Österreichtest : Scania Interlink – Reisebus im Test

Scania Interlink – der flexible Busbaukasten
© WEKA / Fliesser

Der neue Interlink von Scania kann in unterschiedlichsten Längen und Ausstattungsvarianten, als Zwei- oder Dreiachser bestellt werden. Das Einsatzgebiet reicht vom Fernlinien- und Reiseverkehr als Mittel- oder Hoch-Decker bis hin zum Regional- und Überlandbus in der LD-Ausführung.

Mit dem modularen Prinzip des Interlink will Scania seinen Kunden größtmögliche Flexibilität hinsichtlich Kapazität und Ausstattung bieten. So ist der Bus als Zwei- oder Dreiachser in frei wählbaren Längen von 11,0 bis 14,9 Metern, mit bis zu maximal 69 Fahrgast-Sitzplätzen bestellbar. Die Art der Bestuhlung kann der Kunde nach seinen Bedürfnissen frei konfigurieren. Denkbare Varianten reichen von einfachen Liniensesseln ohne seitliche Verschiebemöglichkeit über Reisebus-Liegesitze bis hin zu Luxusausführungen mit 2+1, 1+1 oder Vis-à-vis-Bestuhlung mit festen Tischen dazwischen. Auch eine Küche und ein zusätzlicher Kühlschrank sind optional verfügbar.

Das Besondere am Interlink: Die Länge des Fahrzeugs lässt sich entsprechend der gewünschten Innenausstattung völlig frei anpassen. Dabei kann der Kunde auch zwischen Mitteleinsteig und Heckeinstieg wählen. Beim Low-Decker (LD) wäre zudem auch ein doppelt breiter Mitteleinstieg mit Rollstuhllift realisierbar. TRAKTUELL hat sich im Test einen Scania Interlink HD mit 12,4 Metern Länge (2-Achser), seriennaher Ausstattung, Mitteleinstieg und klassischer Reisebusbestuhlung mit 49+1+1 Sitzen vorgenommen.

Fahrgastraum und Sitzkomfort

Der Scania Interlink ist eigentlich der Nachfolger des OmniExpress. Im Vergleich zu diesem wurde der Fußboden deutlich angehoben. Damit steht einerseits mehr Kofferraumvolumen zur Verfügung, andererseits sind die Podeste für die Sitzplätze niedriger geworden. Der Zugang vom Mittelgang zum Sitz ist damit wesentlich komfortabler und der Gang erscheint in Hüfthöhe breiter.

Die seitlichen Fensterscheiben wurden nach unten hin verlängert, wodurch größere Fensterflächen entstehen und somit mehr Tageslicht den Innenraum durchflutet. Dazu trägt auch die nach oben hin sehr großzügig dimensionierte Windschutzscheibe bei. Eine Dachverglasung ist im Interlink hingegen nicht erhältlich.

Die Dämpfungseigenschaften des Fahrwerks sind dank der Einzelradaufhängung vorne hervorragend, die Passagiere bekommen von der Beschaffenheit des Straßenbelags kaum etwas mit. Die 49 Fahrgastsitze in unserem Testfahrzeug sind klassische Reisebussessel vom Typ Lahden 45 mit bezogenem Kopfteil und Keder. Die Sessel sind seitlich in den Mittelgang ausfahrbar, klappbare Armlehnen und Tische sind Serie. Die schmalen Rückenlehnen begünstigen den Freiraum für den einzelnen Passagier im Kopfbereich. Auch ausreichend Beinfreiheit ist gegeben und die Rückenlehne lässt sich weit nach hinten legen.

Mittig über jeder Zweiergruppe befinden sich die Auslässe für die Klimaanlage, die sich für jeden Sitzplatz einzeln öffnen und schließen lassen. Zudem stehen für jeden Fahrgast LED-Leselampen zur Verfügung, die einzeln aktiviert und gedreht werden können, wobei sich die Lampenverstellung allerdings etwas schwergängig gestaltet. Optional können die Sitzplätze auch mit einer Stromversorgung mittels 220 V-Steckdose oder USB-Buchse ausgestattet werden. WLAN ist ebenfalls optional erhältlich.

Toiletten im Reisebus sind immer ein Kompromiss zwischen Notwendigkeit und dem Wunsch, möglichst wenige Sitze dafür zu opfern. Meist sind die Sanitärräume eher Notdurft-Einrichtungen als Betriebsklos. Auch das WC im mittleren Türeinstieg unseres Interlink ist kein Raumwunder, aber durch die abgeschrägte Rückwand ist wenigstens die Liegefunktion der Sitzgruppe davor nicht eingeschränkt. Normalgewichtige Personen dürften mit dem Platzangebot der Toilette das Auslangen finden. Wer etwas breiter gebaut ist, muss beim Hinsetzen darauf achten, dass er nicht zwischen den Seitenwänden stecken bleibt.

Einen Griff, der das Aufstehen erleichtert, sucht man vergeblich und für ältere Personen könnte der Stiegen-Abgang – wie bei allen Mitteltoiletten üblich – eine Herausforderung darstellen. Eine Lösung bietet das flexible Baukastenprinzip des Interlink: Reiseunternehmer mit älteren Passagieren als Zielgruppe können den Interlink mit Heckeinstieg bestellen, wobei auch eine Hecktoilette verbaut ist. Diese bietet mehr Platz und ist vom Mittelgang aus eben begehbar. Passagierplätze gehen nicht verloren: Die Gesamtzahl der Sitze ist bei Heck- und Mitteleinstieg gleich.

