ETC 2021 : Der Mercedes-Benz Actros 1845 im Test
Als sehr weit verbreitetes Mittelklassemodell hat Mercedes-Benz die Version Actros 1845 im Angebot. 450 PS verspricht die Modellbezeichnung, 2200 Nm stehen für das maximale Drehmoment im Datenblatt. Toptorque (plus 200 Nm im 12. Gang) gibt es für einige Versionen, abhängig zum Beispiel von Achsübersetzung und Reifengröße, obendrauf. Allerdings gibt PPC (Predictive Powertrain Control, vorausschauender Tempomat) die zusätzliche Zugkraft neuerdings nur noch dann frei, wenn dadurch bei einer Steigungsfahrt eine sonst notwendige Rückschaltung in den elften Gang vermieden werden kann.
Fahren lässt sich der 1845 ziemlich einfach. Am einfachsten auf Schnellstraßen ist es, sich auf PPC zu verlassen und sich mit der Werkseinstellung zu arrangieren. Die ruft nach jedem Motorstart zunächst einmal das Fahrprogramm „Economy-Plus“ auf. Die maximale Setzgeschwindigkeit für das Marschtempo beträgt dann 82 km/h. Überall dort, wo man es als Fahrer für fahrdynamisch sinnvoll erachtet, gibt man einfach manuell Vollgas, fertig.
Das verbrauchsseitige Minimum lässt sich einfach nur durch konsequentes „Gaswegnehmen“ erzielen. So wie es die „Ecomax“-Messung im ETC-Test praktiziert: Tempomat auf 80 km/h, maximaler Unterschwung am Ende selbst leichtester Anstiege, flotte Talfahrt im Rahmen des gerade noch Tolerierten. Während der Messung werden weder das Gas- noch das Bremspedal berührt, noch wird der Retarderhebel gezogen. Alles auf Vollautomatik lautet die Vorgabe, nur lenken muss man noch selbst.
Die entsprechenden Parameter kann man im neuen Actros allesamt einzeln eingeben; dank Fingerpads aus der Mercedes-Pkw-Welt unverändert eine Angelegenheit, die der Gewöhnung bedarf. Oder anders: Einfache Druck- oder Tippschalter, wie sie die Wettbewerber verwenden, gehen leichter von der Hand. Dass man die Empfindlichkeit der winzigen Wischflächen auch noch einstellen kann, macht die Sache nicht besser.
Dafür muss man bei der neuen Mirrorcam nichts einstellen, von der Justage einer Hilfslinie zum Abschätzen der tatsächlichen Fahrzeuglänge einmal abgesehen. Ansonsten erfreut das Kamera-Monitor-System mit einem bisher nicht für möglich gehaltenen, weil komplett unverbauten Blick aus den Seitenfenstern. Auch gefällt der ungetrübte Blick nach hinten selbst bei heftigem Regen. Eine gewisse optische Grobschlächtigkeit der Monitore muss man vorläufig noch akzeptieren – das System wurde eben nachträglich in ein bestehendes Kabinen-Layout eingebaut.
Die volldigitale Instrumentierung überzeugt weitgehend, da gibt es nichts zu meckern. Besonders am Hauptdisplay, dessen hochauflösende Grafik uns besonders in der klassischen Darstellungsform von Tacho und Drehzahlmesser gefällt. Wer’s gern moderner hätte, ruft das Anzeigenkonzept „Advanced“ auf. Das Umschalten zwischen den Anzeigestilen funktioniert jedoch nur im Stand, weil der Bildschirmcomputer dazu neu booten muss.
Insgesamt überzeugt der Actros mit der 450-PS-Maschine in vielen Punkten. Selbst im Eco-Plus-Modus geht das Tempo noch in Ordnung; im Eco-Test war er sogar der Schnellste im Trio. Der Verbrauch stimmt ebenfalls. Unter Berücksichtigung des genügsamen Adblue-Konsums gewinnt der Actros 1845 die ETC 2021 auf der Betriebskostenseite.
Die rein subjektiv von den drei Testfahrern durchgeführte Punktewertung entscheiden hingegen der MAN und der Scania für sich. Dabei hat Mercedes jedoch einige der Bereiche, in denen das Testfahrzeug aus Sicht der Testfahrer schwächelte, inzwischen abgestellt. Die Innenraumakustik wurde verbessert, das Licht dank optionaler LED-Scheinwerfern ebenfalls. Zusammen mit ein paar weiteren Modifikationen heißt der Actros 1845 von nun an Actros L 1845. Oder Actros F 1845 – aber das ist vom Charakter her ein ganz anderes Fahrzeug und nicht Gegenstand dieses Vergleichstests.
Die Ergebnisse der European Truck Challenge finden Sie hier.