Härtetest : Wieso die U.S. Army Muldenkipper in die Luft sprengt

© Mack Trucks

Die U.S. Army überweist Beträge in Millionenhöhe an den Nutzfahrzeughersteller Mack Trucks, um gepanzerte Muldenkipper zu erhalten. Konkret geht es um schwere Muldenkipper vom Typ M917A3, die die veralteten M917 (6x4) 14-Tonner schrittweise ablösen sollen. Dafür werden die von der Regierung zur Verfügung gestellten Budgetmittel ordentlich angeknabbert: Knapp 300 Millionen Dollar lassen sich die amerikanischen Streitkräfte den Vertrag mit Mack Defense kosten. Die neue Generation der Muldenkipper soll eine verbesserte Verstärkung, höhere Zuladung und einen überarbeiteten Antrieb bieten. Mittels Allradantrieb werden im Gegensatz zu früher nun alle Räder angetrieben. Die Anforderungen der U.S. Army an die neuen Fahrzeuge setzen voraus, dass die Fahrzeuge mit einer Nutzlast von 22,5-Tonnen umgehen können.

Muldenkipper unter Dauerfeuer

Doch bevor die gepanzerten Muldenkipper in den Militärdienst gehen, setzen die Streitkräfte der United States noch das ein oder andere Modell in einem 40-wöchigen Härtetest unter Dauerfeuer. Dieser verlangt den Fahrzeugen alles Erdenkliche ab. Dabei wird die speziell verstärkte Karosserie nicht nur mit Maschinengewehren beschossen, es kommt auch Explosives zum Einsatz. "Das simple Ziel der munitionsgeladenen Aktion ist einfach zu sehen, was passiert", erklärt Jeff Jurand, Army-Produktmanager für schwere taktische Fahrzeuge im Gespräch mit "Trucks". „Es soll sichergestellt werden, dass Soldaten, die mit den tonnenschweren, gepanzerten Gefährten in Kriegsgebieten unterwegs sind, eine reelle Chance haben, zu erleben. Ich kann zwar Muldenschlepper kaufen, aber keine trainierten Soldaten", so Jurand.

Das ist auch der Grund, wieso eine solche Zerstörung Teil des straffen 40-Wochen-Programmes wird, das diesen Sommer im U.S. Army Testzentrum Aberdeen im Bundesstaat Maryland gestartet wird. Gemeinsam mit einem Zulieferer entwickelte Hersteller Mack Defense eine eigene Testserie. Die Muldenkipper werden für verschiedene Szenarien getestet, etwa zum Reparieren von Nachschubrouten oder um Landungsplätze zu bauen. Waffen oder dergleichen werden die tonnenschweren Fahrzeuge nicht transportieren, dafür sind andere Militärfahrzeuge vorgesehen, stellt Jurand klar. Doch die Soldaten und Ingenieure, die den Fahrzeugen zugewiesen werden, sollen vor entsprechenden Bedrohungen geschützt werden, denen sie im Zuge ihres Einsatzes ausgesetzt sind.

Der Fuhrpark der U.S. Army altert rasant

Einige der Einsatzfahrzeuge im Fuhrpark haben schon einige Jahre auf dem Buckel, mache sind schon an die 50 Jahre alt. „Entsprechende Ersatzteile zu finden, ist eine schwierige Aufgabe“, betont Jurand. Zum Teil ist die mehrere Jahrzehnte alte Flotte mit Daimler Trucks der amerikanischen Tochtermarke Freightliner Trucks ausgestattet - das gleiche Unternehmen, das auch den Freightliner Cascadia im firmeneigenen Portfolio führt - sowie der Marken AM General und alten International Harvester Trucks. Die U.S. Army geht davon aus, über die nächsten Jahre 42 Mack Granite Trucks zu erhalten.

Abhängig ist das jedoch vom verfügbaren Verteidigungsbudget der Vereinigten Staaten. Bis zu 600 verstärkte Muldenkipper könnten es mit 2025 sein. Ein wenig müssen sich die U.S. Streitkräfte also noch mit ihren alten Fahrzeugen herumschlagen. Mack Trucks, als Teil der Volvo-Gruppe, konnte sich im Jahr 2018 gegen den Konkurrenten Navistar Defense durchsetzen, und die Ausschreibung für sich entscheiden. "Wir haben ein Problem bei der Einsatzbereitschaft, das die Flotte schwerer Muldenkipper betrifft. Aus diesem Grund haben wir uns dazu entschieden, ein Programm ins Leben zu rufen, dass die Flotte wieder fit machen soll", sagt Jurand.

Tatra bietet neues taktisches Fahrzeug an

Der Fuhrpark der zweitgrößten Armee der Welt, ist aber nicht die einzige Armee, die unter akuter Überalterung leidet. Tatra stellte erst vor Kurzem eine neue Generation eines militärischen Lkws vor, den Tatra Tactic (4x4) in Abu Dhabi. Die Entstehungsgeschichte ist schnell erklärt. „Die tschechische Armee war auf der Suche nach neuen Fahrzeugen, um die veralteten Lkws zu ersetzen“, sagt Tomáš Mynarčík. Das Logistik- und Sicherheitsfahrzeug mittelschwerer Gewichtsklasse muss aber keinem Dauerbeschuss standhalten, wie es bei den Muldenkippern der U.S. Army der Fall ist.

