Die Story: Ein Hauptfrächter mit Sitz in Österreich schloss mit seinem Kunden, dies war der Unterfrächter, einen Beförderungsvertrag von Deutschland nach Österreich. Dabei ging es um Elektroschrott. Im Transportauftrag stand nicht, dass auch Batterien, besonders Lithiumbatterien, Teil der Ladung seien. Der zuvor an ein deutsches Abfallunternehmen platzierte Abholauftrag hatte folgende Hinweise: „E-Schrott SG3 + SG5, ca. 22 to“ sowie in Kleindruck „AVV 20 01 35, gebrauchte elektrische und elektronische Geräte, die gefährliche Bauteile GG“ enthielten. Weiter hieß es, „mit Ausnahme der derjenigen, die unter 20 01 21 und 20 01 23“ einzuordnen seien. Die Frachtparteien trafen keine Vereinbarung, wer für das Verladen/Verstauen der Güter zuständig gewesen sei. Der Lkw-Fahrer des Unterfrachtführers hatte die Ladung in „loser Schüttung“ übernommen. Dass Batterien Bestandteil der Ladung waren, konnte der Fahrer nicht erkennen. Während der Transportdurchführung hatte der Fahrer Feuergeruch aus dem Dach des Trailers bemerkt und versuchte, das Feuer zu löschen, jedoch vergebens. Am Trailer entstand - feuerbedingt – ein Sachschaden in Höhe von 32.140,44 Euro. Diesen Betrag erstatteten die beteiligten Versicherer dem geschädigten Unterfrächter. Anschließend verklagten sie den Hauptfrachtführer auf vollen Schadensersatz.
Die Urteile: Der Fall ging durch alle österreichischen Instanzen und landete letztlich beim Obersten Gerichtshof (OGH) in Wien. Denn die Berufung wurde insbesondere auch zugelassen, weil dies zur Klarstellung der rechtlichen Lage nötig gewesen sei. Das Landgericht Salzburg hatte die Klage am 22. Juli 2019 stattgegeben. In der anschließenden Berufungsverhandlung folgte das Oberlandesgericht (OLG) Linz der Berufung der Beklagtenpartei am 5. Dezember 2019 nicht, jedoch - wie bereits vorstehend ausgeführt - ließ das OLG die Rechtssache zur Berufung beim OLG zu. Dies begründete das OLG damit, dass keine OGH-Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob ein Hauptfrachtführer gegenüber einem Unterfrachtführer wegen mangelhafter Verpackung nach Artikel 10 CMR (Bestimmungen des Beförderungsvertrags im grenzüberschreitenden Güterverkehr) aufgrund seiner juristischen „Absendereigenschaft“ im Schadensfall hafte. Der OGH urteilte am 8. Juli 2020, dass der Hauptfrächter für die Folgen des Lkw-Brands uneingeschränkt einzugestehen habe (AZ: 7Ob50/20h).
Der Tenor: Ein Unterfrachtführer, der einen weiteren Subfrächter beauftrage, sei ihm gegenüber - transportrechtlich betrachtet - als Ladungsabsender einzuordnen. Dies sei, so der OGH, die herrschende Rechtsauffassung in Österreich. Weiter meinte der OGH, dass ein Transport, der „in loser Schüttung“ vereinbart werde, keinen „Verpackungsmangel“ nach Artikel 10 CMR (Bestimmungen des Beförderungsvertrags im grenzüberschreitenden Güterverkehr) darstelle. Denn die Ladung gelte als „unverpackt“. Darüber hinaus meinte das Gericht, dass zur Ermittlung, ob es sich im Sinne des Artikels 22 CMR um Gefahrgut handele, auf die Gefahrgutregelungen gemäß ADR zurückgegriffen werden könne. Außerdem begründeten die Richter ihr Urteil damit, dass sich die Gefahr, die von der Ladung ausgehe, durch die Bekanntgabe der Gefahrgutklassen und Gefahrgutvorschriften ergeben, die der Frächter kennen müsse, wenn er einschlägige Transporte durchführe. Allerdings meinte der OGH auch, dass die Information über unspezifische und unterschiedliche „Problemstoffe“, hier „AVV 20 01 35“ keine Information sei, die dem Artikel 22 CMR entspräche. Nach Artikel 22 Absatz 1 CMR hat der Absender, wenn er dem Frächter Gefahrgut übergebe, auf die exakte „Art der Gefahr“ hinzuweisen und ggf., die erforderlichen Vorsichtsmaßregeln darzulegen. Weiter argumentierten die OGH-Richter, dass es rechtlich unzweifelhaft sei, dass Akkus gefährliche Güter im Sinne des Artikels 22 CMR seien. Im Ergebnis sei der beklagte Hauptfrachtführer gegenüber dem Unterfrächter verpflichtet gewesen, detaillierte Ladungsangaben zu machen. Zudem stellte das Gericht fest, dass der ausgestellte CMR-Frachtbrief nur die Beschreibung „Elektroschrott lose“ enthalten habe. Allerdings keine darüber hinaus gehenden Ladungsangaben wie zum Beispiel „Gefahrguthinweise“. Damit stehe im Ergebnis fest, dass der Hauptfrächter keine nach dem Artikel 22 CMR entsprechende Mitteilung im ausgestellten CMR-Frachtbrief vorgenommen habe.
Anmerkungen: Dieser Rechtsstreit hat aus verschiedenen Gründen eine hohe Relevanz für den Frächter. Denn es ist zu befürchten, dass sich die zuständigen Gerichte in Österreich noch öfter mit derartigen Schadensfällen beschäftigen müssen. In vielen Geräten befinden sich Akkus, worüber sich nicht jeder im Klaren ist. Deshalb ist es umso wichtiger, dass sich die beteiligten Frächterparteien mit dem Ladungsgut detailliert auseinandersetzen, sprich über den genauen Inhalt vor Vertragsabschluss informiert sind. Akkumulatoren sind gefährliche Güter. Die daraus entstehende Risikolage wird sich nicht nur auf der Straße, sondern auch auf den Wasserstraßen weiter verschärfen. Die Ursache liegt besonders auch darin, dass anzunehmen ist, die E-Mobilität weiter zunimmt. Jeder Frächter sollte immer vor Annahme des Transportauftrages die genaue Güterart hinterfragen. Dies nicht nur, wenn es um Elektroschrott geht, sondern im Generellen, zum Beispiel bei Gütern, die für die Do-It-Yourself-Baumärkte bestimmt sind.