#DIESELZEITREISE : Missglückte Versuche: Rudolf Diesel begibt sich auf Fehlersuche

Diesel_1883
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Setzte Rudolf Diesel die Fehlfunktion seines ersten Versuchsmotors zunächst etwas zu, so wurde der geniale Tüftler längst nicht aus der Bahn geworfen. Doch die Zeit saß ihm im Nacken. Alle Verantwortlichen, darunter auch die Maschinenfabrik Augsburg und die Stahlwerke Krupp, waren freilich von der ersten Versuchsreihe enttäuscht und wollten Ergebnisse sehen.

Diesel konnte ihnen nicht bieten, was sie wollten: einen funktionstüchtigen Motor, der mit flüssigem Brennstoff betrieben wird. Am 23. August 1893, nach insgesamt 38 Tagen Versuchszeit, schrieb Diesel sein Abschlussprotokoll, das er anschließend an MAN-Direktor Heinrich Buz überreichte.

Unglücklicherweise wählte er eine Formulierung, die durchaus als Überheblichkeit interpretiert werden könnte: „Die Durchführbarkeit des Prozesses an sich ist selbst mit dieser unvollkommenen Maschine als erwiesen zu betrachten.“ Bei genauerer Betrachtung hat ihm die Versuchsserie aber tatsächlich einen Erkenntnisgewinn beschert.

Seine Schlussfolgerungen notierte er umgehend: So hielt er schriftlich unter anderem fest, dass eine automatische Verbrennung ohne künstliche Hilfe stattgefunden habe, dass das Ein- vom Auslassventil voneinander zu trennen sei und die Einspritzvorrichtung verbessert werden müsse.

Diesel geht mit neuem Elan an die Sache

Dennoch kehrte Diesel Augsburg erst einmal den Rücken. Er brauchte nach den Geschehnissen eine Auszeit und wollte sich nach Berlin zu seiner Familie zurückziehen, dort seine gesammelten pläne überdenken und neue Zeichen für einen völligen Umbau seiner Maschine anfertigen. Bereits bei seiner erneuten Ankunft in Augsburg hatte Diesel neue Zeichnungen einer überarbeiteten Maschine im Gepäck.

Richtig erholt haben dürfte sich der Tüftler in Berlin nur wenig, wenn gar nicht. Während sich andere in der spätsommerlichen Hitze auf den Parkbänken bräunten, ließ den Tüftler offenbar die Frage nach dem „Warum“ keine Sekunde mehr Frieden. „Was ist bloß mit dem Motor los?“ schallte es nicht nur einmal durch den Raum.

Nun sind die Arbeiter gerade dabei, seinen ersten Versuchsmotor, der die Bezeichnung 15/40 trug, zu demontieren, um Platz für seinen Neuentwurf zu schaffen. Bei Möglichkeiten werden alte Teile wiederverwertet. Der gesamte Unterbau bis hin zum oberen Zylinderflansch soll bei der umgebauten, verbesserten Maschine Verwendung finden.

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Fünf Monate wird die Fertigstellung des neuen Versuchsmotor voraussichtlich dauern. Verbessert werden sollen insbesondere die Kolben und die Kraftstoffzufuhr in den Zylinder. Getrennt wird zudem das Ein- und Auslassventil. Laut Diesel wird vor allem die, wie er es in eigenen Worten formulierte, "tastende Aufsuchung" der richtigen Form, Größe und Lage des Kompressionsraumes im Zylinder zur Königsaufgabe werden. Wir werden sehen, wie sich der neue, zweite Versuchsmotor später schlagen wird.

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Erkenntnisgewinn bringt ein Umdenken

Rudolf Diesel fasste die nach dem Erscheinen seines Buches und der Bekanntmachung seiner Patentschrift DRP 67207 aufkommende Kritik von Fachleuten durchaus ernst auf, spielte sie aber gegenüber seinen anfangs noch skeptischen Geschäftspartnern in ihrer Bedeutung herunter. Nach außen hin hielt er wenigstens zunächst an seiner Idee der erstmaligen Verwirklichung des Carnot-Prozesses mit extrem hohen Wirkungsgraden fest und verteidigte sein Motorenkonzept gegenüber allen Zweiflern.

