DIESEL-FAHRVERBOTE : "Diesel-Fahrverbote zielen nur auf die Symptome ab"
Letzte Woche konnte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig noch keine Entscheidung über die Zulässigkeit von Fahrverboten für Dieselfahrzeuge treffen. Damit ist die Frage, ob Kommunen bestimmte Fahrzeuge vom Verkehr ausschließen können noch nicht endgültig geklärt.
Finanzielle Anreize müssen geschaffen werden
Bereits im Vorfeld ruft der Verband der Technischen Überwachungs-Vereine (VdTÜV) die deutsche Bundesregierung zum Handeln auf: „Diesel-Fahrverbote zielen nur auf die Symptome ab, wir brauchen aber ein umfassendes Maßnahmenpaket, um die Ursachen zu bekämpfen“, erklärt Richard Goebelt, Bereichsleiter Mobilität beim deutschen VdTÜV.
Das milliardenschwere Sofortprogramm, das die Bundesregierung im vergangenen November vereinbart hatte, müsse nun zügig und unbürokratisch umgesetzt werden, erklärt Goebelt. Insbesondere für die Nachrüstung von Fahrzeugflotten, Bussen und schweren Lkw im innerstädtischen Verkehr müssten finanzielle Anreize geschaffen werden.
In Sachen Hardware-Nachrüstung von betroffenen Fahrzeugmodellen müsse zudem die Sinnfrage in den Vordergrund gerückt werden, ob eine technische Nachrüstung auch ihre erhoffte Wirkung entfaltet, technisch leistbar und finanziell vertretbar ist, so Goebelt. Die Zukunft sieht der Mobilitätsexperte im Bereich multimodaler Verkehrskonzepte: Hierzu bräuchte es aber klare Vorschläge und Orientierungshilfen für die Kommunen zur praktischen Umsetzung.
Lediglich eine „Symptombekämpfung“ sieht auch der Verband der Verkehrswirtschaft und Logistik Nordrhein-Westfalen. Tatsächliche Effizienz könne nur eine durchdachte Straßenplanung bringen. Auch Ampelphasen müssten an stark frequentierten Verkehrspunkten effizienter gestaltet werden. Letztlich habe auch Brüssel noch ein Wörtchen mitzureden, denn Verstöße gegen Emissionsgrenzwerte würden von der europäischen Union ohnehin mit hohen Bußgeldern sanktioniert, gibt ein Sprecher des Verbands der Verkehrswirtschaft und Logistik Nordrhein-Westfalen (VVWL) zu bedenken.
Auf Anfrage reagierte ein Sprecher der WKO-Sparte Transport und Verkehr gelassen. Zwar könne man nicht in die Köpfe der Richter hineinblicken, es sei jedoch wenig wahrscheinlich, dass das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eine „Hauruck-Aktion“ durchführen wird. In der City-Logistik gebe es zwar noch viel Potenzial durch alternative Antriebe, Alternativen zum Schwerverkehr gebe es aber keine, gab der Sprecher zu bedenken.
Direkter Zugriff auf die Fahrzeugsoftware
Seit langem setzt sich der VdTÜV für eine Weiterentwicklung der Abgasuntersuchung ein.
Die EU-Kommission geht davon aus, dass fünf Prozent der defekten oder manipulierten Fahrzeuge für 25 Prozent der Luftverschmutzung in Europa verantwortlich sind. „Mehrere nationale und internationale Vergleichsstudien belegen, dass die Abgasuntersuchung in ihrer aktuellen Form Defekte und Manipulationen nicht immer verlässlich aufdecken kann", erläutert Goebelt.
Um Manipulationen an einem Fahrzeug im Rahmen der Abgasuntersuchung wirklich erkennen zu können, benötigen die TÜV-Organisationen einen direkten Zugriff auf die Software des Fahrzeugs. „Dafür fehlt aber nach wie vor die gesetzliche Grundlage,“ kritisiert der Experte. „Es wird die Aufgabe der neuen Bundesregierung sein, auch hier die Möglichkeiten zur Manipulation durch wirkungsvolle Prüfvorschriften zu unterbinden.“ Das gleiche gilt für eine zukünftige Überprüfung der Stickoxide-Emissionen, die momentan noch nicht Gegenstand der Abgasuntersuchungen sind. Hierzu müsse allerdings noch die Messmethode entsprechend validiert werden.
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