Die Glasgower Weltklimakonferenz hat es der Öffentlichkeit wieder vor Augen geführt: Trotz mancher Bemühungen ist die Begrenzung der Erderwärmung auf die Bandbreite 1,5 – 2 Grad Celsius, die der Pariser Klimavertrag verlangt, in weiter Ferne. Auch der Abschied von der Verstromung der Kohle wurde in Glasgow auf die lange Bank geschoben. Entwicklungs- und Schwellenländer, die mit Stromausfällen kämpfen und nicht einmal ihre Spitäler kontinuierlich mit Strom beliefern können, wollen zunächst einmal ihre Stromversorgung auf sichere Beine stellen.
Müssen wir uns daher von den hehren Zielen verabschieden? Nicht unbedingt: Der Öffentlichkeit ist nicht bewusst, dass die Wirtschaft Lösungen in der Schublade hat, die auf Umsetzung warten. Die Politik – ja, auch die europäische, die in Glasgow mahnend und fordernd als Klimaschutzvorreiter aufgetreten ist – verabsäumt es, einfache, klare Entscheidungen zu treffen.
Ehrlichkeit ist ein guter Ausgangspunkt für seriösen, praktikablen Klimaschutz. Wenn Europa aus der Kohle, aus dem Erdöl und dem Erdgas aussteigen möchte, wird es nur einen Teil davon durch Eigenproduktion erneuerbarer Energieträger ersetzen können. Wir werden auch künftig Energie importieren müssen. Darüber sind sich alle mir bekannten Thinktanks einig, das räumen auch europäische und zB deutsche Entscheidungsträger immer öfter ein. Anders könnte es nur sein, wenn Europa sehr stark auf Atomkraftwerke setzt. Auch das würde aber frühestens 2030 greifen, kommt also für die Erfüllung der 2030-Ziele zu spät.
Wenn Europa auf Energieimport angewiesen ist, dann fragt sich nicht lange, welche klimaneutralen Energien wir importieren können. Im Fokus stehen flüssige Energieträger. Sie sind gut speicherbar und transportierbar, es baucht keine neuen Infrastrukturen. Strom scheidet wegen seiner Netzgebundheit aus, bei Wasserstoff sind Lagerung und Transport mit hohem Aufwand verbunden.
Diese flüssige Energieträger – allgemein als eFuels bezeichnet - sind als Derivate erneuerbarer Energieträger klimaneutral. Bei der Anwendung wird nicht mehr CO2 freigesetzt, als vorher der Atmosphäre entnommen wurde.
eFuels haben dieselben physikalischen Eigenschaften wie ihre fossilen Vorgänger Benzin, Diesel, Kerosin etc. Sie haben dieselbe Energiedichte und können in den wind-und sonnenreichsten Regionen der Erde zu günstigen Gestehungskosten produziert werden.
Derzeit werden rund um den Globus Milliarden Verbrennungsmotoren mit Diesel betrieben. Allein bei Pkw wird der Bestand auf 1,4 Mrd geschätzt. Sie gilt es künftig mit eFuels zu versorgen. Es gibt neben der Stilllegung aller Kohlekraftwerke – die leider Illusion in den nächsten zehn Jahren ist – kaum eine wirkungsmächtigere Maßnahme des Klimaschutzes. Sie wirkt sofort, wenn es einmal den Treib- und Kraftstoff gibt. Die Alternative, die Pkw- und Lkw-Fuhrparks von konventionellem Antrieb auf E-Motor umzustellen, greift nicht rasch genug, sie wirkt wohl frühestens, wenn überhaupt, mit einer Zeitverzögerung von 10 - 15 Jahren. Und vergessen wir nicht: neben den Pkw und Lkw gibt es Verbrennungsmotoren noch in vielen anderen Bereichen, von Notstromaggregaten in Spitälern über die Luft- und Schifffahrt, die nicht elektrifizierten Eisenbahnstrecken bis hin zur Fostwirtschaft, Landwirtschaft und Bauwirtschaft.