Modal-Split-Studie : Studie: Straße bleibt mit Abstand größter Güterverkehrsträger
Der Güterverkehr nimmt in den nächsten Jahren weiter stark zu. Es wird prognostiziert, dass dieser in Österreich bis 2040 um rund 45 % zunehmen wird. Mittlerweile konnte sich der Straßengüterverkehr von der Corona-Krise wieder einigermaßen erholen – die Waren müssen ja weiterhin zu den Kunden. Daran ändern auch ein hartnäckiges Virus, Grenzschließungen oder Lockdowns nichts.
Was sich aber abseits der Corona-Krise rasch ändern soll, ist das Engagement den Straßengüterverkehr schneller auf Schiene zu transferieren. Diesem Plan steht nun eine aktuelle Studie des Zentrums für Transportwirtschaft und Logistik entgegen: Selbst, wenn der von Bahn und Politik angestrebte Anteil von 40 % am Modal-Split erreicht wird, würde der Straßengüterverkehr bis 2040 um mehr als ein Fünftel steigen, so die Studie des österreichischen Zentrums für Transportwirtschaft und Logistik.
Im Klartext bedeutet das, dass ein Wachstum im Güterverkehr auch bei einem maximalen Ausbau von Infrastruktur und Angebot nicht durch die Schiene aufgefangen werden kann. Professor Kummer und sein Forscherteam kommen zu dem Ergebnis, dass selbst ein realistischeres Szenario von + 42 % auf der Schiene und 49 % Zuwachs auf der Straße die CO2-Emissionen stark steigen lassen würden und den EU-Klimazielen damit diametral entgegenwirken.
Das bedeutet, dass die Straße auch langfristig der wichtigste Verkehrsträger für den Transport von Gütern bleiben wird und folglich im Mittelpunkt der Dekarbonisierung stehen muss. Österreich braucht deshalb umgehend ein integriertes, an Klimazielen orientiertes Gesamtkonzept für die Gütermobilität auf Straße und Schiene, fordern Kummer und seine Kollegen. „Wenn Österreich die EU-Ziele zur Reduktion der CO2-Emissionen im Straßenverkehr erreichen will, besteht akuter Handlungsbedarf. Es braucht eine ganzheitliche Lösung für die Gütermobilität auf Straße und Schiene, Investitionen in Infrastruktur und Digitalisierung sowie umfassende Fördermaßnahmen für alternative Antriebsformen“, betont der Studienleiter.
Schiene kann Wachstum nicht auffangen
Als einen bedeutenden Grund, warum die Schiene das wachsende Güteraufkommen nicht kompensieren werden kann, sehen die Forscher im zunehmenden Personenverkehr. Selbst bei Umsetzung aller geplanten Ausbaumaßnahmen ab 2030 werden die Kapazitätsgrenzen ausgelastet sein. Beim angestrebten Modal-Split von 40 % bis 2040 müsste der Schienengüterverkehr um 110 % wachsen. Tatsächlich werden sich aber bereits bestehende Engpässe in Zukunft weiter verschärfen. Eine Modellrechnung am Beispiel der österreichischen Westbahnstrecke habe gezeigt, dass bereits ab 80 % Kapazitätsauslastung ein zuverlässiger Gütertransport fraglich ist. Zudem würden Markttrends wie die wachsende Konsumnachfrage nach vielen kurzfristigen Kleinlieferungen den Transportbedarf jenseits der Bahn zusätzlich steigen lassen.
Straße bleibt mit Abstand größter Güterverkehrsträger
Die Straße wird auch 2040 und darüber hinaus der dominierende Güterverkehrsträger bleiben. Ausgehend von einem Modal Split von 69,3 % Straße und 27,7 % Schiene im Jahr 2019, also vor den Auswirkungen der Corona-Pandemie, haben die Studienautoren im Auftrag des Zentralverbandes Spedition & Logistik drei unterschiedliche Szenarien errechnet. Als wahrscheinlichste Entwicklung wurde daraus ein durchschnittliches Wachstum der Schiene von jährlich 2,2 % bis 2040 und infolge ein Straßengüterverkehrswachstum von 49 % oder 26,5 Milliarden Tonnenkilometern errechnet. Selbst in einem optimistischen Szenario, das von 40 % Schienenanteil im Jahr 2040 ausgeht, würde der Transport auf der Straße noch immer um 21 % zunehmen.
Konstruktive Lösungsansätze abseits der Schiene nötig
Sowohl die bisherige Entwicklung des Modal Split als auch das prognostizierte Wachstum des Straßengüterverkehrs widersprechen deutlich die Zielsetzungen der Europäischen Union, bemängelt Kummer. Während die EU einen Schienenanteil von 30 % bis 2030 und 40 % bis 2040 anstrebt, hat sich dieser in Österreich von über 40 % im Jahr 1980 auf unter 30 % im Jahr 2019 reduziert.
Zugleich bedeutet der zunehmende Güterverkehr auf der Straße eine gegenläufige Entwicklung zu den verbindlichen CO2-Zielen der EU. Sebastian Kummer: „Das genannte optimistische Szenario würde zusätzliche CO2-Emissionen im Ausmaß von jährlich 9,6 Millionen Tonnen bedeuten. Realistisch gesehen müssen wir aber mit jährlich 20 Millionen Tonnen rechnen. Das offenbart, wie dringend wir uns um konstruktive und weitreichende Lösungsansätze, auch abseits der Schiene kümmern müssen.“
Die Antwort auf diese Herausforderungen könne nur ein beide Verkehrsträger umfassendes, integriertes Konzept sein, so Kummer. Es müsse sowohl ineinandergreifende Maßnahmen in der Bahn- und Straßeninfrastruktur als auch die Förderung von Investitionen und nachhaltigkeitsorientierte Gesetzesanpassungen für den Straßengüter- und Schwerverkehr enthalten. Kummer: „Hier geht es nicht um die Frage ‚entweder Schiene oder Straße‘, sondern wo man wie viel dekarbonisieren kann. Angesichts des großen Handlungsbedarfs gilt es aber dort hinzugreifen, wo man am meisten bewirken kann, und das ist eine umgehende Emissionsreduktion im Straßengüterverkehr.“
https://youtu.be/Jx5h_uLRAG0