Automatisierung : Fraunhofer lässt den automatisierten Lkw auf das Betriebsgelände

© Fraunhofer IVI

Auf abgegrenzten logistischen Betriebszonen möchte das Fraunhofer Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme IVI im Verbundprojekt „AutoTruck“ automatisierte Lkw testen. Dafür stellt die Kölner Spedition Emons eigens ihren Betriebshof zur Verfügung. Die Ergebnisse sollen dann auch in die Forschung zu selbstfahrenden Fahrzeugen für den normalen Straßenverkehr einfließen.

Ein Szenario der Kooperationspartner sieht vor, dass der Fahrer mit seinem Lkw am Betriebsgelände einer Firma ankommt und die Arbeit dann an einen Operator übergibt, der das Fahrzeug in automatisiertem Modus zur gewünschten Laderampe manövriert. Laut Fraunhofer sei es möglich, dass ein einzelner Operateur zum Beispiel in München 30 oder auch 50 Fahrzeuge in Dresden von einer Zentrale aus steuert.

Kernstück ist der Online-Leitstand

Kernstück der Fraunhofer-Entwicklung ist ein spezieller Online-Leitstand, genauer gesagt das System "HelyOS" („Highly efficient online yard operating system“). Damit können die Fahrzeuge auf einer digitalen Landkarte im Internet dargestellt werden. Im Leitstand kann ein Operator nicht nur sehen, wo sich die einzelnen Fahrzeuge befinden, sondern diese auch überwachen und Statusinfos wie Akku-Füllstand, Beladezustand und ähnliches abrufen.

Überdies kann der Operator Missionen und Arbeitsaufträge an die Fahrzeuge schicken, indem er zum Beispiel auf der Karte eine bestimmte Zielposition anklickt. Auf einen solchen Klick hin startet der Leitstand die Live-Manöverplanung „TruckTrix“, die ebenfalls dem Fraunhofer IVI entstammt. Diese berechnet den vollständigen Weg, den der Lkw entlangfahren soll.

Die Live-Manöverplanung berechnet den vollständigen Weg, den der Lkw entlangfahren soll. Dabei berücksichtigt das System nicht nur die Geometrie des Fahrzeugs, sondern auch feste Hindernisse und die Bahnen der anderen selbstfahrenden Fahrzeuge. Um die festen Hindernisse mit einberechnen zu können, haben die Forscher die Karten um die entsprechenden Informationen erweitert, ebenso wie um die Angaben, wo befahrbare Bereiche liegen. TruckTrix ist als Online-Dienst über eine Schnittstelle für Anwender und Kunden verfügbar.

Die berechneten Wege werden an die Lkw geschickt, in die Fraunhofer IVI-Forscher marktgängige elektrische Steuerelemente integriert haben. Regelalgorithmen, ebenfalls aus dem Fraunhofer IVI, steuern den Antrieb und die Lenkung so an, dass die Soll- und die Ist-Positionen stets übereinstimmen. Das Ortungssystem des federführenden Partners Götting KG bestimmt dafür fortlaufend, wo sich der Lkw in der Automatisierungszone befindet.

Automatisierungszonen als sichere Zonen

Die Geschwindigkeiten, mit denen die Fahrzeuge in automatisiertem Modus getestet werden, liegt bei maximal 15 bis 20 Stundenkilometern, und damit deutlich niedriger als im Straßenverkehr.

„Gegenüber dem Straßenverkehr haben speziell eingerichtete Automatisierungszonen einen entscheidenden Vorteil: Dort können zulassungsfähige, automatisierte Fahrzeuge schon in naher Zukunft eingesetzt werden“, erklärt Sebastian Wagner, Gruppenleiter am Fraunhofer IVI. „In diesen räumlich abgegrenzten Gebieten herrschen zwar kontrollierte Bedingungen.

Dennoch müssen auch hier wesentliche Herausforderungen gelöst werden, die für den öffentlichen Straßenverkehr relevant und übertragbar sind.“ Zudem würden die autonomen Fahrzeuge Tag und Nacht agieren, machen weniger Fehler, die Unfallzahlen sinken ebenso wie die Kosten.

Erste eigenständige Fahrt im Sommer 2019

Im Frühjahr 2018 wurde ein Lkw, der von den Industriepartnern auf Elektroantrieb umgerüstet wurde, an das Fraunhofer IVI übergeben. Gespeist wird der Elektromotor mit 305 Kilowatt Dauerleistung aus Lithium-Eisen-Phosphat-Batterien. Weitere Einbauten wie zum Beispiel Sensoren, Aktuatoren und Steuergeräte für das autonome Fahren sind in den nächsten Monaten vorgesehen.

In gut einem Jahr soll das Fahrzeug dann seine erste eigenständige Fahrt unternehmen. „Viele der entwickelten Technologien lassen sich mittel- bis langfristig auf den öffentlichen Straßenverkehr übertragen“, betont Wagner, „etwa die Regelalgorithmen, die Hinderniserkennung, die Ortungslösung oder auch die Kommunikation zwischen Lkw und Infrastruktur.“

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