E-Truck : Funktioniert ein Elektro-Lkw auch in den Alpen?
Am 3. Juli 2022 erlebte die Großglockner Hochalpenstraße eine absolute Premiere: Zum allerersten Mal wurde ein 26 Tonnen schwerer E-Lkw einem anspruchsvollen Leistungstest im Hochgebirge samt zweimaliger Überquerung des Alpenhauptkammes unterzogen.
Derzeit gibt es nur wenige schwere Lkw und Sattelzugmaschinen (Klasse N3), die bereits im kommerziellen Betrieb eingesetzt werden. Die Fahrzeuge sind aber inzwischen am Markt vorhanden: Der holländische Hersteller DAF baut beispielswiese bereits seit 2018 schwere und rein elektrisch betriebene Sattelzugmaschinen für bis zu 37 Tonnen Gesamtgewicht in Serie. Unternehmen und Kommunen in Holland, Deutschland, Belgien und Großbritannien setzen diese Fahrzeuge erfolgreich im Verteiler- und Linienverkehr ein.
Leistungstest zeigt: E-Lkw auch im Gebirge einsetzbar
Um zu zeigen, wie leistungsfähig und stark ein E-Lkw ist, hat der in Österreich und Bayern tätige Nutzfahrzeughändler Tschann mit der GROHAG (Großglockner Hochalpenstraßen AG) eine Testfahrt durchgeführt. Ziel war es zu demonstrieren, dass ein E-Lkw auch für diese extremen Einsätze mit starken Steigungen geeignet ist.
„Unsere Kunden zeigen großes Interesse an Zero-Emission-Lösungen für den Gütertransport, waren aber gleichzeitig skeptisch, ob die Fahrzeuge, die sich im Flachland bereits bewährt haben, auch in einem gebirgigen Land wie Österreich einsetzbar sind“, erläutert Tschann-Geschäftsführer Enrico Simma. Bereits bei der Anreise legte der CF-Electric Sattelzug vom Standort der Firma Tschann in Salzburg Schallmoos bis zur Kassenstelle Ferleiten am Großglockner eine Strecke von 117 Kilometern und eine Höhendifferenz von 730 Metern zurück. Auf der Hochalpenstraße waren dann Steigungen bis zu 12 Prozent zu bewältigen, auch das bewerkstelligte der elektrische Sattelzug mühelos.
Teststrecke
Vor dem Hintergrund der alpinen topografischen und geografischen Gegebenheiten wurden anspruchsvolle, aber auch realistische Testbedingungen für E-Lkw auch im herausfordernden „Gebirgseinsatz“ geschaffen. Jeweils etwa ein Drittel der Teststrecke fand auf der Autobahn (69km), auf Landstraßen (48km) und alpiner Panorama- sowie Hochgebirgsstraßen, nämlich der Großglockner Hochalpenstraße (68km), statt. Dabei wurden Steigungen bis zu 12 % und insgesamt 3.350 Höhenmeter bergauf bewältigt sowie der Alpenhauptkamm zweimal überquert.
Hochalpine Belastungsprobe
Am 3.Juli startete dann der wesentlichste Teil der ultimativen Belastungsprüfung des 26 Tonnen schweren DAF CF Electric Sattelzugs mit einer Maximalleistung von 326 PS bei der Kassenstelle in Fusch/Ferleiten auf die Großglockner Hochalpenstraße mit Ziel Kaiser-Franz-Josefs-Höhe. Über eine Strecke von 34 Kilometern, die von der Kassenstelle Ferleiten über das Fuscher Törl weiter zum Hochtor und bis hinauf zur Kaiser-Franz-Josefs-Höhe führte, überwand der 100% elektrisch angetriebene Sattelzug weitere rund 2.000 Höhenmeter mit Steigungen bis 12%. Auf der Rückfahrt nach Ferleiten meisterte der E-Lkw dann nochmals 720 Höhenmeter bergauf. Alles in allem konnte mit der Fahrt eindrucksvoll nachgewiesen werden, dass der Betrieb eines vollelektrischen Lkw auch auf den neigungsreichen Strecken im Alpenraum problemlos möglich ist. Außerdem konnte durch die sogenannte Rekuperation bei der Talfahrt jeweils ein großer Teil der beim Bergauffahren zusätzlich verbrauchten Energie zurückgewonnen werden und gleichzeitig wurden auf diese Weise die mechanischen Bremsen geschont. Das ganze nicht nur CO2- sondern auch lärmfrei im Umfeld des Nationalpark Hohe Tauern, dem größten Schutzgebiet Mitteleuropas.
Testergebnis /Restreichweite / Energieverbrauchsdaten
Bei der Anfahrt von Salzburg zur Kassenstelle in Fusch/Ferleiten (117 km, Höhendifferenz 730m) wurde ein Energieverbrauch von ø 1,77 kWh/km ermittelt. In Ferleiten hatte die Batterie noch 34% Restkapazität (SOC). Für den zweiten Testteil, das Befahren der Großglockner Hochalpenstraße mit zweimaliger Überquerung des Alpenhauptkamms von Fusch/Ferleiten bis zur Kaiser-Franz-Josefs-Höhe und retour (68km, Höhendifferenz bergauf in Summe 2664 m), wurde das E-LKW elektrisch voll aufgeladen. Am Ende der Tour hatte die Batterie noch einen Ladezustand von 45%. Damit ergab sich für die anspruchsvolle Hochgebirgstour ein Verbrauch von ø 2,7 kWh/km. Somit war die Fahrt über die gesamte Teststrecke von Salzburg über Autobahn und Landstraßen und die Großglockner Hochalpenstraße und retour (302 km und 3.394m Steigungen) vollelektrisch problemlos durchführbar. Besonders beeindruckend war die Wirkung der Rekuperation (=Stromgewinnung durch Bergabfahren) die eine Ziel- und Restkapazität von 15% ermöglicht hat.
DAF CF Electric Sattelzugmaschine | Technische Daten |
---|---|
Leergewicht | 9.300 kg |
max. Gesamtzuggewicht | 37 t (Testfgewicht 27 t) |
Reichweite | ~ 220 km |
Motorleistung | 210 kW/Spitze 240 kW (326 PS) |
Drehmoment | Kontinuierlich 2000 Nm, / Spitze 3.800 Nm (Zum Vergleich: ein Dieselmotor mit 530 PS hat in der Spitze ein Drehmoment von 2.700 Nm) |
Batteriepack (Lithium-Ionen) | 350 kWh / eff. 315 kWh |
Schnellladekapazität DC | bis zu 250 kW |
Ladezeit bei Schnellladung | 75 min |
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