Mobilitätswende : Wie schaffen wir die Energiewende im Transportsektor?

WKÖ Wk Niederösterreich Sparte Transport und Verkehr
© Ludwig Fliesser

Die Rahmenbedingungen für den Klimaschutz hat die Politik vorgegeben: Das Pariser Klimaabkommen von 2015 und der europäische Green Deal von 2019 sind maßgebliche Übereinkünfte auf internationaler Ebene. Große Bedeutung für die CO2-Emissionen hat der Verkehrssektor, der in Europa für 25 Prozent der Gesamtemissionen verantwortlich zeichnet – Tendenz steigend! Allein in Österreich betragen die Treibhausgasemissionen des Verkehrssektors derzeit 25 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr.

CO2-Zielvorgaben in Östereich

Mit dem Mobilitätsmasterplan für Österreich bis 2030, der im Juli 2021 verabschiedet wurde, ergeben sich nun folgende Zielvorgaben auf nationaler Ebene: Ab spätestens 2030 sollen nur noch emissionsfreie Pkw und Zweiräder zugelassen werden. Mit 2032 müssen auch alle neuen Busse emissionsfrei sein. Darüber hinaus sollen alle leichten Nutzfahrzeuge und Lkw bis 18 Tonnen ab 2030 nur noch als Nullemissionsfahrzeuge neu zugelassen werden. Schwere Lkw über 18 Tonnen folgen dann ab 2035. Auch in diesem Segment sollen Neufahrzeuge dann zu 100 Prozent emissionsfrei betrieben werden. Eine gewaltige Herausforderung und es bleibt natürlich auch die Frage, wer letztendlich die Kosten für den Wandel trägt.

Wirtschaft nimmt den Ball auf

Die Sparte Transport und Verkehr in der Wirtschaftskammer Niederösterreich hat den Ball in Sachen Klimaschutz und Mobilitätswende von der Politik aufgenommen: In einer Veranstaltung am 6. September in St. Pölten mit dem Titel „Green Deal: Technologie-Mix und Kostenwahrheit“ wurden die Mitglieder von hochkarätigen Vortragenden über bevorstehende Änderungen im Bereich des Antriebs und Betriebs von schweren Nutzfahrzeugen informiert. Spartenobfrau Beate Färber-Venz betonte einerseits die Bedeutung des Transportsektors für die Wirtschaft, andererseits auch die Verantwortung für unsere Kinder und das Klima. Der Umbruch, der uns allen im Verkehrssektor bevorsteht, sei mit jenem zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu vergleichen, als der Verbrennungsmotor die Pferdekutsche ersetzte. Dabei könne man sehen, dass Veränderungen nicht nur negativ sei – schließlich trauert heute kaum noch jemand der Pferdekutsche als Transportmittel nach. Und während viele Städte heutzutage mit NOx und Feinstaubbelastung zu kämpfen haben, drohte Wien um 1900 im Pferdemist zu ersticken.

Fördern und Fordern

Der alarmierende IPCC-Report zum Klimawandel 2021 habe neuerlich den drastischen Handlungsbedarf im Klimabereich dargelegt, erklärte Robin Krutak vom Bundesministerium für Klimaschutz (BMK), Abteilung Mobilitätswende und Digitalisierung. Dem Staat kommen im Wesentlichen zwei Aufgaben bei der Unterstützung des Wandels im Verkehrssektor zu: Fördern und Fordern.

Die Klima-Aktiv-Förderung des BMK wurde für das laufende Jahr 2021 auf 100 Mio. Euro angehoben. Gefördert wird die Anschaffung von emissionsfrei betriebenen Pkw und Zweirädern, Nutzfahrzeugen und Lkw sowie zur Errichtung von Ladeinfrastruktur. Die Anschaffung leichter E-Nutzfahrzeug von 2,0 bis 2,5 Tonnen wird beispielsweise mit 7.500 Euro gefördert. E-Lkw zwischen 2,5 und 3,5 Tonnen mit 12.500 Euro. Wichtig ist dabei das Prozedere: Während Privatkunden von Einzelfahrzeugen einfach nach dem Kauf mit der Rechnung um Förderung ansuchen, müssen Flottenkunden den Förderantrag schon vor dem geplanten Beschaffungsvorgang einreichen und auch dessen Bewilligung abwarten.

Allein mit Förderungen wird das Thema Mobilitätswandel aber nicht zu bewerkstelligen sein, stellt Krutak klar. Die Wirtschaft sei entsprechend gefordert und müsse sich aktiv um möglichst klimaschonende Transportlösungen bemühen. Die Frage ist natürlich auch, wer letztendlich die Kosten dafür trägt. „Wir können uns nicht darauf verlassen, dass die Transportkosten auf einem derartigen niedrigen Niveau bleiben“, sagt Krutak. Wirtschaftlich sind Elektro-Lkw derzeit ohne Förderungen jedenfalls noch nicht darstellbar, wie Vertreter der Lkw-Hersteller unumwunden zugeben.

Transport mit Wasserstoff in der Schweiz

Jürgen Bauer, Geschäftsführer von Gebrüder Weiss und Leiter Landverkehre berichtete über die Erfahrungen mit Wasserstoff-Lkw in der Schweiz. Dort haben sich 21 namhafte Unternehmen wie Gebrüder Weiss, Shell, Coop und Migros, zu einer privaten Initiative zusammengeschlossen. Ziel ist die Schaffung einer flächendeckenden Wasserstoff-Infrastruktur und der Aufbau einer Produktion für grünen Wasserstoff. Das Besondere dabei: der von den Unternehmen gegründete, rein private Verein verzichtet bewusst auf eine staatliche Beteiligung, um möglichst schnell und flexibel agieren zu können. Bis 2023 werden 1.000 Wasserstoff-Lkw des Herstellers Hyundai exklusiv für die Schweiz ausgeliefert. Eine Produktionsanlage für Wasserstoff wurde bereits direkt neben einem Wasserkraftwerk installiert, der Transport zur Tankstelle erfolgt mittels Tankcontainer. Auch die ersten Fahrzeuge sind bereits in Betrieb. Die Lkw laufen technisch problemlos und die Mehrkosten in der TCO-Betrachtung betragen lediglich 20 Prozent gegenüber herkömmlichen Dieselfahrzeugen, wie Jürgen Bauer von Gebrüder Weiss ausführt. Das sei unter anderem darauf zurückzuführen, dass für die H2-Lkw in der Schweiz die teure Straßenbenützungsabgabe entfällt. Und neben dem Umweltaspekt hat der Manager einen weiteren positiven Nebeneffekt festgestellt: „Bei allen unseren Fahrzeugen mit alternativen Antrieben haben wir keine Fluktuation im Fahrerbereich“, sagte Bauer. Er führt dies unter anderem auf das positive Image der modernen und klimafreundlichen Fahrzeuge zurück. Das ist ein wichtiger Aspekt, schließlich hat das Ansehen des Fahrerberufs in den letzten Jahren und Jahrzehnten stark gelitten und die gesamte Logistikbranche hat mit einem entsprechenden Fachkräftemangel zu kämpfen.