Kommentar : Werksschließung in Steyr - nicht ohne Widerstand!

Standort Steyr
© MAN

Das Werk von MAN in Steyr mit seiner über 100jährigen Historie im Fahrzeugbau ist nicht nur ein Stück österreichischer Industriegeschichte. Es geht vor allem auch um den dauerhaften Wegfall von fast 2.500 Arbeitsplätzen. Das ist ein schwerer Schlag für die österreichische Volkswirtschaft und bringt einen dramatischen Verlust an Wertschöpfung im industriellen Sektor mit sich.

Nun sind Politik und Gewerkschaft gefragt, sich den Plänen von MAN mit aller Kraft entgegen zu stemmen. Dass der Traton-Konzern versucht, mit juristischen Spitzfindigkeiten bestehende Standortsicherungsverträge vorzeitig aufzukündigen, sollte man nicht einfach hinnehmen. Solidarität wird von der Industrie immer eingefordert, wenn es um die Überbrückung von Wirtschaftskrisen geht oder um die Förderung von Investitionen. Aber Solidarität darf keine Einbahnstraße sein, welche lediglich den Konzernen dabei hilft ihre Verluste zu decken, um im nächsten Moment ihre soziale Verantwortung zum Zweck der Profitmaximierung über Bord zu werfen. Derartiges Verhalten sollte nötigenfalls mit allen Mitteln, die der Rechtsstaat zur Verfügung hat, sanktioniert werden!

Bedenklich ist außerdem, dass die Produktion teilweise in die Türkei verlagert werden soll – ein Staat, der jüngst vor allem durch seinen Mangel an Rechtsstaatlichkeit, der Unterdrückung von Minderheiten und politischer Verfolgung von Journalisten und Andersdenkenden aufgefallen ist. Die weitere Auslagerung von elementaren Bestandteilen der Produktions- und Wertschöpfungsketten von Schlüsselindustrien in dieses Land bringt das Risiko einer wirtschaftlichen Abhängigkeit Europas von der Türkei mit sich. Das ist nicht unbedenklich, weil dies zwangsläufig auch Auswirkungen auf die politischen Handlungsoptionen in den Beziehungen zwischen der EU und der Türkei hat. Aus diesem Grund sollte die Politik auf nationaler und europäischer Ebene ein gewisses Interesse daran haben, dass wesentliche Teile der industriellen Wertschöpfung nicht vollends in Drittstaaten mit zweifelhaften Systemen verlegt werden. Andernfalls droht eine Situation wie in den Beziehungen mit manchen öl- und gasfördernden Staaten oder China: Zwar werden aus protokollarischen Gründen die Menschenrechte bei jedem Staatsbesuch thematisiert, es handelt sich allerdings um leere Worte ohne jede faktische Konsequenz.