Rechts-Kolumne von Eckhard Boecker : Beladepflicht gemäß CMR, UBG und HGB im Fokus
Fall eins: Im vorliegenden Fall schloss der Transportkunde mit seinem Frächter einen Beförderungsvertrag, der den Bestimmungen über den Beförderungsvertrag im grenzüberschreitenden Güterverkehr (CMR) unterlag. Der Frächter führte den Transportauftrag jedoch nicht selbst durch. Er vergab den Auftrag an einen Subfrächter. Die Verladung des Guts beim Absender, d.h. die Sicherung der Ladung durch Gurte, erfolgte unter Mithilfe des LKW-Fahrers. Die Ladung wurde während des Transports beschädigt, weil die Güter nur unzureichend mit Gurten gesichert gewesen seien. Dafür machte der Transportkunde den Frächter verantwortlich, weil der Fahrer des Subfrächters die Ladung nicht sorgfältig genug mit Gurten gesichert habe. Der Frächter lehnte jedwede Verantwortung für den Schaden ab, denn er beziehungsweise der Fahrer des beauftragten Subfrächters sei - mangels fehlender Vereinbarung - nicht für den Ladungsschaden verantwortlich gewesen.
Der Rechtsstreit ging durch alle Instanzen in Österreich. Der Oberste Gerichtshof (OGH) in Wien hatte am 24. April 2020 entschieden, dass der Frächter für den Schadensfall nicht erfolgreich verantwortlich gemacht werden könne (AZ: 7 Ob 167/19p). Zunächst einmal meinten die Richter am OGH, dass weder das Unternehmensgesetzbuch (UBG) noch die CMR-Konvention regele, ob der Frächter zur Verladung der Waren verantwortlich sei. Deshalb werde, so der OGH weiter, angenommen, dass die beförderungssichere Verladung/Stauung des Gutes im alleinigen Verantwortungsbereich des Warenabsenders liege. So liegen die Dinge in diesem Rechtsstreit, so das Gericht in seiner weiteren Beschlussausführung. Zur weiteren Begründung sagte der OGH, dass der Frächter nach § 425 UBG „nur“ die Durchführung des Gütertransports schuldete. Das Laden der Güter selbst liege außerhalb des Transportvertrages, so die OGH-Richter. Die „Mithilfe“ des LKW-Fahrers bei der Verladung spiele „keine Rolle“, wenn die verantwortliche Verladung nicht Sache des Frächters gewesen sei, d.h. nicht Gegenstand des geschlossenen Transportvertrages. Dabei zitierte der OGH eine Entscheidung des OGH vom 3. Juli 1985, das in dem Fall bereits entschieden habe, dass die Unterstützung des Fahrers bei der Ladungssicherung „keine Rolle“ spiele, wenn die verantwortliche Verladung/Sicherung des Gutes nicht dem Frächter obliege (AZ: RS0073835). Hilft der LKW-Fahrer trotzdem bei der Ladungssicherung - wie im vorliegenden Rechtsstreit unstreitig geschehen - liege diese Handlung transportrechtlich gesehen außerhalb des Haftungszeitraums des Frächters. Darüber hinaus meinte der OGH, dass der Auffassung der Berufungsinstanz absolut zuzustimmen sei, wonach der LKW-Fahrer des Subfrächters nach § 1313 a Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) kein Erfüllungsgehilfe des Frächters geworden sein könne. Schließlich meinte der OGH, dass die Unterstützung des Fahrers bei der Anbringung der Gurte „in keinem „inneren sachlichen Zusammenhang“ mit der geschuldeten „Hauptleistung“ des Frächters bestanden habe. Damit meinte das Wiener Gericht, dass die Verantwortung für die Verladung und Sicherung der Güter der Warenabsender/Transportkunde/Kläger gelegen habe und die Hilfe des Fahrers „außerhalb des Obhuts- und Haftungszeitraums des Frächters erfolgte.
Wenn nichts anderes vereinbart wurde, obliegt in Österreich und Deutschland die beförderungssichere Verladung, Stauung und Sicherung der Güter beim Warenurabsender des Frächters."
Fall zwei: In einem weiteren Schadensfall, der ebenfalls bis zum OGH ging, begehrte der Subfrächter, der von einem Subfrächter mit einem grenzüberschreitenten Transport beauftragt wurde, Schadensersatz. Der Subfrächter klagte, weil sein LKW aufgrund eines Ladefehlers des beklagten Subfrächters beschädigt worden sei. Dadurch entstand ihm ein Schaden in Höhe von 34.856,07 Euro. Allerdings klagte der Subfrächter erfolglos. Der OGH hatte mit Urteil vom 19. Dezember 2018 die Klage abgewiesen (AZ: 7Ob135/18f). Zur rechtlichen Begründung sagte das Gericht, dass weder die CMR noch das UGB regele, ob der Frächter verpflichtet sei, die Ware zu verladen und zu verstauen. Allerdings meinte der OGH auch, dass ein Subfrächter, der einen weiteren Subfrächter beauftrage, ihm gegenüber als Absender gelte. Daraus folge allerdings nicht, dass aus dieser juristischen „Absendereigenschaft“ dem beklagten Subfrächter eine „Beladepflicht“ treffe. Im vorliegenden Fall sei es unstreitig gewesen, dass die Verkäuferin der Güter („Urabsenderin“) für die Verladung verantwortlich gewesen sei und nicht der beklagte Subfrächter. Die Verladung sei letztlich Sache der Urabsenderin gewesen, so die Richter. Darüber hinaus meinten die Richter – wie die Richter im obigen Rechtsstreit auch - dass der Frächter gemäß § 425 UGB lediglich die Transportausführung übernehme. Zudem, dass der verklagte Subfrächter nicht als Erfüllungsgehilfe der Urabsenderin gemäß § 1313 a ABGB eingeordnet werden könne, wenn er für die LKW-Beladung gegenüber der Urabsenderin nicht verantwortlich gewesen sei. Letztlich, so der OGH, stehe dem klagenden Subfrächter nur ein Schadensersatzanspruch gegenüber der Urabsenderin zu.
In Deutschland regelt der § 412 Handelsgesetzbuch (HGB), wer für die Verladung beim Warenabsender sowie für die Entladung beim Warenempfänger verantwortlich ist. Gemäß § 412 Absatz 1 HGB hat der Absender das Gut auf dem LKW beförderungssicherer zu verladen, zu verstauen sowie zu sichern. Allerdings hat der Frächter für die betriebssichere Verladung zu sorgen. Der § 412 HGB findet unabhängig davon Anwendung, ob es um einen Deutschland- oder CMR-Transport geht. Die Frächterparteien können vom § 412 HGB abweichende Vereinbarungen treffen.
Hilft der Fahrer des Subfrächters dem Warenabsender bei der Ladungssicherung mittels Gurte, handelt er nicht im Sinne des § 1313 a ABGB als Erfüllungsgehilfe des Hauptfrächters."