Letzte Meile : Pilotprojekt für die weltweite, emissionsfrei Zustellung bei Ikea

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© Ikea / Johannes Brunnbauer

Ikea Österreich schreitet voran: Künftig werden am Standort Strebersdorf 30 Elektro-Lkw die Kundenbelieferung im Raum Wien übernehmen. Die 4,2 Tonnen schweren Transporter mit Kofferaufbau stammen von Quantron. Es handelt sich dabei um umgebaute Iveco Daily. Die Dieseltransporter werden quasi entkernt – sprich Dieselmotor und Getriebe entfernt – und mit einem hocheffizienten, 100 kW starken E-Motor und Akkupacks versehen. Die Vans schaffen reale 160 Kilometer Reichweite, die maximale Ladeleistung beträgt 70 kW. Geladen werden sie im neuen Ikea-Logistikzentrum Strebersdorf, bei dem ebenfalls großer Wert auf Nachhaltigkeit gelegt wurde. So gibt es nicht nur eine große Photovoltaik-Anlage auf dem Dach, sondern im Keller befindet sich auch der größte Eisspeicher in ganz Europa.

(v.r.) Andreas Haller, CEO Quantron, Jürgen Bauer, Geschäftsführer von Gebrüder Weiss, Hannes Staubmann, Produktmanager Home Delivery DACH-Region & MOEL-Staaten bei Gebrüder Weiss, Karl Meiringer, Niederlassungsleiter Maria Lanzendorf bei Gebrüder Weiss, Christoph Wede, Vertriebsleiter Quantron

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Aufladen ohne Zeitverlust

Die Elektrifizierung der Fahrzeuge selbst ist nur die halbe Miete, wenn es um die Umstellung einer Flotte auf emissionsfreie Antriebstechnik geht. Wesentlich ist auch die Konzeption und Errichtung einer passenden Ladelösung. Dies erfolgte durch die Firma G. Klampfer Elektroanlagen GmbH. Ganze 28 Ladesäulen für die Elektro-Lkw wurden direkt an den Rolltoren installiert. Dadurch können die Fahrzeuge mit Strom betankt werden, während der Laderaum mit Waren befüllt wird. Somit entsteht kein Zeitverlust und aufgrund der Zwischenladung sind drei Touren am Tag möglich.

Die Kundenbelieferung erfolgt durch die Logistiker Gebrüder Weiss und Cargoe, Eigentümer der Fahrzeuge ist Ikea. Durch den Umstieg auf die Elektrotransporter sollen bereits im ersten Jahr 117.000 Lieferungen emissionsfrei durchgeführt und der CO2-Ausstoß damit um mehr als 300 Tonnen verringert werden. Maimuna Mosser, Country Commercial Managerin Ikea Österreich, sagt dazu: „Klimaschutz lässt sich nicht aufschieben, daher arbeitet Ikea konsequent daran, Emissionen einzusparen und klimapositiv zu werden.“ Damit der Antrieb der Trucks nicht nur lokal emissionsfrei bleibt, werden nachhaltige Energiequellen zur Beladung eingesetzt: „Der Strom kommt aus 100 Prozent erneuerbarer Energie sowie aus der Einspeisung vorhandener Photovoltaikanlagen,“ erklärt Claes Lindgren, Logistikleiter bei Ikea Österreich.

(v.l.) Maimuna Mosser, Country Commercial Managerin Ikea Österreich und Logistikleiter Claes Lindgren

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Großes Medieninteresse an den neuen E-Fahrzeugen von Ikea

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Emissionsfrei in ganz Wien

Im ersten Schritt wird auf die Zustellung durch Elektrofahrzeuge in allen 23 Wiener Bezirken und im Umkreis von 30 Kilometern des Logistikzentrums Wien-Strebersdorf umgestellt. Die emissionsfreie Lieferung kann dadurch auch von den Einrichtungshäusern Wien Nord und Vösendorf erfolgen. Bereits im ersten Jahr sollen damit mehr als 65 Prozent aller Zustellungen im Raum Wien emissionsfrei erfolgen, das entspricht rund 1,5 Millionen Straßenkilometern.

