Entsorgung : Brantner sieht Potenzial in Elektro-Lkw

Mercedes eActros in der Herrengasse

Der batterieelektrische Actros in der Herrengasse. Dank elektronischer Außenspiegel und Abbiegeassistent behält der Fahrer auch im städtischen Umfeld den Überblick

- © Ludwig Fliesser

Der Entsorgungsdienstleister Brantner setzte den vollelektrischen Mercedes-Benz eActros für zwei Wochen zur emissionfreien Entsorgung bei systemgastronomischen Betrieben in Wien ein. Vor der Vapiano-Filiale in der Herrengasse, im Herzen der Bundeshauptstadt, präsentierte das Unternehmen die Ergebnisse dieses Praxistests. Die Fragestellung war, ob ein elektrisches Serienfahrzeug im alltäglichen Betrieb einsetzbar ist. Die Antwort ist eindeutig: „Der eActros hat nun zwei Wochen lang bewiesen, dass er problemlos in der Lage ist, einen kompletten Abfuhrtag samt intensivem Hebebühneneinsatz zu bewältigen – dank seiner Reichweite von bis zu 300 Kilometern ganz ohne Zwischenladungen. Die Energie für die Fahrten stammt im Fall unseres Pionierprojekts aus Wasserkraft und somit aus nachhaltiger Quelle“, erklärt Eva Koller, Geschäftsführerin für die Bereiche Betrieb und Vertrieb bei Brantner.

Hohe Effizienz im Stadtverkehr

Vor allem im Stop-and-Go-Verkehr punktet der Elektroantrieb mit seiner hohen Effizienz. Dazu trägt auch die Ausführung des Antriebsstrangs bei: Der Motor sitzt nicht vorne unter der Kabine, sondern an der Hinterachse. Somit kann auf eine Gelenkwelle zur Kraftübertragung verzichtet werden, was Reibungsverluste vermeidet. Durch Energierückgewinnung (Rekuperation) bergab und beim Bremsen lässt sich die Reichweite von 300 Kilometern auch in der Praxis erreichen oder sogar übertreffen. Für die Entsorgungs-Touren im städtischen Bereich ist das ausreichend. Um das zusätzliche Eigengewicht der Batterie auszugleichen, darf der E-Lkw insgesamt eine Tonne mehr auf die Waage bringen: Der Zweiachser ist auf ein höchstzulässiges Gesamtgewicht von 19 Tonnen zugelassen.

Eva Koller, Geschäftsführerin für die Bereiche Betrieb und Vertrieb, und Josef Scheidl, Geschäftsführer der Brantner Environment Group und von Brantner Österreich vor der Vapiano-Filiale in der Herrengasse

- © Ludwig Fliesser

Neueste Sicherheitstechnik

Während der Präsentation in der Herrengasse wurde auch klar, wo die Herausforderungen für Lkw-Fahrer in der Stadt liegen: Radfahrer und Fußgänger laufen und fahren kreuz und quer. Nicht allen sind die Einschränkungen im Sichtfeld eines Lenkers von Schwerfahrzeugen bewusst. Damit der Fahrer auch in unübersichtlichen Situationen den Überblick behält, ist der eActros mit der neuesten Sicherheitstechnik von Mercedes ausgestattet. So bilden elektronische Außenspiegelkameras ein breites Umfeld neben dem Lkw zuverlässig in der Kabine ab. Ein Abbiegeassistent warnt zusätzlich vor Fahrzeugen, Radfahrern und Fußgängern im sogenannten „Toten Winkel“ auf der rechten Seite. Und der Notbremsassistent der neuesten Generation kann auch für Fußgänger selbstständig eine Vollbremsung einleiten – bis heute ein Alleinstellungsmerkmal von Mercedes-Benz.

(v.r.) Josef Scheidl (Geschäftsführer Brantner Österreich GmbH), Christian Csenar (Key Account Manager E Mobility Trucks, Mercedes-Benz Trucks Österreich GmbH), Eva Koller (Geschäftsführerin Brantner Österreich GmbH), Jürgen Wahl (Geschäftsführer Gut GmbH)

- © Ludwig Fliesser

E-Mobilität hat Potenzial in der Entsorgungsbranche

Durch den Elektroantrieb des Lkw entstehen weniger direkte Emissionen. Das verringert die Luftverschmutzung im Bereich des Einsatzorts: Das Fahrzeug emittiert keine Stickoxyde (NOx), Feinstaub entsteht nur durch Reifen- und Bremsenabrieb. Die hohe Effizienz des Antriebs in Verbindung mit der Energie-Rückgewinnung beim Abbremsen verringert zudem den Energieverbrauch, vor allem im Stadtverkehr. Sofern der E-Lkw mit nachhaltig erzeugtem Strom betrieben wird, trägt dies in Summe auch zu einer Reduktion der Gesamtemissionen bei. Somit wird letztendlich auch das Klima geschont.

Gerade die Entsorgungsbranche scheint prädestiniert für eine Pionierrolle bei der E-Mobilität schwerer Nutzfahrzeuge zu sein: Die Kilometerleistung ist überschaubar, die Fahrzeuge absolvieren im städtischen Einsatz in der Regel Touren von rund 300 Kilometern. Damit lassen sich die täglichen Aufgaben in vielen Fällen sogar ohne Zwischenladung bewerkstelligen. Außerdem kehren die Lkw regelmäßig zur Basis zurück, wo sie am eigenen Betriebsgelände aufgeladen werden können. Die Firma Brantner schätzt, dass durch die komplette Umstellung österreichischer Entsorgungsbetriebe jährliche 215.000 Tonnen CO2 eingespart werden könnten.

Brantner selbst plant zunächst die Anschaffung von zehn Elektro-Lkw innerhalb der kommenden zwei Jahre. Das entspricht nur etwa einem Prozent der Fahrzeuge im eigenen Fuhrpark. Auf lange Sicht will das Unternehmen die E-Mobilität aber forcieren.

„Am Antrieb mit nicht fossilem Treibstoff führt in den nächsten Jahrzehnten kein Weg vorbei“, bekräftigt Josef Scheidl, Geschäftsführer der Brantner Environment Group und von Brantner Österreich. „Auf Unternehmensebene muss das Thema jedoch ganzheitlich betrachtet und daher auch die ökonomische Seite berücksichtigt werden. Die Umstellung des Fuhrparks ist aktuell noch mit sehr hohen Anschaffungskosten verbunden. Entsprechende Förderanreize würden den Umstieg vor allem für mittelständische Unternehmen erleichtern und beschleunigen“, sagt Scheidl.

Weiteres Potenzial für mehr Nachhaltigkeit im Entsorgungsbereich ergeben sich außerdem durch die Verwendung von nachhaltigen Verpackungen und wiederverwendbarer Behälter. In diesem Bereich ist Brantner langjähriger Systempartner der GUT Gastro Umwelt Technik – eine Umwelt- und Unternehmensberatung sowie ein vom Bundesministerium für Klimaschutz genehmigtes gewerbliches Abfallsammel- und Verwertungssystem für Verpackungen mit Schwerpunkt Systemgastronomie.

Trotz Hebebühneneinsatz reicht die Fahrzeugbatterie für eine tägliche Tour

- © Ludwig Fliesser