Interview : „Die richtige Entscheidung zur richtigen Zeit“

Gerhard Schnittler im Portrait vor einem Meiller-Kipper

Gerhard Schnittler, langjähriger Verkaufsleiter der Meiller GmbH Österreich

- © Ludwig Fliesser

TRAKTUELL: Der Spatenstich zum Werksneubau in Oed-Öhling ist ein großer Tag für Meiller, ein großer Tag für die dortige Gemeinde und auch für das Bundesland Niederösterreich. Wie geht es Ihnen persönlich mit der Entscheidung hier zu bauen?

Schnittler: Ich bin seit 34 Jahren im Unternehmen tätig, da brennt ein bisschen das Herz für Meiller. Wir sind wirklich froh, dass man im Konzern zur richtigen Zeit die richtige Entscheidung getroffen hat. Der Markt hat es gebraucht: Wir sind Marktführer und wir sind in den letzten drei Jahren an die Kapazitätsgrenzen und deutlich darüber gekommen. Als Meiller wollen wir der Lkw-Branche und unseren Endkunden eine Basis bieten, die zukunftsorientiert ist und darum muss ich sagen, persönlich für mich und natürlich für das Unternehmen ist der Werksneubau ein entscheidender Schritt. Und ich habe in den letzten Gesprächen mit vielen Kunden gesehen, dass diese auch in Zukunft den Weg gerne mit uns gehen.

Meiller ist stark in Österreich verwurzelt. Welche Rolle spielt denn der Standort künftig im gesamten Konzern?

Wir haben in Österreich schon als Vorgängerunternehmen mit der Firma IFE einen weltweit einzigartigen Vertrag mit Meiller gehabt. Und zwar waren wir die einzigen Lizenznehmer, die die Hydraulik in Österreich selbst fertigen durften. Das war ein wichtiger Punkt der Entwicklung, weil die Meiller-Hydraulik im Kipper die beste und die bekannteste Hydraulik ist. Und natürlich hat man bei der Übernahme des Bereichs Fahrzeugtechnik von IFE im Jahr 1999 erkannt, dass der österreichische Markt sich von deutschen und anderen Märkten unterscheidet, genauso wie in der Schweiz. Es werden natürlich Serienmodelle produziert, aber gleichzeitig müssen auch sehr individuelle Lösungen geboten werden. Bei uns ist der Kipper in Tirol etwas anders als in Wien. So wie auch die Topographie, unterscheidet sich alles ein bisschen. Und unser Weg in den letzten Jahrzehnten war es immer, für den Kunden und seinen Einsatz das beste Produkt zu entwickeln. Das ist die Basis, mit der wir in Österreich sehr erfolgreich am Markt unterwegs sind.

Welchen Einfluss hat die Topographie auf die Ausgestaltung eines Kippers?

Jeder Einsatz, jedes Material, jede Zufahrt und jede Baustelle ist ein bisschen anderes. Es ist ein Unterschied, ob ich in Salzburg oder Tirol Gebirgsbaustellen habe, Speicherkraftwerke usw. oder ob ich in Wien und im Burgenland auf der Ebene Baustellen habe. Das unterscheidet sich natürlich massiv im Einsatz und natürlich auch in den Anforderungen an unseren Kipper.

Die Vorgängerfirma der Meiller GmbH in Österreich hatte eine Fertigungslizenz für die Hydraulik, sodass die Fertigungstiefe damals eine sehr hohe war. Wie ist das in Zukunft? Wird Meiller hier ein reines Montagewerk betreiben oder wird die komplette Fertigung des Kippers hier stattfinden?

Es wird der Weg so weiter beschritten, den wir in den letzten 10 bis 15 Jahren begangen haben. Wir haben ein Kompetenzzentrum für die Hydraulik in München und eines für den Stahlbau in Tschechien. Es wird so sein, dass wir Komponenten aus beiden Werken beziehen, aber die komplette Montage und das Engineering werden weiterhin in Österreich gemacht. Bei uns wird der Kipper komplett zusammengebaut, er wird angeschlagen, es werden individuelle Lösungen entwickelt und dann montiert. Es ist also nicht nur ein Handelsprodukt sondern der komplette Kipper wird bei uns konstruiert, gebaut und montiert. Das wird sich auch nicht ändern.

Die beiden bestehenden Meiller-Standorte werden aufgelassen und hier zusammengeführt. Welcher Mehrwert ergibt sich daraus für den Kunden?

Der Mehrwert für den Kunden ist ein optimaler Ablauf und die Qualität wird natürlich deutlich erhöht. Wir haben sämtliche Anlage, die wir hier bauen, neu bestückt. Wir bekommen hochmoderne Lackieranlagen mit Infrarottrocknungskabinen, also eine neue Generation der Oberflächentechnik. Und natürlich können wir deutlich höhere Volumen in Spitzenzeiten liefern, bei uns ist ja die Nachfrage der Baubranche von Jänner bis März extrem hoch. Es wäre mit den bisherigen Werken gar nicht möglich, den Markt auch in Zukunft zu befriedigen.

Es gibt eine Engineering-Abteilung in Österreich. Findet hier tatsächlich auch Produktentwicklung statt?

Es findet sehr viel Produktentwicklung in Österreich statt. Wir haben zum Beispiel ein Produkt, dass sich total durchgesetzt hat: Der Gesteinskipper, der ist aus Österreich kommen. Oder Innovationen wie das baumustergeschützte Bordwandzurrösensystem. Das ist in Österreich entstanden und jetzt auf jedem Meiller-Kipper in Deutschland und auch weltweit unterwegs. Wir entwickeln unsere Produkte sehr eng an den Bedürfnissen der Kunden und wir lernen sehr viel von der Baustelle. Und das bringen wir natürlich durch unsere eigene Konstruktion relativ schnell in die Produktion und in den Markt. Das ist für uns ein ganz wichtiger Punkt in Österreich.

Und welche Innovationen sind gerade aktuell bei Meiller?

Wir sind natürlich permanent unterwegs, Neuerungen zu säen. Zurzeit ist für uns wichtig, den Kipper weiter zu modernisieren. Ein Riesenthema ist die Ladegutsicherung. Jeder Unternehmer weiß, das Wort Ladegutsicherung beschäftigt nicht nur uns als Erzeuger sondern natürlich auch den Betreiber. In diesem Bereich sind wir auch wieder dabei, neue Möglichkeiten zu finden, um den Einsatz für unsere Kunden zu erleichtern.

Gibt es irgendein konkretes Produkt, das gerade in der Pipeline ist?

Zurzeit sind wir in der Planung vom NPL 2020, der wahrscheinlich nächstes Jahr kommen wird. Das ist eine Symbiose aus deutschem und österreichischem Kipper, der wird im Frühling auf der Bauma zum ersten Mal präsentiert.

Hat Meiller auch in Erwägung gezogen, einmal andere Nutzfahrzeugaufbauten als Kipper anzubieten?

Wir sind Marktführer mit Kippern und allem was kippbar ist. Und wir haben da ein gutes Motto: „Schuster bleib bei deinen Leisten“. Wir wollen eigentlich in naher Zukunft nicht in irgendwelche Experimente einsteigen. Mit dem Kipper, der Hydraulik und allem Kippbaren, das wir produzieren – das sind ja auch Kippsattel, Abrollkipper, Absetzkipper und vieles mehr – haben wir eine derart große Produktpalette, dass wir sagen, wir steigen jetzt nicht in Tankwagen ein, wir steigen nicht in Fernverkehrssachen ein: Wir bleiben den Kippern treu und das ist auch unser Zukunftsplan.­