Interview : Silotransporte am Limit
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TRAKTUELL: Bitte beschreiben Sie uns kurz Ihr Unternehmen – was machen Sie?
Lukas Strohmeier: Unser Unternehmen ist auf Silotransporte spezialisiert. Wir fahren hauptsächlich mit Futtermitteln und Pellets zu Endkunden, sprich zu Landwirten oder Privathaushalten.
Wie sieht Ihr Fuhrpark aus?
Wir haben 11 Fahrzeuge und einen nahezu markenreinen Volvo-Fuhrpark (10 Volvo, 1 MAN). Davon sind zwei 4-Achs-Tridem-Fahrgestelle, ein 3-Achser Solomotorwagen und der Rest sind 3-Achser mit Tandemanhängern. Drei der Hängerzüge und die zwei Vierachser sind mit On-Board-Wiegesystemen ausgestattet und transportieren Holzpellets zu Endkunden. Ähnlich wie beim Heizöl ist dabei der ganze Lkw mit einem Produkt beladen und hat mehrere Entladestellen. Der Fahrer erstellt direkt am Fahrzeug den Lieferschein anhand der tatsächlich abgegebenen und vor Ort verwogenen Ablademenge.
Die Futtermittelfahrzeuge sind hingegen mit verschiedenen Produkten für unterschiedliche Kunden befüllt. Das Produkt ist bereits verwogen, die Lieferscheine sind beim Fahrer. Dieser beliefert die Kundschaften in der Reihenfolge, wie es für ihn am passendsten ist – das hängt sowohl von der Fahrtroute als auch von der Witterung, der Topografie und den Zufahrtsgegebenheiten ab.
Mit welchen Tonnagen und Motorisierungen sind Sie unterwegs?
Durchschnittlich haben unsere Fahrzeuge 500 PS, das stärkste 540. Die Hängerzüge sind immer mit 40 Tonnen ausgeladen. Das Spannende ist aber der Entladezyklus. Wir haben zwar auch Großkunden, bei denen der ganze Lkw auf einmal entladen wird. Aber in der Regel ist es so, dass der Lkw step-by-step entladen wird, wodurch sich auch die Achsgewichte verlagern. Für den Fahrer ist das eine tägliche Herausforderung, vor allem, wenn er mit dem Hängerzug unterwegs ist. Nicht jede Kundschaft kann mit dem Hänger angefahren werden. Der Chauffeur muss daher oft den Anhänger an geeigneter Stelle stehen lassen und die Ladung auf das Zugfahrzeug umpumpen.
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Verwenden Sie ein Telematiksystem?
Wir benutzen Volvo Dynafleet. Hauptsächlich geht es uns darum, zu wissen, wo die Autos sind. Wir kontrollieren aber keinen Fahrer und fragen ihn, warum er irgendwo eine Viertelstunde stehen geblieben ist. Es geht rein darum festzustellen, wen man im Bedarfsfall zurück zur Firma beordern könnte. Ich muss nicht anrufen, sondern habe alles im Blick: Fahrzeiten, Beladezustand und Füllstände. Besonders praktisch ist für uns auch der Tacho-Download. Es hat sehr viel Zeit beansprucht, als wir früher noch alle 3 Monate mit dem USB-Stick herumgelaufen sind. Das gleiche gilt für die Fahrerkarten: Es muss keiner mehr ins Büro kommen, um die Fahrerkarte auszulesen. Das passiert alles unterwegs über Dynafleet.
Wie bewältigen Sie die topographischen Herausforderung in Ihrem Einsatzgebiet?
Wir haben Fahrzeuge dabei, bei denen die tägliche Gesamtkilometerleistung zu 70 bis 90 Prozent abseits der Autobahn absolviert wird. Es werden also Landstraßen und Nebenstraßen benutzt – nicht um Maut zu sparen, sondern weil die Tour nicht anders fahrbar ist. Wir haben auch Gebiete, in denen es keine Autobahn gibt, beispielsweise die Südwest-Steiermark oder die Obersteiermark, Ennstal, Murtal, Mürztal – da gibt es zwar Autobahnen, aber der Großteil unserer Kundschaften in diesen Gebieten liegt in eher abgelegenerem und bergigem Gelände. Dazu braucht man erfahrene Mitarbeiter, die das Fahrzeug in jeder Situation beherrschen. Denn wir müssen im Winter genauso fahren wie im Sommer. Und wenn ein Bergbauer sein Futter braucht und es hat 20, 30 oder sogar 40 Zentimeter Schnee, dann werden wir das – solange man mit Ketten fahren kann – auch hinbringen. Da reden wir aber von Straßen, wo mancher nicht einmal mehr mit dem Pkw hinfährt. Wir sprechen von Steigungen und Gefällen bis zu 20 Prozent und dabei geht es oft direkt neben der Straße hunderte Meter bergab. Da muss man wissen, was man tut und Angst darf man auch keine haben. Respekt aber auf jeden Fall.
Haben Sie saisonal unterschiedliche Bereifungen für diese speziellen Bedingungen?
