Platooning : Das Liebäugeln mit dem automatisierten Lkw-Platoon

Transport Logistik Unternehmen Forschung Technologie
© DB Schenker

Auf dem diesjährigen Logistik Future-Lab im Design Center Linz ging es unter anderem um das Lkw-Platooning. Das Thema sorgte auch für fragende Blicke. Um den Anwesenden einen Eindruck vom aktuellen Stand von Platooning zu geben, sprachen unter anderem der Logistikdienstleister DB Schenker und der österreichische Straßen- und Autobahnbetreiber Asfinag über aktuelle Projekte und Herausforderungen.

Bundesministerium sammelt umfassende Daten

Um die Grenzen des Lkw-Platooning auszuloten wurde das Projekt mit dem Namen Connecting Austria ins Leben gerufen. Connecting Austria forscht, entwickelt, demonstriert und evaluiert zum sogenannten „Use Case 5 – Gut versorgt“ des Aktionsplans zu automatisiertem Fahren des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (Bmvit). Das Projekt besteht aus einem Konsortium von 13 Partnern – daran beteiligt ist auch der Logistikdienstleister Transdanubia und die Asfinag. „Hauptziel ist es, eine evidenzbasierte Bewertungsgrundlage zu schaffen, auf dieser vier Anwendungsszenarien stufenweise erforscht werden“, erklärt Walter Aigner von HiTec Marketing, der mit dem Platooning-Projekt betraut wurde.

Dabei geht es in erster Linie um Fragen der Fahrsicherheit – etwa das Auf- und Abfahren bei Autobahnen oder wie sich das Lkw-Platoon in Gefahrensituation verhält. Ampelgeregelte Kreuzungen vor und nach Autobahnauf/abfahrten stellen eine besondere Herausforderung dar, weil dort die Verkehrssituation durch die Fußgänger nochmals verschärft wird. Evaluiert werden soll auch, welcher Zeitpunkt der geeignetste ist, ein Lkw-Platoon auf der Autobahn überhaupt zu bilden.

Geforscht wird mit einem Platoon, das prinzipiell aus zwei bis maximal drei Lkws besteht. Die grundsätzlichen, theoretischen Untersuchungen und Analysen werden auch mit Platoons aus beliebig vielen Lkws durchgeführt. Im Rahmen des Projekts sind Testgebiete in den Bundesländern Salzburg (Hallein), Oberösterreich (Pasching) und Wien geplant. Die Gesamtkosten für das dreijährige Projekt belaufen sich auf über vier Millionen Euro. Der Projektstart war Anfang des Jahres, das Ende ist mit 2020 gesetzt.

Neben den Auswirkungen eines teilautomatisierten Platoons auf die anderen Verkehrsteilnehmer, geht es auch um die Erhebung der Energie-Einspareffekte. Laut Lkw-Herstellern wie MAN, Scania und Daimler soll eine Verbrauchsreduktion von bis zu 15 Prozent möglich sein, bei gleichzeitiger Verringerung des Mindestabstandes von gesetzlichen 50 Metern auf lediglich 15 Meter. Ermöglichen wird das hochkomplexe Technik (siehe Grafik).

Lkw-Platooning sei aber auch etwas länderspezifisches, gibt Erik Wirsing, Vice President Global Innovation DB Schenker zu bedenken. So sind die Distanzen die ein Platoon im Durchschnitt zurücklegen muss in Deutschland, Schweden oder Österreich natürlich verschieden. In Deutschland seien es 200 bis 250 Kilometer, um von einem Logistikknotenpunkt zum anderen zu gelangen; in Österreich sei die Durchschnittsdistanz aufgrund der Topografie geringer. Dieter Hintenaus, Projektbeauftragter für Platooning bei der Asfinag, weißt ergänzend darauf hin, dass eine große Herausforderung die Dichte der Anschlussstellen sei, die in Österreich gerade einmal bei 4,5 Kilometern liege.

Eine zu klärende Frage ist auch, wie Platoon-Lkws auf der Autobahn zusammenfinden, sich über "Car-to-Car"-Kommunikation miteinander verbinden, und wann sie sich wieder trennen. Wirsing bezeichnet die Platoons als „Lebensabschnittsgefährten auf Zeit“ - sie finden abschnittsweise zusammen und trennen sich nach einer bestimmten Zeit auch wieder; die Frage ist nur wann.

Zukunftsvision: selbstfahrende Lkw-Platoons

Ein Problem ist der Fahrermangel, denn schon jetzt sind Fahrer nicht in dem Maß verfügbar, wie sie eigentlich gebraucht werden. Wirsing geht davon aus, dass der Logistikmarkt weiter wachsen wird: „Doch wie werden die Waren ohne ausreichend Fahrer zum Endverbraucher finden?“ Abhilfe könnten seiner Ansicht nach irgendwann automatisierte Lkw-Platoons schaffen, da nicht nur Fahrten, sondern obendrein auch Fahrer eingespart werden.

Die Automation wird in den nächsten zwei Jahrzehnten aber keine Fahrer ersetzen, gerade im urbanen Raum und Überland wird der Lenker noch lange unentbehrlich sein. Die Arbeitsbedingungen werden sich jedoch ändern, ist Wirsing überzeugt: „Lkw-Fahrer werden hochausgebildetes Personal sein, die sich auf die neue hochtechnologischen Fahrzeuge einstellen müssen." Gemeinsam mit der Fresenius Hochschule lässt DB Schenker derzeit die Gehirnströme der Lkw-Lenker während der Fahrt messen, um herauszufinden, wie sie mit dem Platooning zurechtkommen. Wirsing ist jedenfalls fest überzeugt, dass DB Schenker in Deutschland bis 2030 mit selbstfahrenden Platoons transportieren wird.

Asfinag möchte Infrastruktur-Fragen abklären

„Es müssen vorab rechtliche Grundlagen überdacht werden, bevor Lkw-Platoons für die Straße zugelassen werden können“, betont Dieter Hintenaus von der Asfinag. Derzeit wird abgeklärt, ob Platooning etwa durch Tunnels fahren dürfen, denn wie verhält sich ein Lkw-Platoon bei einem schweren Unfall? Aktuell wird ebenfalls errechnet, welcher Belastung Brücken bei der Bremsung von zwei bis drei Platooning-Lkws standhalten müssten, um die bestehende Infrastruktur nicht zu gefährden.

Herausforderungen aus Sicht des Autobahn- und Straßenbetreibers gebe es jedenfalls genug. Neben Themen wie Auf- und Abfahrten, Tunnel, Brücken und Pannenbuchten, müsse auch an die Mautabbuchung, Verkehrsüberwachung und den Straßenoberbau gedacht werden, so Hintenaus. „Für uns stellt sich die Frage, wo Platooning überhaupt möglich ist.“ Mit einem Positionspapier im Herbst, das eng mit dem Verkehrsministerium abgestimmt wird, soll es erste Antworten auf entscheidende Fragen geben.

Dann soll sich auch klären, wo Platooning denkbar ist und wo nicht. Auf eine Frage gab es aber auch beim Logistik Future-Lab noch keine Antwort: Wieviel eine Umstellung auf Platooning-Lkws für einen Fuhrparkbetreiber theoretisch kosten würde - erschwinglich muss die Technologie irgendwann halt auch sein.

Folgen Sie dem Autor auf: @lukasklamert