CMR-Versicherung : Spektakuläre Ladungsdiebstähle in Europa – Ursachen und Maßnahmen

Symbolbild Ladungsdiebstahl
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Europa ist nach wie vor ein heißes Pflaster, wenn es um Ladungsverluste geht. Die Transported Asset Protection Association (TAPA) – eine Organisation für Ladungssicherheit – hat im Jahr 2019 eine Verdopplung der gemeldeten Ladungsverluste im Vergleich zu 2018 erfasst. Insgesamt wurden der TAPA 8.548 Fälle gemeldet. Dies bedeutet eine Steigerung von 114,7 %, verglichen mit dem vorherigen Kalenderjahr. In 39 % der gemeldeten Fälle informierte der Absender der Schadensmeldung auch über den Wert des Verlustes. Insgesamt waren dies 139 Millionen Euro. Der tatsächliche Schaden über alle gemeldeten Schadensfälle liegt allerdings deutlich darüber. Zu den größten Hotspots in Europa gehören Frankreich, gefolgt von Deutschland, den Niederlanden und Großbritannien.

Der wohl spektakulärste Schadensfall ereignete sich bei einem intermodalen Transport von Tirana (Albanien) nach Wien. Denn eine Bande verübte erfolgreich einen bewaffneten Raubüberfall auf einen Airbus A320 und erbeuteten dabei Bargeld in Höhe von 10 Millionen Euro. In Aubervielliers, dieser Ort liegt bei Paris, verschwand ein Geldtransporter samt Fahrer und richtete einen Schaden in Höhe von 3,4 Millionen Euro an. In Melito di Porto Salvo, dies liegt in Kalabrien, verübte eine bewaffnete Bande erfolgreich einen Raubüberfall auf einen Geldtransporter und raubte 2,3 Millionen Euro.

Wie die weiteren spektakulären Fälle zeigen, ist quasi kein Gut vor Diebstahl sicher, mit dem organisierte Banden sehr schnell viel Geld erzielen können. So wundert es nicht, dass Kriminelle aus einem abgestellten Lkw in Helmond (Niederlande) einen Warenschaden von 5 Mio. Euro verursachten, als sie mit einer Ladung Kleidung und Schuhe entkamen. Ein Schaden in Höhe von 1,3 Mio. Euro entstand, als Diebe Laptops aus einem abgestellten Auflieger in Duiven, Gelderland (Niederlande), stahlen. Am 3. November 2020 wurde ein Frächter vom Amsterdamer Berufungsgericht zum Schadensersatz von über 315.869 Euro verurteilt. Vorausgegangen war eine transportbedingte Zwischenlagerung beim Frächter, die eine bewaffnete Bande nutzte, um Uhren im Wert von knapp einer Million Euro zu rauben.

In Kent (Großbritannien) wurden Sport- und Navigationsgeräte aus einem Lkw, der auf einem Rastplatz parkte, entwendet. Hier betrug der Güterschaden 1,4 Millionen Euro. Spielzeug kam in Northamptonshire (England) unter die Räder, als der Lkw-Fahrer auf einem Rastplatz seine Ruhepause einlegte. Die Gauner hinterließen einen Ladungsschaden von 1,2 Million Euro.

Viele Ladungs-Claims kann der Frächter nicht vermeiden, obwohl er sein größtmögliches getan hat, Güterverluste während des Transportes zu verhindern. Die Begründung dafür liegt zum einen darin, dass es nach wie vor in Europa nicht genügend bewachten Parkraum gibt. Nachts ist die Not am größten, dies gilt beispielsweise für die Bundesrepublik Deutschland. Nach einer aktuellen Einschätzung des Bundesverbandes Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung fehlen „30.000 bis 35.000“ Lkw-Plätze. Um das Defizit fehlender Parkplätze für Lkw-Fahrer zu reduzieren, beschreitet das Bundesland Baden-Württemberg einen „unkonventionellen“ Pfad. Mit einem Anfangserfolg, denn 38 Unternehmer und private Eigentümer von Grundstücken sowie eine Gemeinde, haben bereits ihr „Interesse“ bekundet, Parkflächen bereit zu stellen. Aus Sicht des Frächters ist es von Bedeutung, dass er über die Verfügbarkeit von vorhandenen Parkplätzen gut informiert ist. Dies ermöglicht ihm, das Ladungsverlustrisiko zu reduzieren. Daher ist ihm zu empfehlen, sich stets bei Organisationen wie TAPA oder bei der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) über bewachte Parkplatzmöglichkeiten im relevanten Land auf dem Laufenden zu halten. Apps sind dabei eine große Hilfe, stets informiert zu bleiben.

Bei besonders wertvollen Komplettladungen sollte der Frächter seinem Kunden stets anbieten, den Lkw mit einem zweiten Fahrer zu besetzen, der sich natürlich am Ende des Tages in der Fracht wieder spiegelt. Allerdings ist in der Praxis ebenfalls wiederholend festzustellen, dass dem Frächter nicht unbedingt bekannt ist, wie hoch die Ladungswerte der transportierten Waren tatsächlich sind. Daraus könnte sich ein weiteres Risiko für den Hauptfrächter ergeben. Praxisbeispiel: Der Hauptfrächter nahm von seinem deutschen Sportartikelkunden einen CMR-Transport von Österreich nach Ungarn an, den er an einen tschechischen Subfrächter über eine Frachtenbörse weitergegeben hatte, da ein unvorhergesehener Fahrerausfall den Selbsteintritt verhinderte. Die Ladung Kleidung wurde auf dem Transportweg zum Empfänger von Kriminellen auf einem unbewachten Rastplatz gestohlen, als der Fahrer im Führerhaus seine gesetzlich vorgeschriebene Pause einlegte. Der Schaden betrug gerundete 900.000 Euro, die der Hauptfrächter – er haftete gegenüber seinem Kunden unbegrenzt – nicht erfolgreich vom Subfrächter regressieren konnte, da er keine CMR-Haftungsdeckung hatte. Dieser Fall zeigt, wie wichtig es aus Sicht des Hauptfrächters ist, dass sein Disponent Transportaufträge nur an ihm bekannte und zuvor auditierte Subfrächter erteilt. Diese Prüfung sollte unbedingt eine Due Diligence der bestehenden Verkehrshaftungsversicherung des Subfrächters einschließen, um im Schadensfall Regress nehmen zu können.

Fazit: Das Transportgeschäft ist ein durchaus riskantes Business in Europa. Der wirtschaftliche Schaden durch Ladungsdiebstähle ist enorm, wie die Fakten einiger spektakulärer Schadensfälle untermauern.