Es ist mit einem konventionellen Fahrgestell und sogenannten Tatra Rigid-Portalachsen ausgestattet. Im Fahrerhaus finden vier Personen Platz. Die Vorgängerversion ist bereits seit 2008 bei der tschechischen Armee im Einsatz. In Sachen Motorisierung greifen die Tschechen auf ein amerikanisches Fabrikat zurück: ein flüssigkeitsgekühlter Cummins ISB 6.7-Dieselmotor mit sechs Zylindern, Turboaufladung und Ladeluftkühlung sowie einer maximalen Leistung von 210 kW (286 PS). In den Militär-Lkw kann ein Automatik- oder Schaltgetriebe eingebaut werden.

Auch das Bundesheer will "gerüstet sein"

Auch der Fuhrpark des österreichischen Bundesheeres muss mit neuen Fahrzeugen aufgewertet werden. Die gepanzerten Fahrzeuge wie das neue Aufklärungsfahrzeug „Dingo 2“, der Mannschaftstransporter „Pandur Evolution“ sowie das schwedische Geländefahrzeug „Hägglunds“ sollen schrittweise übergeben werden. Insgesamt handelt es sich hierbei um 106 Fahrzeuge mit einer Beschaffungssumme von 256 Millionen Euro. Das Bundesheer hat Mitte Jänner in der Erzherzog-Johann-Kaserne im südsteirischen Straß die ersten fünf neuen Radpanzer Pandur "Evolution" entgegengenommen.

Bis 2020 sollen dem Jägerbataillon 17 von insgesamt 34 Stück geliefert werden. Pro Monat soll das Jägerbataillon nun zwei Pandur "Evolution" erhalten. Die alten, aber kampfwertgesteigerten Pandure aus Straß gingen die Jägerbataillone 19 und 33 im burgenländischen Güssing beziehungsweise in Zwölfaxing in Niederösterreich. Das Gros des Personals dort kenne das System Pandur von den Auslandeseinsätzen, der Rest werde in Straß geschult, sagte ein Offizier.

Pandur “Evolution” bringt Neuerungen

Der neue Pandur "Evo" besitzt im Gegensatz zum alten Modell eine höhere Bodenfreiheit und eine verlängerte Wanne mit größerem Kampfraum. Dadurch können neben Fahrer, Kommandant und Richtschütze eine komplette Jägergruppe von acht Soldaten befördert werden. Der Evo hat einen mit 405 PS stärkeren Motor als die alte Version (260 PS) sowie eine nach unten öffnende Heckklappe, die für Soldaten ein sicheres Absitzen ermöglicht. Die Panzerung wurde verbessert, auf die Wanne können zusätzlich von zwei bis drei Soldaten Panzerplatten montiert werden.

Fahrer und Kommandant haben eine 360 Grad-Rundumsicht, ohne die Luken öffnen zu müssen. Verbesserter Minenschutz und Elektronik, Kameras und Wärmebildkameras sowie eine kleine Spy-Cam am Heck zum Prüfen des Raums hinter dem Fahrzeug vor dem Öffnen der Heckklappe vervollständigen die Neuerungen, zu denen auch eine von innen zu bedienende Waffenplattform mit einem 12,7 Millimeter M2 überschweren Maschinengewehr sowie eine Nebelwurfanlage. Der neue Pandur ist luftverladefähig, eine Hercules C-130 des Bundesheeres kann zwei der je rund 13 Tonnen schweren Fahrzeuge aufnehmen. Gesamt wird das Heer ab Sommer 2020 über 110 alte und neue Pandur verfügen. Die Kosten der Beschaffung belaufen sich auf rund 105 Millionen Euro.

40 Stück des Patrouillensicherungsfahrzeuges „Dingo 2“ werden ab September 2018, mit jeweils vier Fahrzeugen pro Monat, an das Österreichische Bundesheer übergeben. Das neue Aufklärungsfahrzeug „Dingo 2“ der Firma Krauss Maffei Wegmann verfügt über ein Laserentfernungsgerät sowie ein Wärmebildgerät. Neu ist auch eine höhere Nutzlast und eine Lackierung in 3-Farb-Flecktarnung. Die Beschaffungskosten betragen rund 64 Millionen Euro.

Neue Fahrzeuge auch aus Schweden

Die im Jahr 2016 beschafften Universalgeländefahrzeuge „BvS10 Hägglunds“ sollen bereits 2019 an Soldaten der Gebirgstruppen und des Pionierbataillons 2 übergehen. Der „BvS10 Hägglunds“ der Firma BAE Systems besteht aus zwei Fahrzeugteilen, die über ein Gelenk miteinander verbunden sind und zeichnet sich durch seine hervorragende Geländegängigkeit aus.

Außerdem ist das aus Schweden stammende Fahrzeug mit einer Auftriebshilfe schwimmfähig, besitzt einen erhöhten Minenschutz sowie einer ABC-Anlage, zur Abwehr von atomaren, biologischen und chemischen Angriffen. Aufgrund der hohen Mobilität ist das Fahrzeug für den Transport von Soldaten und Material in unzugänglichem Gelände besonders gut geeignet. Die Kosten der 32 Fahrzeuge belaufen sich auf rund 85 Millionen Euro.

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