VW-Nutzfahrzeuge : Miriam Walz im Interview

Schwarz-weises Porträt Bild von Miriam Walz, VW Nutzfahrzeuge Österreich.

Markenleiterin VW Nutzfahrzeuge Österreich, Miriam Walz

- © VW Nutzfahrzeuge

Frau Walz, Sie haben das Transportergeschäft quasi von der Pike auf gelernt, nachdem Sie in der Produktion Nutzfahrzeuge Ihre Karriere gestartet haben. Seitdem konnten Sie einige Stationen durchmachen, zuletzt im PKW Bereich. Wie ist es für Sie, jetzt für den Gesamtbereich Nutzfahrzeuge in Österreich verantwortlich zu sein, also back to the roots?

Nach drei Jahren bei den Pkw-Kollegen ist es schön, wieder retour bei den Nutzfahrzeugen zu sein. Es ist unglaublich, was sich in dieser Zeit hinsichtlich der Vorbereitungen und Transformation für die Elektromobilität getan hat. Mein Vorteil ist, dass ich in meinen Jahren in Hannover Einblicke in unterschiedliche Bereiche bekommen habe, wie z.B. in die Logistik, in die Produktionsplanung und zuletzt im Vertrieb für Österreich. Diese Erfahrungen ergänzen meine aktuelle Position auf der „anderen“ Seite perfekt. Damit kann ich aktiv und maßgeblich die Marke im Markt mitgestalten. Zudem ist Österreich im Nutzfahrzeugbereich ein wichtiger Markt, was meine Aufgabe umso spannender macht.

Im Sommer letzten Jahres haben Sie diese neue Position übernommen. In einer nach wie vor nicht allzu leichten Phase nach den Vorkommnissen seit 2020. Stichwort eingeschränkte Lieferfähigkeit. Wie hat sich das zweite Halbjahr 2022 entwickelt und wie sehen Sie 2023? Konnte der hohe Auftragsbestand der letzten Monate abgearbeitet werden?

Die letzten zweieinhalb Jahre waren, abgesehen von der Pandemie, geprägt von Sondereffekten. Vor allem die neue NoVA für leichte Nutzfahrzeuge, die 2021 eingeführt worden ist, hat zu großen Vorzieheffekten und einem hohen Bedarf an Nutzfahrzeugen geführt. Und daraus entstanden unter anderem Lieferschwierigkeiten. Der Auftragsbestand ist zwar nach wie vor hoch, aber wir bemerken bereits eine Verbesserung der Lieferfähigkeit. Unser klares Ziel ist, bis Jahresende den aufgestauten Auftragsbestand so gut wie möglich abzubauen. Prinzipiell denke ich, dass sich die angespannte Situation in der Automobilindustrie im Laufe dieses Jahres zwar weiter entspannt, aber dennoch ein Thema bleiben wird.

Ein absolutes Highlight ist ja der neue ID. Buzz/Cargo. Wie sieht hier die Situation hinsichtlich Bestellungen, Lieferfähigkeit aus? Mit welcher prozentuellen Aufteilung der beiden Versionen rechnen Sie?

Wir befinden uns im sogenannten Anlaufjahr, die Markteinführung in Österreich ist heuer im Jänner gestartet. Zu Beginn erhält einmal jedes Land eine Basisversorgung, 2024 geht es dann erst richtig los. Die Lieferzeit in Österreich beträgt aktuell aufgrund der weltweit großen Nachfrage sechs bis sieben Monate, 2024 wird sie sich deutlich verkürzen. Die Aufteilung zwischen der Pkw- und der Cargo-Version liegt derzeit bei 60:40. Wir gehen jedoch davon aus, dass sich das in Richtung 50:50 verändern wird. Denn gerade im Nutzfahrzeugbereich wird bei den Firmenkunden die Elektromobilität immer wichtiger. Einige unsere Kunden starten bereits mit einer Testflotte, die im Laufe der nächsten Jahre mit Sicherheit aufgestockt werden wird. Bei der Pkw Version auf der anderen Seite stehen die Privatkunden im Fokus. Aber auch für Dienstwagenfahrer wird der ID. Buzz aufgrund des Wegfalls des Sachbezuges immer interessanter. Natürlich ebenso aufgrund des großzügigen Kofferraumvolumens und der damit verbundenen hohen Flexibilität bei der privaten Nutzung. Noch einmal zu den Unternehmerkunden: der Wegfall der Förderungen ist natürlich aktuell nicht hilfreich. Wir hoffen jedoch davon aus, dass es hier wieder zu einer Änderung kommen wird. Abgesehen davon bringen wir 2024 den ID. Buzz mit langem Radstand als 6- bzw. 7-Sitzer auf den Markt, der Unternehmern den Vorteil eines großen Vorsteuerabzuges bringt.

