Diesel-Fahrverbote : Ein Urteil mit "Signalwirkung"

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© Rainer Fuhrmann - stock.adobe.com

Die Urteilsfindung wurde nicht erneut verschoben. Heute fällte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eine endgültige Entscheidung und schuf die Rechtsgrundlage für die Einführung von Fahrverboten: Deutsche Städte können nun Fahrverbote für Dieselfahrzeuge zur Luftreinhaltung verhängen. Statt strikter Handlungsanweisungen hat das Urteil vielmehr Signalwirkung. Die schriftliche Begründung fehlt noch.

Verhältnismäßigkeit für Luftreinhaltepläne

Im Kern sieht das Urteil eine phasenweise Einführung von Fahrverboten mit Übergangfristen vor. In Stuttgart, wo die Stickoxidgrenzwerte jährlich überstiegen werden, seien flächendeckende Fahrverbote für Diesel aber nicht vor dem 1. September 2018 zu erwarten, hieß es. Wie die Prüfung der Verhältnismäßigkeit jedoch im Detail aussehen wird, sei noch nicht klar, kritisiert der deutsche Verband Verkehrswirtschaft und Logistik Nordrhein-Westfalen (VVWL).

„Erfreulich ist, dass das Urteil nicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit außer Kraft setzt und somit Fahrverbote in der Größe der bisherigen Umweltzonen nicht mehr in Frage kommen“, kommentiert der Vorsitzende des Verbandes Verkehrswirtschaft und Logistik NRW Horst Kottmeyer die Entscheidung des Gerichts. „Dass Euro 5-Fahrzeuge bis September 2019 nicht mit Fahrverboten belegt werden dürfen, mildert das Problem ein wenig ab“, so Kottmeyer. Allerdings bräuchten Logistiker vernünftige Übergangsregelungen.

Ausnahmeregelungen für Zufahrten unklar

Nur sehr vage äußerte sich das Gericht zu den Ausnahmeregelungen für gewerbliche Nutzfahrzeuge. Dabei hat genau dieser Punkt besondere Bedeutung für die Transport- und Logistikunternehmen – insbesondere für die KEP-Dienstleister. Soviel steht immerhin fest: Es soll Ausnahmeregelungen für Handwerker geben.

„Die Frage die offen bleibt ist, wie der innerstädtische Bereich auch weiterhin ausreichend mit Gütern versorgt werden kann“, erklärt der stv. Geschäftsführer Marcus Hover vom VVWL. Er fordert, dass Lieferverkehre von Diesel-Fahrverboten strikt ausgenommen werden, denn selbst Sperrzonen müssten beliefert werden.

Fest steht auch, dass spätestens zum Sommer hin bereits mit ersten Diesel-Fahrverboten in deutschen Städten gerechnet werden. Die Stadt Hamburg macht den Anfang, Fahrverbote sollen bereits in wenigen Wochen anrollen. „Die Diesel-Durchfahrtsbeschränkungen in Hamburg werden bundesweit vermutlich die ersten sein“, erklärte dazu im Vorfeld Umweltsenator Jens Kerstan von der Grünen Fraktion.

Fahrverbote gefährden Grundversorgung

Der deutsche Bundesverband Paket und Expresslogistik (BIEK) bedauert das heutige Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, das Fahrverbote für Dieselfahrzeuge in Städten generell erlaubt. „Diesel-Fahrverbote für Kurier- Express und Paketfahrzeuge würden die Grundversorgung des Handels und der Haushalte in den Innenstädten lahmlegen“, erklärt Florian Gerster, Vorsitzender des Bundesverbandes Paket und Expresslogistik.

Insbesondere die kleinen Geschäfte und Gewerbetreibenden seien auf die Belieferung durch KEP-Dienste angewiesen – letztlich aber auch der Endverbraucher. Fahrverbote stellen somit keine Lösung dar, um die wirtschaftlichen Anforderungen für lebendige und wettbewerbsfähige Innenstädte nachhaltig zu gestalten.

Das Problem des Ausweichverkehrs

Ein Faktor der bisher nur wenig Aufmerksamkeit erfahren hat, ist der es Ausweichverkehrs. Werden bestimmte Straßenzüge für die Einfahrt von Dieselfahrzeugen komplett gesperrt, suchen sich die Lenker höchstwahrscheinlich alternative Routen. Das Problem mit den Fahrzeugemissionen würde dadurch allerhöchstens verlagert, moniert Gerster.

Dabei sei die Luftreinhaltung in Städten auch für die KEP-Dienstleister ein wichtiges Anliegen, so Gerster. Mit Lösungen in den Bereichen alternative Antriebstechnologien und innovative Zustellkonzepte – darunter die Zustellung mit Elektro- und Erdgasfahrzeugen sowie E-Lastenfahrrädern – möchte man eine nachhaltige Stadtlogistik fördern.

Allerdings geschehe ein kompletter Umstieg nicht von heute auf morgen, gibt Gerster zu bedenken. Die Wirtschaftlichkeit bei Elektrofahrzeugen sei infolge der hohen Anschaffungskosten nur sehr bedingt gegeben und das derzeit am Markt verfügbare Angebot an KEP-relevanten Fahrzeugen noch unzureichend.

Gerster plädiert deshalb für angemessene Übergangsfristen. Die gezielte Förderung gewerblicher Fahrzeugflotten mit alternativen Antrieben und der dafür benötigten Infrastrukturen sowie die Förderung innovativer Zustellkonzepte würden dabei einen wertvollen Beitrag zur Schadstoffreduktion leisten.

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