Ikea kann Projekte dieser Größenordnung nur mit zuverlässigen Partnern realisieren: „Mit Quantron AG und G. Klampfer Elektroanlagen GmbH hat Ikea auf langjährige Partner gesetzt, auf die wir zu 100 Prozent vertrauen können“, betont Lindgren. Bereits in der Vergangenheit hat Ikea erfolgreich mit Klampfer bei der Erstellung eines 3D Gebäudemodells des Ikea Wien Westbahnhof zusammengearbeitet. „Die Klampfer Elektroanlagen GmbH steht für eine zuverlässige Ladeinfrastruktur, Ausfallssicherheit und Witterungsbeständigkeit“, sagt Günther Hinterberger, CEO der G. Klampfer Elektroanlagen GmbH.

E-Mobilität und Wasserstoff

Stolz auf die Auslieferung der Elektrofahrzeuge ist man natürlich auch bei der Firma Quantron. „Wir freuen uns, dass wir Ikea bei dem wichtigen Schritt hin zu einer emissionsfreien Lieferung mit unserem Wissen und unserer Expertise unterstützen können“, sagt Andreas Haller, Vorstandsvorsitzender der Quantron AG. Das Unternehmen mit Sitz in Gersthofen in Bayern ist spezialisiert auf Elektrofahrzeuge. Dabei wird das Rad nicht völlig neu erfunden, sondern es werden am Markt verfügbare Fahrzeugmodelle mit einem elektrischen Antriebsstrang aus eigener Entwicklung versehen. Quantron kann dadurch ein breites Spektrum an elektrifizierten Lkw von 3,5 bis 44 Tonnen sowie Müllsammelfahrzeuge und Elektrobusse, vom Personentransporter bis zum Linienbus, anbieten. Bis Ende 2022 sollen auch Fahrzeuge mit Brennstoffzellen und Wasserstofftank hinzukommen. Der elektrische Antriebsstrang bleibt dabei der gleiche, der Wasserstoff bietet laut Experten aber einige Vorteile: Zwar kommt es durch die Produktion von Wasserstoff und die Rückumwandlung in elektrischen Strom zu hohen Energieverlusten. Dafür kann nachhaltiger generierter Strom durch dezentrale Elektrolyseanlagen unkompliziert gespeichert, transportiert und in Minutenschnelle getankt werden. Entsprechend der realistischen Reichweite von 400 Kilometern mit einer Tankfüllung, könnten somit fast überall Wasserstoff-Lkw betrieben werden. „Mit nur 11 Tankstellen ließe sich Österreich flächendeckend mit Wasserstoff versorgen“, so ein namhafter Experte aus der Logistikbranche. Voraussetzung ist freilich, dass sich die Tankstellen sinnvoll in die gefahrenen Routen integrieren lassen.

E-Mobilität als Dienstleistung

Die hohen Anschaffungskosten wirken nach wie vor abschreckend bei der E-Mobilität. Wenn man allerdings eine TCO-Betrachtung wählt, dann ergibt sich auch ökonomisch ein besseres Bild: Zwar Bedarf es am Anfang eines hohen Investitionsvolumens für Autos und Ladeinfrastruktur, dafür sind die Fahrzeuge bei der Wartung und im Betrieb deutlich günstiger, wie Quantron-Chef Haller erklärt. Um die Ausgabenkurve für die Kunden entsprechend zu glätten, bietet sein Unternehmen daher auch Mobilität als Dienstleistung an. In diesem Fall übernimmt Quantron selbst die Investition in die Fahrzeuge und der Kunde bezahlt für deren Nutzung. Die Berechnung erfolgt über die Abgabe der Strommenge an der Ladesäule. Ein ähnliches Modell will Haller auch mit künftigen Wasserstofffahrzeugen realisieren, indem der Kunde einfach ein entsprechendes Nutzungsentgelt mit dem Preis pro Kilogramm Wasserstoff bezahlt.