Fahrerarbeitsplatz und Reiseleitersitz

Über den Sitzkomfort des Fahrers kann man nicht meckern: Die Kombination aus Einzelradaufhängung vorne und luftgefedertem Sitz gleichen jegliche Fahrbahnunebenheit perfekt aus. Nach hinten hat der Buslenker ausreichend Platz, um den Sessel gemäß seiner Beinlänge zu verschieben. Das Lenkrad ist sowohl in der Höhe als auch in der Neigung frei verstellbar. Alle Bedienelemente sind gut erreichbar und die Steuerung für den GPS-Tempomaten am Lenkrad ist praktisch gelöst.

Der Spurhalteassistent warnt den Lenker mittels lautloser Vibration auf der jeweiligen Seite der Sitzfläche bei unplanmäßigem Verlassen der Fahrspur, ohne dass dies die Fahrgäste bemerken. Hinter dem Sitz lässt sich eine kleine Tasche abstellen und es finden sich auch kleine Fächer, die für den Chauffeur während der Fahrt jedoch nicht erreichbar sind. Abgesehen davon gibt es wenige Ablagemöglichkeiten. Unter der Klappe am Armaturenbrett, die eine Ablage vermuten lässt, ist die Vorverkabelung für eine mögliche Kassa für den Linienverkehr untergebracht. Nachdem eine solche in unserem Testbus nicht vorhanden ist, lassen sich stattdessen Geldbörse, Telefon und ein paar Notizzettel in dem Fach verstauen – mehr aber auch nicht, denn das Fach ist sehr niedrig und die Ablagefläche entspricht nicht einmal der Größe DIN-A4. Auch den Kühlschrank erreicht der Fahrer von seinem Sitzplatz aus nicht.

Ähnlich geht es dem Reiseleiter. Dieser hat zwar den im Armaturenbrett verbauten, 35 Liter großen Kühlschrank gut erreichbar vor der Nase, aber eine größere Ablagefläche sucht man vergebens. Lediglich ein kleines Fach unter dem Getränkedosenhalter befindet sich zu seiner Linken, das auch vom Fahrersitz aus gut erreichbar ist. Ein weiteres Manko am Reiseleitersitz ist die steile Rückenlehne – diese mag zwar für die Wirbelsäule gesund sein, für längere Fahrten ist der Sitzplatz aber definitiv kein Highlight in Sachen Komfort.

Bei den beiden Arbeitsplätzen für Fahrer und Reiseleiter gibt es sicher noch Luft nach oben, wobei Scania Bus-Verkaufsdirektor Frank Koschatzky uns gegenüber schon angekündigt hat, dass diese im nächsten Schritt der Modellentwicklung überarbeitet werden. (siehe Interview TRAKTUELL 11/2016)

Antriebsstrang und Wartungsöffnungen

Die Motorisierung unseres Testbusses ist mit 410 PS dank des großen Hubraums von 13 Litern mit entsprechend hohem Drehmoment von 2.150 Nm für den 2-Achser absolut ausreichend, vor allem, wenn die Kilometer auf der Autobahn heruntergespult werden.

Wem das trotzdem nicht genügt, der kann auch 450 PS ordern. Für den 3-Achser stehen sogar 490 PS zur Verfügung, wobei dieser Motor zur Euro 6-Abgasnachbehandlung zusätzlich auch eine Abgasrückführung (EGR) braucht. Der 410er und der 450er finden nur mit SCR allein das Auslangen. Durch die Übersetzung zur Hinterachse mit 1:2,92 läuft der Motor bei unserer gesetzten Testgeschwindigkeit von 95 km/h mit 1.150 Touren ungeachtet der Topografie gleichmäßig und ohne mit der Wimper zu zucken dahin – jedenfalls bei leerem Fahrzeug. Das automatisierte Scania Opticruise 12-Gang-Getriebe sorgt für eine weiche Beschleunigung mit kaum wahrnehmbarer Zugkraftunterbrechung. Die automatische Eco-Roll-Freilauffunktion wird vom GPS-Tempomaten ebenfalls gut eingesetzt, wobei der Fahrer davon kaum Notiz nimmt – vom sanften Loslassen des Antriebs an der Bergkuppe und der Anzeige „N“ im Display des Armaturenbretts einmal abgesehen.

Leicht zugänglich und in angenehmer Arbeitshöhe sind die Öffnungen für Tank, Adblue und Scheibenwaschanlage an der Seite des Busses angebracht. Ölmessstab und Öleinfüllstutzen sind unter der Heckklappe im Motorraum gut zugänglich auf Brusthöhe positioniert. Die Batterien und der Großteil der Elektronik sind unter einer Klappe auf der Fahrerseite zu finden.

Fazit

Unser Testfahrzeug ist nicht der Ultra-Luxusbus, aber ein effizientes und sehr bequemes Fahrzeug, das in dieser Ausstattung sowohl für den Fernlinien- als auch für den Reiseverkehr gut geeignet erscheint. Das Verbrauchs-ergebnis von durchschnittlich 17,6 Liter auf 100 Kilometer – unbeladen und bei optimalen Wetterbedingungen sowie ohne nennenswerte Verkehrsbehinderungen – macht den Scania Interlink sicherlich auch hinsichtlich der Betriebskosten interessant.