Lkw-Test : Scania R 520 Lkw-Sattelzugmaschine mit V8-Motor im Test

Sattelzugmaschine Scania R 520 mit V8-Motor

Sattelzugmaschine Scania R 520 mit V8-Motor

- © Ludwig Fliesser

Es macht nicht nur Freude mit dem kraftvollen 8-Zylinder-Motor durch die Alpen zu ziehen, sondern man ist obendrein äußerst sparsam unterwegs. Mit nur 24,3 Litern Durchschnittsverbrauch bewegt sich unser R 520 der neuesten Scania Fahrzeuggeneration mühelos und ökonomisch zugleich durch die Alpen. Zugegeben, es ist der kleinste V8, den Scania da im Programm hat und wir erlauben dem GPS-Tempomaten unseres Testfahrzeugs eine Temporücknahme von –12 Prozent am Berg für noch effizienteres Fahren. Dennoch ist das Ergebnis beeindruckend, sind wir doch immerhin mit 82,8 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit unterwegs. Dazu trägt mit Sicherheit auch bei, dass wir unserem 520er auf langen Rolletappen auch erlauben, die 90 km/h-Grenze zu überschreiten, was der Bordcomputer auch gerne und häufig ausnutzt – allerdings nie länger als 36 Sekunden, um einen Eintrag auf der Fahrerkarte zu vermeiden.

Mehr ist weniger

Der R 520 beweist in unserem Test recht eindrucksvoll, dass die alte Binsenweisheit „Mehr Leistung ist gleich mehr Verbrauch“ nicht immer richtig ist. Der Grund dafür ist schlicht und einfach, dass die Maschine auf unserer gesamten Strecke ohne Mühe unterwegs ist und der GPS-Tempomat nicht auf die (womöglich fehlende) Motorleistung Rücksicht nehmen muss. Manch schwächere Fahrzeuge beschleunigen teilweise vorsteilen Anstiegen noch extra, um Schwung mit in den Berg zu nehmen. Wenn auch das nicht reicht, muss in der Steigung zurückgeschalten werden. All das kostet Kraft und vor allem Kraftstoff. Unserem 520er sind fast alle Steigungen auf unserer Teststrecke, den langen Anstieg zum Semmering ausgenommen, herzlich egal. Über den Wechsel fahren wir durchgehend mit dem 12. Gang und der einzig ersichtliche Grund, warum wir nicht mit 85, sondern „nur“ mit 82 km/h bei unserem Messpunkt in Schäffern vorbeiziehen, ist die Einstellung unseres GPS-Tempomaten mit erlaubter Temporücknahme am Berg.

Überarbeitete V8-Generation

Mit der Einführung der aktuellen Fahrzeuggeneration hatte Scania zugleich auch alle Reihenmotoren grundlegend überarbeitet. Etwas zeitverzögert folgte die neue V8-Motorengeneration. Dabei gab es eine grundlegende Änderung im Maschinenkonzept und dem Abgasmanagement: Während man bei früheren Euro 6-Motoren noch auf Abgasrückführung (EGR/AGR) setzte, kommt nun bei allen Scania 6-Zylinder-Reihenmotoren und auch bei allen V8-Aggregaten die SCR-only-Technologie zum Einsatz. Die einzige Ausnahme bildet (noch) der 730er. Damit ist es gelungen, bei leicht erhöhtem Adblue-Konsum, den Kraftstoffverbrauch in beeindruckender Weise zu senken, wie auch unser aktueller Test mit dem V8 beweist.

© Ludwig Fliesser

Cockpit mit V8-Kult

Es gibt kaum eine Lkw-Marke, der es im selben Ausmaß wie Scania gelungen ist, einen Kultstatus in der Fahrergemeinschaft zu erlangen und diesen auch zu halten. Spannenderweise tut dem auch die Konzernzugehörigkeit zu Volkswagen keinen Abbruch: Der Hype um den Greif ist ungebrochen und viele Fahrer stehen bei Truck-Race-Veranstaltungen Schlange, um sich kostenlos das Markenemblem auf die Haut tätowieren zu lassen – eigentlich unvorstellbar! Und natürlich ist Scania daran interessiert, diesen Kultstatus in der Fahrergemeinschaft beizubehalten und weiter auszubauen. Dazu kommt der V8-Motor als Alleinstellungsmerkmal im Einheitsbrei des europäischen Nutzfahrzeugmarkts, der ohnehin nur mehr von sieben Marken in fünf Konzernen dominiert wird, gerade recht. Und so finden sich V8-Prägungen in den Ledersitzen, an der Klappe zum Tisch vor dem Beifahrersitz und hinten über der Liege. Ein besonderes Schmankerl bei Nacht: öffnet man die Türe, dann wird der V8-Schriftzug im Einstiegsbereich neben dem Fahrzeug auf die Straße projiziert.