  • „Wir werden wieder eine führende Rolle im Pick-Up Segment spielen“

    Miriam Walz

Es ist bekannt, dass weitere Varianten wie z.B. der erwähnte längere Radstand, neue Akkugrößen, etc. folgen sollen. Womit genau dürfen wir rechnen und vor allem zu welchem Zeitpunkt?

Wie gesagt, 2024 kommt der lange Radstand mit zwei Sitzkonfigurationen und voraussichtlich im Herbst die Allradversion. Zusätzlich wird es im Laufe des nächsten Jahres den ID. Buzz mit zwei weiteren Batterieversionen geben – einer kleineren und einer größeren für den entsprechenden Bedarf einer höheren Reichweite. Es ist dann also wirklich für jeden Kundenanspruch etwas dabei.

Ein weiteres Highlight wird die Markteinführung des Amarok in diesem Jahr sein, eine Kooperation mit Ford. Wie sieht hier die Aufgabenverteilung aus, von wem kommt was. Auch hinsichtlich der Motorisierung.

Grundsätzlich geht es hier um eine gemeinsame Entwicklung, jeder Partner ist für bestimmte Teile verantwortlich. Natürlich mit der jeweiligen Marken-DNA. So findet sich in unserem Amarok auf den ersten Blick das klassische Volkswagen Design wieder, sowohl im Exterieur als auch im Interieur. Die Motoren werden von Ford geliefert. Prinzipiell wurde versucht, das Beste aus beiden Welten zusammen zu führen, mit vielen Gemeinsamkeiten, aber auch mit eigenständigen Komponenten.

Für Lifestyle Pick-Ups sind durch die „neue“ Nutzfahrzeug NoVa die Zeiten nicht mehr so rosig. Wie schätzen Sie hier das Potential für den Amarok ein, von welchen Stückzahlen gehen Sie in einem Volljahr aus?

Die NoVA ist natürlich ein Thema. Nichtsdestotrotz ist der Pick-Up Markt in Österreich noch recht beständig und wir sind froh, wieder in diesem Segment zurück zu sein. Und natürlich wollen wir wieder eine führende Rolle übernehmen. Vor allem in den Bereichen Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Weinwirtschaft und vielen mehr – also überall dort, wo viel transportiert und ein robustes Arbeitsmittel mit Allrad benötigt wird – sind Pick-Ups begehrte Fahrzeuge. Ein Pick-Up ist somit „das“ österreichische Auto, weil es universell einsetzbar ist. Hinsichtlich der Stückzahlen kann ich aktuell keine Aussage machen, da der Amarok in Österreich erst im Herbst auf den Markt kommen wird.

Aus der Zusammenarbeit mit Ford heraus soll 2024 unter dem Namen „OneTon“ der T 6.1 Nachfolger auf den Markt kommen. Was können Sie uns dazu sagen?

Im Zuge der vereinbarten Kooperation werden mehrere Modelle auf den Markt kommen. Unter anderem ein Transporter im 1-Tonnen Bereich. Für uns ist es eine Möglichkeit, das Produktportfolio im Nutzfahrzeugsegment weiter zu vergrößern und unseren Kunden noch mehr individuelle Transportlösungen zu bieten. Wir haben dann ein noch breiteres Angebot, auch was die Antriebe betrifft - von Verbrennern bis hin zu vollelektrischen Modellen.

