E-Mobiltät : Ingenieursausbildung für die Zukunft der Mobilität
Wenn es um die Zukunft geht, dann drehen sich die Gespräche häufig um zwei Dinge: Die Elektromobilität und den Fachkräftemangel. In der Transportwirtschaft denkt man dabei reflexartig an den „Fahrermangel“. In der Fahrzeugindustrie braucht es allerdings auch Techniker und Ingenieure, um den Entwicklungsbedarf abzudecken, der von Politik und Gesellschaft zur Eindämmung des Klimawandels gefordert wird.
Ausbildung mit Zukunft
„Es ist so, dass es am Arbeitsmarkt quasi keine arbeitslosen Elektrotechniker gibt“, sagt der zuständige Abteilungsvorstand der HTL St.Pölten, Andreas Bugl. Als Megatrends seines Fachbereichs sieht er die erneuerbaren Energien und die E-Mobilität. Für letztere bietet das e-Racing-Team der HTL eine regelrechte Spielwiese für die Ingenieure der Zukunft. Unter professioneller Anleitung können die Schüler ihre Projekte verwirklichen und gleichzeitig spielerisch lernen. Im Elektrotechnik-Labor werden dabei nicht nur fertige, am Markt verfügbare Komponenten zusammengebaut, hier findet echte Ingenieursarbeit statt. „Wir bauen die Akkus selbst“, sagt Lehrer Daniel Asch, der das e-Racing-Team leitet. Die dafür benötigten Lithium-Zellen werden aus alten Bohrmaschinen und Gartengeräten ausgebaut. „Meist sind bei den Akkus nur die Steuerplatine oder einzelne Zellen kaputt“, erklärt Asch. Aus den noch intakten Zellen lässt sich durch intelligente Verschaltung eine neue Batterie herstellen. „Das ist auch im Sinne des Recycling-Gedankens, den wir der künftigen Generation mitgeben wollen“, so der Lehrer.
Elektrifiziert wird im e-Racing-Labor alles was Räder hat. Zuletzt sorgte man bei der Formel-E in Berlin mit einem vollelektrischen 18er-Steyr-Traktor für Aufsehen. „Die wollten uns erst gar nicht damit aufs Gelände lassen, weil sie nicht glauben wollten, dass der Traktor elektrisch fährt“, erinnert sich Asch schmunzelnd. Als neues Projekt soll ein Mountain-Gokart elektrifiziert und mit einer Follow-Me-Funktion ausgestattet werden. Das Gokart folgt damit dem Wanderer selbstständig auf den Berg, beim Runterfahren wird dann die Energie durch Rekuperation zurückgewonnen. Und wenn etwas keine Räder hat? Dann bekommt es eben kurzerhand welche verpasst, wie etwa die „fahrende Bierkiste“, die Schüler im Zuge einer Diplomarbeit gebaut haben. Gefahren werden darf sie natürlich nur mit 0,0 Promille und ausschließlich vom Lehrpersonal. „Das Ding hat eine mörderische Beschleunigung und einen sehr hohen Schwerpunkt, wir wollen nicht, dass sich jemand damit verletzt“, sagt Asch. Freude am Fahren gehört sonst im e-Racing-Team aber natürlich dazu. Die ersten Testfahrten der Schüler mit ihren selbst elektrifizierten Maschinen sind stets ein erhebender Moment.
Renn-Gokart mit Hi-Tech
Das Ziel des e-Racing-Teams an der HTL St. Pölten ist nicht die Teilnahme an Wettkämpfen, sondern die Entfaltung des kreativen Entwicklungspotenzials und der Konstruktion. Dabei tauchen die Schüler zum Teil tief in die Fahrzeugtechnik ein, wie Asch erklärt. So wurde etwa ein E-Gokart mit einer komplexen Steuerung und W-Lan-Antenne ausgestattet. Der Clou dabei: Während der Pilot das Maximum aus seinem Fahrzeug herausholt, kann die Begleitmannschaft außerhalb des Fahrzeugs die technischen Parameter mit einem Smartphone in Echtzeit überwachen und sogar aktiv in die Steuerung eingreifen. Stellt man zum Beispiel während der Fahrt fest, dass die Batteriekapazität nicht ausreicht, um die gesamte Strecke zu absolvieren, dann kann der Techniker aus der Ferne die Leistung drosseln und auf diese Weise die Reichweite erhöhen.
Dass diese Entwicklungsarbeit mehr ist, als nur Spielerei, davon zeugt der Erfolg der Absolventen. So hat etwa Davut Evsen, ehemaliger Mastermind des e-Racing Teams der HTL St. Pölten gerade einen Arbeitsvertrag bei Red Bull Powertrains unterschrieben, dem Motorenlieferanten von Red Bull Racing in der Formel 1. Nicht zuletzt in der Hoffnung auf künftiges Personal wird das e-Racing-Team auch von Wirtschaft und Industrie unterstützt, etwa von Mocom, LeTTo, Raiffeisenbank, Klenk & Meder, Indat, Schubert, IMS, Hofbauer, Sigmatek und Atemes. Hyundai stellt außerdem Akkufragmente des Hyundai Kona als Hardware-Sponsoring zur Verfügung.