Wir fahren das ganze Jahr mit Winterreifen. Aktuell sind wir gerade dabei, die Marke zu wechseln. Wir sind jahrelang mit Nokian gefahren – das ist für uns der absolut beste Winterreifen. Das Problem ist aber die Laufleistung in der warmen Jahreszeit. Und das geht natürlich aufs Geld, wenn man mit dem Reifen nicht über die Saison kommt und dann womöglich zwei bis dreimal im Jahr Reifen wechseln muss. Auch wenn es nur die Antriebsräder sind, ist das, auf die gesamte Flotte gesehen, zu teuer. Daher sehen wir uns jetzt nach Alternativen um, die auch die Straßenhaftung im Winter bringen – in diesem Punkt gibt es meiner Meinung nach keine richtige Konkurrenz zu Nokian. Wir sind dabei, eine akzeptable Lösung zu suchen, bei der wir sowohl mit den Wintereigenschaften als auch mit der Laufleistung zufrieden sind.
Das heißt: Wechsel nur einmal jährlich vor der Wintersaison und dann wird über den ganzen Sommer hindurch weitergefahren?
Genau, das wäre der Wunschtraum. Denn die tiefen Temperaturen, bei denen ein Nokian ohne Ketten gut zu fahren ist, haben wir nur in Ausnahmefällen. Und wenn ich Schneeketten brauche, dann ist der Reifen egal. Da wird auch bei uns nicht lange gefackelt: die Ketten werden nicht erst angelegt, wenn schon Feuer am Dach ist, sondern vorausschauend, anhand der zu erwartenden Strecke. Diese Anweisung gibt es, entscheiden muss der Fahrer aber letztendlich selber.
Sie haben auch Tridem-Fahrzeuge. Das ist eine Konfiguration, die man in Skandinavien sehr häufig antrifft. In Österreich und Mitteleuropa ist das aber durchaus unüblich. Es gibt einige Vorteile, beispielsweise beim Reifenverschleiß und der Wendigkeit. Haben Sie diese Erfahrungen auch gemacht?
Ja, auf der Antriebsachse reduziert sich der Reifenverschleiß enorm. Auch in puncto Wendigkeit ist der Tridem auf alle Fälle im Vorteil gegenüber einem konventionellen 4-Achser Fahrgestell mit zwei getriebenen Achsen und zwei Lenkachsen. Unsere beiden Tridem haben ebenfalls zwei angetriebene Achsen, allerdings auch noch eine lenkbare Nachlaufachse.
Eine Option, die es nur bei Volvo gibt, ist das Doppelkupplungsgetriebe. Haben Sie dieses im Einsatz?
Ja, die letzten vier Neufahrzeuge haben wir mit Doppelkupplung und Volvo Dynamic Steering bestellt (elektronisch unterstützte Lenkung). Ich bin restlos begeistert und die anderen Fahrer sagen dasselbe. Das zügige und vor allem ruckfreie Anfahren in einer durchgehenden, fließenden Bewegung ist vom Fahrgefühl wie bei einem Pkw. Das ist sehr praktisch im Stop-and-Go-Verkehr, denn unsere Futtermittelladestelle liegt direkt in der Grazer Innenstadt. Und vor allem bei Bergauffahrten erreicht man eine viel höhere Durchschnittsgeschwindigkeit. Im Vergleich zu einem normalen I-Shift oder mitunter sogar zu einer manuellen Schaltung hole ich damit viel Zeit heraus, denn es gibt keine Zugkraftunterbrechung beim Schaltvorgang. Und es ist auch ein Vorteil im Winter: Ich muss mir keine Gedanken machen, was passiert, wenn das Auto schaltet. Ich fahre mit dem Lkw jetzt schon ein Jahr lang und habe einen relativ harten Winter damit durchlebt. Ich hätte in keiner Situation gesagt, ich hätte gerne ein anderes Getriebe gehabt. Ich bin vom Doppelkupplungsgetriebe zu hundert Prozent überzeugt.
Wie handhaben Sie das Thema Service?
Wir haben bei allen Fahrzeugen einen Wartungsvertrag in der größten Variante (Gold) auf die längste Laufzeit. Nachdem unsere Fahrzeuge in der Anschaffung sehr teuer sind, fahren wir mit diesen im Schnitt zwischen acht und zehn Jahren, bis zu einer Million Kilometer und darüber hinaus. Es gibt auch viele Standzeiten, in denen der Nebenantrieb benötigt wird. An manchen Tagen ist der Lkw fünfzehn Stunden im Einsatz, die Fahrzeit beträgt aber nur vier bis fünf Stunden. Der Rest ist Entladezeit und dabei muss der Motor laufen, um über den Nebenantrieb den Silokompressor zu betreiben.
Im Wartungsvertrag ist alles inkludiert und wir sind damit vollauf zufrieden. Das sind fix kalkulierbare Kosten und man schläft ruhiger, wenn man weiß: Bei einem Defekt stellt man das Auto in die Werkstatt und muss sich über die Kosten keine Gedanken machen. Und in unserem Fall haben wir kein Service-Intervall von 100.000 Kilometer, sondern nur 30.000 bis 35.000 Kilometer. Wir fahren also zwei bis dreimal pro Jahr zum Service. Wenn man das nicht mit einem Wartungsvertrag abdeckt, dann sind das ziemlich hohe Kosten.
Wie viele Mitarbeiter beschäftigen Sie im Unternehmen?
Für unsere elf Fahrzeuge haben wir dreizehn Chauffeure. Zwei davon sind fixe Springer, die das ganze Jahr beschäftigt sind, um Urlaube und Krankenstände zu substituieren. Die Arbeit im Büro macht mein Vater zusammen mit zwei Mitarbeiterinnen.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Gespräch führte Ludwig Fliesser.
Fotos: Marcel Wressnig und Lukas Strohmeier