VW Amarok Pick-up in strandnahe auf der Straße unterwegs, mit blauem Himmel und Ozean im Hintergrund.
Mit dem Amarok will VW wieder an die Spitze im Pick-Up Segment - © VW Nutzfahrzeuge

Vergessen wir nicht auf die anderen erfolgreichen Modelle bei VW Nutzfahrzeuge wie den Caddy, der 2020 eingeführt worden ist. Wie läuft es mit ihm und ist eine Elektroversion beim Cargo geplant? Für Lieferdienste sicher eine interessante Alternative.

Der Caddy ist eine absolute Erfolgsgeschichte und er läuft nach wie vor sehr gut – sowohl als Pkw- als auch Nutzfahrzeug-Variante. Unsere Kunden lieben dieses Fahrzeug. Hinsichtlich des Antriebs ist 2024 eine PHEV, also Plug-In-Variante geplant. Wir merken aber auch, dass viele klassische Caddy Cargo Kunden Interesse am ID. Buzz Cargo zeigen. Nimmt man zum Beispiel den Caddy Maxi mit langem Radstand, so liegt der im ähnlichen Segment wie der ID. Buzz. Wir gehen also davon aus, dass wir nicht nur reine Transporter- sondern auch Caddy Kunden in das elektrische Segment mitnehmen können.

Wir befinden uns mitten in einer Transformation
Miriam Walz

Wie sieht es prinzipiell mit Verbrennern im Transportersegment bei VW aus in Hinblick auf das drohende Verbot von Verbrennungsmotoren?

Wir stecken mitten in einer Transformation, im Umbruch zur Elektromobilität. Das ist im Nutzfahrzeugbereich ein längerer Prozess, denn die Kunden werden ihren Fuhrpark nicht von heute auf morgen komplett auf Elektro umstellen können, da die Einsatzbereiche wesentlich vielfältiger sind. Die Relevanz wird aber auch hier immer größer. Unsere Strategie ist es deshalb, in den nächsten Jahren ein noch breiteres Angebot zu haben, sowohl bei den Verbrennern, und vor allem bei den Plug-In-Hybriden und den reinen Elektromodellen.

Dann noch zum Crafter. Die Elektroversion wurde hier wieder eingestellt. Weshalb und ist ein elektrisierter Neustart in Planung? Und natürlich die Frage, wann und ob ein Nachfolger geplant ist.

Die Elektroversion des Crafter ist nach wie vor verfügbar und erfreut sich in Europa einer guten Resonanz. In Österreich sind wir beim e-Crafter aber leider ausverkauft. Ich kann zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht so viel sagen, aber natürlich möchten wir auch hier wieder ein elektrisches Angebot für unsere Kunden haben.

→ Ihnen gefällt dieser Artikel? Jetzt Newsletter kostenlos abonnieren!

Noch kurz zum Thema Fahrzeugabos. Viele Firmen möchten keine Fahrzeuge mehr leasen oder kaufen. Ist das auch ein Thema bei VW Nutzfahrzeugen?

Grundsätzlich bieten wir über die Porsche Bank ein Autoabo mit verschiedensten Modellen aller Konzernmarken – vorrangig aber Pkw. Im Nutzfahrzeugsegment ist es so, dass die Kunden nicht nur unterschiedliche, sondern auch viel breiter gefasste Anforderungen an ihre Fahrzeuge haben. Ein Tischler benötigt z.B. andere Features als ein Rettungsauto. Das bedeutet, im Pkw Bereich kaufen Kunden „Mobilität“, bei den Nutzfahrzeugen hingegen die maßgefertigte Kundenlösung. Wir sehen aktuell keinen weiteren Bedarf für Nutzfahrzeuge beim Autoabo. Anders bei der Pkw-Variante des VW ID. Buzz – diese wird aber bereits über die Porsche Bank im Abo angeboten.