Brenner : Keine Einigung zwischen Österreich und Italien im Transitstreit
In dem seit Jahren schwelenden Transitstreit rund um die Tiroler Anti-Transitmaßnahmen hat Österreichs Verkehrsministerin Leonore Gewessler am 28. Februar 2023 ihren italienischen Amtskollegen Matteo Salvini in Schweden getroffen. Anschließend sparte Salvini nicht mit harten Tönen: "Schluss mit den inakzeptablen Fahrverboten am Brenner, sonst wird Italien weiterhin ein Vertragsverletzungsverfahren durch die EU-Kommission fordern", so Salvini in einer Presseerklärung.
Der italienische Verkehrsminister wies darauf hin, dass sich die Luftqualität trotz der Zunahme des Verkehrs stetig verbessert habe. Dies sei unter anderem den höheren Umweltstandards der Lkw zu verdanken. Italien sei zum Dialog bereit, "aber die Voraussetzung ist die Aufhebung der einseitigen Verbote, die gegen die EU-Verträge verstoßen", betonte Salvini nach dem Gespräch, das eine halbe Stunde lang dauerte und vom Minister als "sehr offen" bezeichnet worden war.
"Wir warten auf ein endgültiges und klares Wort der EU-Kommission", sagte Salvini. Er warf der Kommission vor, dass diese "bei den Verstößen am Brenner jahrelang nicht interveniert hat", so Salvini abschließend.
Italienische Frächterverbände scheitern mit Klage
Indes wurde eine juristische Entscheidung in Sachen Transit bekannt: Eine Klage der italienischen Güterkraftverkehrsverbände vor dem Europäischen Gericht in Luxemburg gegen die EU-Kommission in Bezug auf die Tiroler Lkw-Fahrbeschränkungen scheiterte. Laut einem Bericht der "Tiroler Tageszeitung" wurde die Klage wegen "offensichtlicher Unzulässigkeit" abgewiesen. Die Frächter hatten der Kommission "Untätigkeit" vorgeworfen, weil sie die Tiroler Maßnahmen für rechtswidrig halten.
Wie der Tiroler Europarechtsexperte Walter Obwexer erklärte, ging das Gericht aber "erst gar nicht in die Argumentation" ein. Zwei Gründe waren für die Abweisung ausschlaggebend: Erstens hätte die Klage nicht von einem Verband, sondern nur von einem konkreten Frächter eingebracht werden müssen, nachdem nachgewiesen werden müsse, dass ein Rechtsakt erlassen wurde, der den Kläger direkt betrifft. Zweitens könne die Kommission gar nicht "von Einzelnen auf Untätigkeit verklagt werden, weil sie nicht dazu verpflichtet ist, ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten", sagte Obwexer. Und dies nicht einmal dann, wenn ein Land gegen geltendes EU-Recht verstoße. Und Österreich würde nachgewiesenermaßen nicht gegen EU-Recht verstoßen, argumentierte er. Den Frächtern bleibt noch der Gang vor den Europäischen Gerichtshof. Der Innsbrucker EU-Rechtler räumte aber auch dieser Vorgehensweise wenig Chancen ein.
Salvini hatte in den vergangenen Monaten immer wieder von der EU-Kommission die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Österreich gefordert. Österreich verhindere mit seinen Anti-Transitmaßnahmen den freien Personen- und Warenverkehr, argumentierte er. Auch Bayern übt stetigen Druck auf Tirol aus, vor allem wegen der zeitweisen Lkw-Blockabfertigungen an der Grenze, die zu regelmäßigen Staus auf deutscher Seite führen. Gewessler hatte sich bereits vor dem jüngsten Treffen in einer Reaktion äußerst verärgert gezeigt, dass Italien an Lösungen zur Verbesserung der Transitproblematik in Tirol nicht ernsthaft mitarbeite. Salvini bzw. sein Ministerium dementierten dies.
Der Transit durch Tirol ist seit Jahrzehnten ein Dauerthema und wurde unter anderem schon im Rahmen der österreichischen EU-Beitrittsverhandlungen heiß diskutiert. Zuletzt hatte Gewessler Unterstützung für ein Slotsystem mit buchbaren Durchfahrten geäußert und dabei um Unterstützung durch die angrenzenden Regionen geworben.
(APA / red.)