Die erlassenen Wirtschaftssanktionen der Europäischen Union gelten unmittelbar, das heißt es greift keine Übergangsfrist. Verstöße gegen Sanktion, ob wissentlich oder unwissentlich, bestrafen die Unionsländer empfindlich. Die Wirtschaftssanktionen werfen im Kontext des Krieges haftungs-, vertrags- und versicherungsrechtliche Fragen auf, an deren Beantwortung der Frächter ein hohes Interesse hat.
Oft schlossen Frächter mit ihren Kunden schriftliche Transportverträge, die teilweise bereits viele Jahre gelten, weil sie sich automatisch Jahr für Jahr verlängerten. Dabei geht es um Transporte in die Ukraine, nach Russland und Weißrussland und/oder aus diesen Ländern in die Baltischen Staaten sowie in andere EU-Länder.
Der Frächter ist – trotz eines verpflichtenden Transportvertrags – nicht verpflichtet, den Transport durchzuführen, wenn er bei Durchführung gegen eine Sanktion verstoßen würde. Er ist aus vertraglicher Sicht betrachtet von seiner Leistungspflicht befreit. Allerdings ist der Frächter immer verpflichtet, wenn Leistungshindernisse auftreten, die die „Leistungserbringung“ nicht ermöglichen, seinen Kunden umgehend zu informieren, so sieht es der Artikel 14 Bestimmungen über den Beförderungsvertrag im grenzüberschreitenden Güterverkehr (CMR) vor.
Der Frächter sollte prüfen, ob die Vertragsparteien im gezeichneten Transportvertrag eine Höhere Gewalt (HG) Regelung aufgenommen haben. Dazu gibt es keine Regelung in den CMR. Eine HG-Regelung definiert zum einen, was vertraglich als HG gilt, z.B. eine militärische Auseinandersetzung oder eine Grenzschließung und zum anderen, welche Konsequenzen sich aufgrund des Eintritts von HG ergeben würden. Viele Transportverträge regeln, dass der Vertrag von beiden Parteien außerordentlich kündbar ist, wenn die Leistungserbringung nicht innerhalb einer definierten Zeit wieder möglich wird. Eine abschließende Beurteilung, ob ein Ereignis rechtlich als HG einzuordnen ist oder nicht, hängt auch maßgeblich vom Wortlaut der Vertragsklausel ab. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Krieg auch ohne eine entsprechende Vertragsklausel als ein Ereignis von HG einzuordnen ist. Allerdings könnte sich der Frächter möglicherweise im Schadensfall nicht erfolgreich auf HG berufen, wenn er vor Vertragsabschluss von den kriegerischen Handlungen wusste und dennoch mit der Transportdurchführung begonnen hat. Das gleiche gilt, wenn der Frächter während der Transportdurchführung von einer kriegerischen Handlung Kenntnis erlangt und er die Möglichkeit gehabt hätte, die Fortsetzung des Transports zu stoppen.