkosten verantwortlich, die massiven Preissteigerungen sind für die Branche existenzbedrohlich

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Der massive Anstieg der Spritpreise in den letzten Wochen ist natürlich auch für die privaten Haushalte eine große Belastung. Für die Unternehmen im Straßentransport er schlicht existenzbedrohend. Warum? Die Treibstoffkosten machen einen signifikanten Teil der Transportkosten aus. Jetzt haben wir von Jahresbeginn bis Mitte März in Österreich einen Preisanstieg von 45 Prozent an der Zapfsäule gesehen. Noch ärger hat es sich allerdings im tagesaktuellen Großhandel abgespielt, dem sogenannten Spotmarkt, wo viele Transporteure ihren Kraftstoff beziehen. Da gab es zum Teil Preissteigerungen von bis zu 90 Prozent und das auch noch sprunghaft. Hinzu kam, dass der Diesel oft schlicht nicht verfügbar war. Wenn man zum Beispiel ein Unternehmen wie etwa die Kühl- und Frischwarenspedition "Müller Transporte" aus Wiener Neudorf betrachtet, die mit etwa 380 Fahrzeugen einen Bedarf von rund 500.000 Litern Diesel pro Woche hat, dann kann man sich ausrechnen, welche enormen Mehrkosten hier binnen kürzester Zeit entstehen
Durch diese regelrechte Dieselpreisexplosion machen die Treibstoffkosten inzwischen satte 30 Prozent der gesamten Transportkosten aus. Gleichzeitig sind die Margen im Transportgewerbe üblicherweise im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Das geht sich schlicht und einfach nicht mehr aus. Die Unternehmen müssen also Wege finden, um diese Kosten irgendwie an ihre Kunden weiterzugeben. Was natürlich schwierig ist, weil selbst bei flexiblen Verträgen mit variablem Kraftstoffkostenanteil, sogenannte „Diesel-Floater“, lassen sich derartige Preissprünge nicht so einfach weiterverrechnen. Es gibt daher Befürchtungen, dass einig Betriebe des Straßengütertransports diese Situation womöglich nicht überleben werden.

Die Kraftstoffpreise tragen zur ohnehin schon gefährlich hohen Inflation auch in allen anderen Wirtschaftsbereichen bei.

Massiver und teils sprunghafter Anstieg des Dieselpreises seit Dezember

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Was kann man gegen die hohen Spritpreise tun?

Einerseits müssen die Betriebe natürlich Wege suchen, um die massiv gestiegenen Kosten irgendwie an ihre Kunden weiter zu geben. Damit tragen die Kraftstoffpreise natürlich letzten Endes auch zur ohnehin schon gefährlich hohen Inflation in allen anderen Bereichen bei. Andererseits gibt es Forderungen seitens der Wirtschaftskammer, die durch die Teuerung stark angestiegenen Einnahmen aus der Mehrwertsteuer der Transportwirtschaft zugute kommen zu lassen. Konkret liegt eine Forderung der Transporteure an die Bundesregierung nach einer Reduktion der Mineralölsteuer und die Verschiebung der CO2-Steuer im Sommer auf dem Tisch. Bislang hat man sich allerdings seitens der Regierung in beiden Punkten eher abwartend gezeigt. Eine Anhebung der Pendlerpauschale, wie unlängst angekündigt, hilft der Transportwirtschaft jedenfalls nicht.

Unlängst hat die EU-Kommission Atomkraft zur nachhaltigen Energiequelle erklärt. Ist das wirklich der richtige Weg?

Welche Auswirkungen hat die aktuelle Entwicklung auf die Elektromobilität?

Die Abhängigkeit von fossilen Kraftstoffen bekommt mit der aktuellen Situation und der Diskussion rund um ein mögliches Öl-Embargo gegen Russland eine neue Dimension. Einige sehen sich nun darin bestärkt, dass man den Ausstieg aus dem Öl beschleunigen müsse. Im österreichischen Mobilitätsmasterplan ist aber ohnehin das Aus für den Verbrennungsmotor in allen Neufahrzeugen ab 2035 beschlossen. Das beinhaltet auch schwere Lkw. Das ist überaus ambitioniert.

Im Moment gibt es noch nicht die nötigen Fahrzeuge dafür am Markt. Noch bedeutender ist allerdings, dass auch die Infrastruktur noch nicht einmal ansatzweise bereit ist für einen flächendeckenden Ausbau der E-Mobilität im Güterverkehr. Wir sprechen hier immerhin von Ladeleistungen von etwa 500 kW, die benötigt werden, um einen schweren Sattelzug etwa in der Mittagspause zwischenzuladen. Wenn man jetzt an einen großen Lkw-Rastplatz denkt, dann summiert sich das schnell auf eine Gesamtleistung von 50 bis 100 Megawatt, die dort gleichzeitig zur Verfügung stehen müsste.

Außerdem bleibt die Frage – woher soll die elektrische Energie kommen. Windräder allein werden nicht ausreichen. Unlängst hat die EU-Kommission Atomkraft zur nachhaltigen Energiequelle erklärt. Ist das wirklich der richtige Weg? Wollen wir das? Und lassen sich so viele Atomkraftwerke überhaupt in dieser kurzen Zeit errichten?

Letztendlich bleibt auch noch die Frage der Resilienz: Flüssigen Treibstoff kann man mit einem Lkw rasch verteilen und Fahrzeuge schnell damit betanken. E-Trucks sind hingegen auf eine flächendeckend funktionierende Energie-Infrastruktur angewiesen. Mit Blick auf ein Katastrophen- bzw. Kriegsszenario wie in der Ukraine würde die Funktion derselben aber im Krisenfall nicht gewährleistet sein. Wir müssen also aufpassen, dass wir mit möglicherweise übereilten und ideologiegetriebenen Elektrifizierungs-Bestrebungen im Lkw-Bereich nicht die Versorgungssicherheit gefährden. Es braucht also einen offenen Wettbewerb der Technologien, der sich nicht von vornherein dogmatisch auf die batterieelektrische E-Mobilität festlegt – nur so kann sich die letztendlich beste Technologie dann auch wirklich durchsetzen. Und es spricht auch nichts dagegen, wenn am Ende mehrere Antriebsarten für unterschiedliche Einsatzzwecke koexistieren. E-Mobilität etwa im Nahverkehr und Wasserstoff oder synthetische Kraftstoffe im Fernverkehr müssen sich ja nicht gegenseitig ausschließen. Auch wenn – rein von der Effizienz her betrachtet – die batterieelektrische E-Mobilität sicher das Effizienteste wäre.