Das sogenannte Risikoeinstufungssystem führt dazu, dass Verkehrsunternehmer je nach verhängten Strafen mit einem Ampelsystem – entweder rot, gelb oder grün – klassifiziert werden. Die Einstufung erfolgt nach Maßgabe der relativen Anzahl und Schwere der vom jeweiligen Unternehmen begangenen, rechtskräftigen (!) Verstöße gegen die Sozialvorschriften (also etwa Lenk- und Ruhezeiten). Näheres dazu ist auf der Website der WKÖ zu finden.
Die Juristen von Cargo Experts erinnerten bei einer Veranstaltung der oberösterreichischen Transporteure daran, dass Unternehmer sich unbedingt laufend über ihre eigene Einstufung informieren sollten. Denn nicht selten werden Strafen einem falschen Unternehmen zugeordnet und die Einstufung ist somit schlichtweg falsch! Dies hat allerdings zur Folge, dass Fahrzeuge des betroffenen Unternehmens aufgrund der höheren Risikoeinstufung vermehrt kontrolliert werden. Kommt es im Zuge dessen zu vermehrten Beanstandungen, so rutscht das Unternehmen in der Risikobewertung noch weiter ab. Ein Teufelskreis, aus dem es europaweit kein Entkommen gibt: Denn im EU-Mobilitätspaket ist geregelt, dass Kontrollorgane im EU-Ausland nicht nur auf das Register von Kraftverkehrsunternehmen (ERRU) zugreifen können, sondern auch auf die Zulassungsnummer und das Risikoeinstufungssystem.
Im schlimmsten Fall können fortgesetzte Verstöße gegen die EU-Sozialvorschriften bis zum Verlust der Zuverlässigkeit des Unternehmers führen. Der verkehrsrechtliche Leiter des Betriebs muss damit seine Funktion zurücklegen und kann frühestens ein Jahr nach Aberkennung der Zuverlässigkeit wieder in die Geschäftsführung bestellt werden. Zur Rehabilitation ist außerdem eine Weiterbildung von mindestens drei Monaten oder das neuerliche Bestehen der fachlichen Eignungsprüfung (Konzessionsprüfung) nötig.
Um eine solch dramatische Entwicklung zu vermeiden, müssen Verkehrsunternehmen systematische Vorkehrungen treffen. Dazu zählt neben dem laufenden Monitoring der eigenen Risikoeinstufung auch die gezielte Unterweisung des Fahrpersonals: Das beginnt zunächst damit, ein Bewusstsein zu schaffen, dass die geltenden Bestimmungen unbedingt einzuhalten sind. Ist ein Verstoß unvermeidbar, dann muss der Lenker einen Ausdruck am Fahrtenschreiber machen und den außergewöhnlichen Umstand, der zur Lenkzeitüberschreitung geführt hat, handschriftlich darauf dokumentieren. Sollte es zu einer Kontrolle kommen, dann besteht damit zumindest eine Argumentationsgrundlage und in weiterer Folge auch eine Basis für einen Einspruch gegen eine etwaige Strafe. Und dieser Einspruch ist in den meisten Fällen selbst dann sinnvoll, wenn er nicht zum vollständigen Erlass der Strafe führt. Für das Risikoeinstufungssystem zählen nämlich nur rechtsgültige Verstöße. Solange das Verfahren also nicht abgeschlossen ist, erfolgt auch kein Eintrag. Zudem werden Verstöße im letzten Jahr stärker gewichtet, als im Jahr davor. Ergo: Eine lange Verfahrensdauer wirkt sich, selbst bei einer Bestätigung des Verstoßes, positiv aus, weil der Eintrag im Risikoeinstufungssystems aufgrund der verstrichenen Zeit weniger stark gewichtet wird.
Während der Unternehmer negative Einträge unbedingt vermeiden sollte, muss zugleich darauf geachtet werden, dass positive Kontrollen ihren Weg in das System finden. Positiv-Kontrollen sind jene Überprüfungen, bei denen es zu keinen Beanstandungen kommt. Auch dafür wird von den Kontrollorganen ein Beleg ausgestellt, den der Lenker unbedingt in der Niederlassung abgeben muss. Sollte sich später herausstellen, dass eine Positiv-Kontrolle aus irgendwelchen Gründen nicht im System erfasst wurde, kann der Unternehmer einen Nachtrag verlangen. Das ist wichtig, denn auch positive Kontrollen haben Auswirkungen auf die Risikoeinstufung, weil sie das relative Verhältnis von Kontrollen zu Verstößen verbessern.