Diesel sah sich jedoch zusehends in eine äußerst prekäre Lage versetzt: Auf der einen Seite konnten sich seine Kritiker, die alle viel mehr praktische Erfahrungen mit Verbrennungsmotoren besaßen als er selbst, nicht grundlegend in ihren Auffassungen irren. Andererseits hatte der Erfinder in seinem Buch den Motor genau berechnet und beschrieben und sich eine Verbrennungsmaschine patentieren lassen, die nach dem Carnot-Prozess arbeitet.

Rudolf hielt sich mit Eigenkritik wohl auch aus taktischem Kalkül zurück. Er hatte große Angst davor, dass sein Motor niemals nach dem Carnot-Prinzip funktioniert und somit und der Patentschutz deswegen nicht weiter greifen würde. Seine Verträge mit der Industrie wären dann Geschichte gewesen. Aus dieser Sicht ist auch verständlich, warum Diesel niemals klar zugeben würde, was an seinem Grundpatent 67207 nicht ausführbar ist.

Diesel modifiziert seinen Ursprungsplan

Die Argumente anerkannter Fachleute ließen ihn dennoch verstärkt darüber grübeln. Insbesondere, wie die äußerst schmalen Druck-Volumen-Diagramme des Carnot-Kreisprozesses durch ein anderes, günstigeres Arbeitsverfahren verbreitert werden können, so dass am Ende mehr Nutzleistung entsteht.

Wie Diesel gestand, beschäftigte ihn das Thema bereits seit Mitte des Jahres 1893, noch bevor die Versuchsreihe mit seinem ersten Motor startete. Jedoch war es so, dass die ersten Motorteile für den Versuchsmotor 15/40 bereits in Fertigung waren und er die Dinge nicht mehr aufzuhalten vermochte. Die Zweifel dürften ihn innerlich zugesetzt haben und nur aus Angst vor Hohn und Spott hielt er sein Umdenken so geheim wie möglich. Bereits im Juni deutete er vorsichtig an, dass er einige theoretische Punkte seines Prozesses aus Zeitmangel erst jetzt näher untersuchen konnte. Diesel hielt etwa fest, dass „durch eine etwas veränderte Führung des Processes die Cylinder noch wesentlich reduciert werden können.“

Nach Abschluss der missglückten Versuche mit dem ersten Versuchsmotor 15/40 im August 1893 stand für Diesel endgültig die Abkehr von seinem bisherigen Konzept fest. Er hatte wohl eingesehen, dass ein hoher Wirkungsgrad wenig nützt, wenn ein Motor keine oder nur geringe Nutzleistung erbringt. Diesel bediente sich von Anfang an seinem Wissen über Thermodynamik und der isothermischen Verbrennung, als er noch an der Konzeption seines ersten Versuchsmotors saß. Praktische Erfahrungen hatte er keine lange Zeit gar keine; das hatte sich nun geändert: Der Theoretiker ist zum Praktiker geworden und er weiß, wo die Schwächen seines Motors liegen könnten.

Während der unzähligen Wartezeiten in seinem „Laboratorium“ zwischen den Versuchen, stellte Diesel neue Berechnungen an, die er in einer handschriftlichen Abhandlung „Wie arbeitet der Motor am günstigsten“ zusammenfasste. Darin kommt er zu dem Schluss, dass bei gleich hoher Verdichtung eine Verbrennung des Kraftstoffs bei konstantem Druck bereitere Diagramme als bei der Verbrennung bei konstanter Temperatur, wie im Fall des Carnot-Prozesses, ergeben müsste. Er war sich sicher, dass dem Carnotschen Kreisprozess sein Ruf als „einzig vollkommener“ nur theoretisch gebühre, und dass für die praktische Maschine nicht die Maximaltemperatur, sondern der Maximaldruck ausschlaggebend sei. Diesel fasst zusammen:

Die Verbrennung bei constanter Temperatur ist ganz ausgeschlossen.

Die Verbrennung bei constantem Druck ist die einzig zu wählende.

Die Compression braucht dabei jedoch nicht bis auf 800 Grad zu gehen, sondern kann auch bei 700 Grad stehen bleiben, da die Resultate dabei kaum abnehmen (die Mitteltemperatur, wird aber etwas höher).

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