Corona-Krise : So verändert das Coronavirus den Mobilitätsmarkt in den USA

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Der chinesische Automarkt nimmt langsam wieder Fahrt auf. Ganz anders ist die Situation in Europa und den USA. Gerade in den USA hat das Automobil- und Truck-Geschäft aktuell keinen leichten Stand. Mit der Corona-Krise hatte sich das Geschäft um schwere Nutzfahrzeuge mehr als halbiert. Experte Adam Jonas von Morgan Stanley Research hat sich den US-Markt näher angesehen und eine Liste mit zehn Wahrscheinlichkeiten angelegt, in welche Richtung sich das mobile Geschäft rund ums Fahrzeug entwickeln wird.

Mehr Trucks und Vans

Entgegen der Annahme, dass weniger Fahrzeuge im Markt abgesetzt werden, sorgt ein niedriger Öl- und Gaspreis dafür, dass es einen Aufwärtstrend bei Flottenfahrzeugen geben wird, prognostiziert Jonas. Das würde seiner Ansicht nach besonders auf schwere Nutzfahrzeuge Auswirkungen haben, deren Absatz angekurbelt wird. Unterstützend könnte zudem eine Investition in die US-Infrastruktur wirken, denn gerade große Trucks werden zur Lieferung von Material an die Baustellen benötigt.

Mehr Logistikflotten

Der US-amerikanische Markt ist vom Onlinehandel und E-Commerce stark abhängig. Amazon ist wohl das bekannteste Beispiel neben einer Vielzahl anderer auf den Onlineversand spezialisierter Firmen. Durch diese Bewegung wird auch die KEP-Branche verstärkt beeinflusst. Jonas erkennt hier einen starken Trend in Richtung „Letzte Meile“. Neben mehr Fahrzeugen mit alternativen Antrieben für kürzere Distanzen, stellt sich für ihn ganz klar die Frage, ob nicht die Zustellung per Drohne ausgebaut werden sollte.

Weniger Autohersteller

Rosig sind die Zeiten für die Automobilindustrie nicht. Bereits vor der Coronavirus-Krise stand es um die globalen Automärkte nicht besonders gut. Laut Jonas gab es schon einen klaren Trend der Industrie zu sehen: immer mehr Hersteller versuchen zu fusionieren, bevor sie gänzlich vom Markt verschwinden. Beispiele gibt es. Die börsennotierte VW-Tochter Traton bot erst Anfang des Jahres einen Milliardenbetrag für den Erwerb der Restaktien von Navistar. Auch Fiat Chrysler hat es auf Peugeot als Partner abgesehen, Nissan und Renault zeigten erste Absichten zu einem einzigen Konzern zu verschmelzen.

Alle versuchen möglichst unversehrt wieder aus der Krise zu kommen. „Bereits vor Ausbrauch von Covid-19 fiel uns auf, dass ungewöhnlich viele Fusionen geplant wurden. Wir glauben, dass der ökonomische Schock sowie die darauffolgenden Veränderungen des Kundenverhaltens und die Regierungspolitik der einzelnen Länder starken Einfluss auf solche Entwicklungen haben“, erklärt Jonas.

Weniger Fahrzeughändler

An den Fersen der Hersteller hängen der Autohandel und gesamte Kfz-Aftermarket. Jonas legte in seinen Analysen den Fokus zwar eher auf den Autohandel, er sah sich aber auch das Geschäft mit den schweren Fahrzeugen an. Laut einer Prognose werden die Verkäufe der Truck-Klasse 8 in diesem Jahr einbrechen und die Produktion wird um mehr als die Hälfte auf insgesamt 162.000 Fahrzeuge fallen.

„Die Marktlage bleibt für viele Unternehmen des Händlernetzwerkes herausfordernd, selbst nach dem Abebben der Corona-Krise“, betont Jonas. Im Gegenteil: die Kluft zwischen großen und finanziell besser aufgestellten Händlergruppen, die weiterhin investieren können, und jenen, die nur klein und vergleichsweise finanziell schwach aufgestellt sind, wird sich vergrößern.“

Veränderte Verkaufsprozesse

Die Händler, egal ob sie Privat- oder Nutzfahrzeuge verkaufen, werden verstärkt auf den Onlineverkauf setzen, erwartet Jonas. Tesla ist auch über die Grenzen der USA hinaus ein prominenter Hersteller geworden, der vorrangig nicht mehr auf lokale Verkaufstores setzt, sondern den Onlineverkauf massiv ausgebaut hat. Der direkte Kundenkontakt wird dadurch immer weniger. Überdies würden laut Jonas immer weniger Händler tatsächlich Verkäufer in den Autohäusern benötigen. Die US-Autohandelsgruppe AutoNation musste erst 7.000 Mitarbeiter entlassen, weil die Verkaufszahlen um 50 Prozent eingebrochen sind.

Weniger Pendler

Dass durch die Corona-Krise gestärkte Home-Office scheint gut anzukommen, nicht nur in Europa, sondern auch in den USA. Das wirkt sich auch auf das Verkehrsaufkommen aus, da weniger Privatfahrzeuge auf den Straßen unterwegs sind als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Für Berufskraftfahrer an sich keine schlechte Angelegenheit, werden die Straßen nicht so schnell mit Pkw verstopft. Adam Jonas geht davon aus, dass hier ein Paradigmenwechsel stattfindet – und zwar in großem Stil, der weitreichende Folgen hat. Statt einer „Face-To-Face“-Kultur erleben wir eine Transformation hin zu einer „Online-Meeting“-Kultur. Davon mitgerissen werden auch die Fahrzeugverkäufe, da die Menschen mit weniger Fahrzeugen auskommen.

Jüngere Fahrzeuge

Während in Deutschland eine Verschrottungsprämie im kürzlich beschlossenen Konjunkturprogramm nicht vorgesehen ist und in Österreich Branchenvertreter für eine Ökologisierungsprämie plädieren, verhält es sich in den USA etwas anders. „Ein Weg, wie wieder mehr Fahrzeuge abgesetzt werden könnten, ist eine Abwrackprämie“, meint Jonas.

In den USA lief ein vergleichbares Konjunkturprogramm unter dem Namen „Cash for Clunkers“. Durch die Anschaffung von Neufahrzeugen und die Stilllegung alter Fahrzeuge könnten auch die Emissionen von Fuhrparkflotten gesenkt werden, meint Jonas. Jedoch lässt es der Experte von Morgan Stanley Research offen, ob die Truck-Industrie in den USA den gleichen Weg einschlagen will, der auch für den Pkw-Markt gelten könnte.