Scania R-Kabine: Beifahrersitz mit ausziehbarem Tischchen. Mittig angebracht ist die schwenkbare Tablet-Halterung. Unter der Mittelablage und den zwei Getränkehaltern für den Fahrer stehen auch zwei Laden zur Verfügung

- © Ludwig Fliesser

Aber auch abgesehen von diesem – nennen wir es einmal vorsichtig Marketing-Schnick-Schnack – hat die Kabine einiges zu bieten. Das R-Fahrerhaus hat zwar einen Motortunnel, dafür erspart sich der Lenker gegenüber dem S-Fahrerhaus eine Trittstufe auf dem Weg ins Cockpit. Dort erwartet ihn ein hochkomfortabler Arbeitsplatz. Der Fahrersitz wurde in der aktuellen Fahrzeuggeneration nach vorne und zur Seite versetzt, so hat der Fahrer eine verbesserte Sicht auf das Geschehen unmittelbar vor und neben seinem Fahrzeug. Seit Einführung der neuen Scania-Fahrzeuggeneration ist erstmals auch für Lkw ein optionaler Airbag-Vorhang über dem linken Seitenfenster verfügbar. Dieser schützt den Lenker im Falle des Umkippens. Alle Bedienelemente für Lichter, Spiegel und Fensterheber sind kompakt in der Fahrertür verbaut. Die Tempomatsteuerung befindet sich direkt am Lenkrad, die Einstellung von Marsch- und Bergabfahrgeschwindigkeit erfolgt einfach mit dem Daumen. Alle anderen Steuerknöpfe für das Fahrzeug, Licht und Klimaanlage finden sich rechts neben dem Lenkrad. Dort ist auch der USB-Audio-in und der AUX-in-Anschluss gut erreichbar zu finden. Der eingebaute Multimedia-Radio hat außerdem zwei SD-Karten-Slots, einen für das Kartenmaterial des Navigationssystems und einen für Musik. Über die Freisprecheinrichtung können zwei Mobiltelefone zeitgleich mit dem Soundsystem gekoppelt werden. Der Kühlschrank ist unter dem Bett versenkbar und lässt sich während der Fahrt bequem öffnen. Dank des Premium Climate Control Systems in unserem Testfahrzeug adaptiert sich die Klimaanlage automatisch je nach Sonneneinstrahlung und Luftfeuchtigkeit. Im Tunnel wird selbstständig die Umluft aktiviert.

Testgewicht: 39.400 kg (vollgetankt, ohne Fahrer)

- © Ludwig Fliesser

In den Pausen kann es sich der Lenker am Beifahrersitz bequem machen, wo ihm ein ausziehbarer Tisch zur Verfügung steht. Die optionale Tablet-Halterung ermöglicht den bequemen Medienkonsum. Der umlaufende Vorhang sorgt für Schlafzimmeratmosphäre. Über eine Bedieneinheit über dem Bett kann der Fahrer den Wecker stellen, Licht, Heizung und Klimaanlage regulieren sowie das Radio bedienen. Über die dortige USB-Buchse kann auch ein Telefon geladen werden, allerdings beinhaltet diese leider keine Audio-in-Funktion.

Fazit

Der Scania R 520 ist nicht nur kraftvoll, sondern auch äußerst effizient: Der ermittelte Verbrauchswert von durchschnittlich nur 24,3 Litern am Ende unserer 355 Kilometer langen Fahrt durch die Alpen ist schlichtweg beeindruckend. Die Überprüfung mittels geeichter Brückenwaage ergibt ein Testgewicht von 39.400 kg, vollgetankt mit zwei Begleitpersonen ohne Fahrer – wir sind also annähernd voll ausgeladen unterwegs. Abgesehen vom Verbrauch bringt das V8-Aggregat dabei auch eine zügige Fahrleistung mit entsprechend hoher Durchschnittsgeschwindigkeit auf die Straße. Dem Fahrer steht zudem ein komfortables und übersichtlich gestaltetes Cockpit als Arbeitsplatz zur Verfügung.

Technische Daten

Scania R 520 A4X2NA

Kabine: CR20H, luftgefedert

Vorderachse: 2x32 parabolische Blattfedern; 7,5 t

Hinterachse: 4-Balg-Luftfederung, 11,5 t

Übersetzung: i = 2,59

Motor: Scania DC16 116, 16-Liter-V8-Motor,

Scania XPI Einspritzung; 382 kW/520 PS bei

1.900 U/min; 2.700 Nm bei 1.000 –1.300 U/min

Getriebe: SCANIA GRS905R 2-Pedal Scania Opticruise

12-Ganggetriebe mit zwei Kriechgängen;

Übersetzung: 11,32 – 1,00 (Kriechgänge:

16,41/13,28); 1.117 U/min bei 80 km/h

Reifen: Michelin X-Line Energy 315/70 R 22,5

vorne u. hinten

Dauerbremsanlage: Exhaust brake, automatisch

(297 kW bei 2.400 U/min) und Scania Retarder

R4100D (4.100 Nm/500 kW max.)

Gewicht Zugmaschine: 7.672 kg

Testgewicht: 39.400 kg (vollgetankt, ohne Fahrer)