Plug-in-Hybrid : Der Feuerwehr-Truck der Zukunft
Auf der E-Mobilitäts-Konferenz „A3PS“ Mitte November zeigte der Einsatzfahrzeughersteller Rosenbauer die Richtung, in die es bei der Feuerwehr künftig gehen könnte: Sie heißt "Concept Fire Truck“ (CFT). Gemeinsam habe Rosenbauer mit dem deutschen Zukunftsinstitut daran gearbeitet, entsprechende „Megatrends“ für den Feuerwehr-Bereich zu identifizieren, sagte Michael Friedmann, Head of Group Strategy, Innovation & Marketing bei Rosenbauer, in seinem Vortrag. In der „Firefighting Trend Map“ finden sich auch jene Trends wieder, die bereits hinlänglich bekannt sind - darunter Urbanisierung, Konnektivität, Individualisierung, Globalisierung sowie Klima- und demografischer Wandel.
Klima und Umwelt im Fokus
Doch auch der Megatrend „Neo-Ökologie“ ist nicht unwesentlich, zum Beispiel beschäftigt das Thema „Löschschaum und Umweltverträglichkeit“ die Feuerwehren mittlerweile schon seit einigen Jahren, schreibt Rosenbauer in einem Blog-Beitrag auf der Unternehmenswebseite. So eignen sich zum Beispiel Löschschäume zwar zur Bekämpfung von Feststoff- und Flüssigkeits-Bränden, jedoch sind nicht alle sich im Umlauf befindenden (fluortensidhaltigen) Schaummittel für Mensch und Natur unbedenklich.
Die falsche Anwendung oder Entsorgung kann zu erheblichen Umweltschäden führen. Der umweltbewusste und ressourcenschonende Umgang mit Löschmitteln - insbesondere jener von Schaummittelzusätzen - wird daher auch in Zukunft bei den Feuerwehren weiter zunehmen. Diese verstärkten Umwälzungen im sozialen Gefüge würden auch Auswirkungen auf die Branche der Feuerwehr haben, so Friedmann. Insgesamt seien es jedenfalls 13 identifizierbare Trends, die für die zukünftige Ausrichtung der Feuerwehr Relevanz hätten. Das von Rosenbauer entworfene Konzeptfahrzeug soll diesen Anforderungen gerecht werden.
Amsterdam und Berlin testen
Die Präsentation des Concept Fire Trucks fand bereits im Herbst 2016 statt. Auf der Ars Electronica in Linz hatte das Fahrzeug unter dem Begriff „Die Zukunft des Helfens“ ebenfalls einen Auftritt. Hinsichtlich der Funktionalitäten werden an den Concept Fire Truck besondere Anforderungen gestellt, wie Fahrsicherheit, Agilität (kleine Wendekreise), einfache Bedienung, Ergonomie und Fahrperformance.
Rosenbauer testet bereits ein Vorserienfahrzeug auf Basis des Concept Fire Truck gemeinsam mit der Berliner Feuerwehr. Gemeinsam wurde das Partnerprojekt „eLHF“ (elektrisches Lösch- und Hilfeleistungsfahrzeug) ins Leben gerufen. Ziel ist es, in den nächsten zwei Jahren ein entsprechendes hochmodernes Fahrzeug zu entwickeln, das über einen hybriden Antrieb verfügt. Rosenbauer Australia, ein Unternehmen der Rosenbauer-Gruppe, und die Regierung des Australian Capital Territory (ACT) rund um die Hauptstadt Canberra, planen in den nächsten zwei Jahren gemeinsam ein Plug-in Hybrid-Elektro-Einsatzfahrzeug für den Dienstbetrieb weiterzuentwickeln.
Aktuell wird ein Vorserienfahrzeug auch im Rahmen einer zweijährigen Kooperation mit der Feuerwehr Amsterdam einem umfassenden Praxistest unterzogen. Hierbei wird es beim täglichen Einsatzdienst in den engen Straßen der niederländischen Hauptstadt analysiert. Das Projekt startet nach einer Implementierungsphase mit der Übergabe eines Vorserienfahrzeuges zum Jahresende 2020. Amsterdam ist damit nach Berlin die zweite europäische Hauptstadt, deren Feuerwehr sich auf die Integration eines hybriden Feuerwehrfahrzeuges in den Realbetrieb vorbereitet.
E-Autos mit neuem Gefahrenpotenzial
Angeheizt durch die laufenden Debatten rund um die Klimakrise und durch ihre immer augenscheinlicheren Auswirkungen, erscheint auch die Energiewende im Sinne der vermehrten Nutzung von nicht-fossilen Energieressourcen wie zum Beispiel Photovoltaik, Wind- und Wasserkraft an Fahrt zu gewinnen. In der Praxis würde dies auch bedeuten, dass immer mehr Privathaushalte zu eigenen Energieproduzenten werden, mit PV-Anlagen am Dach und Energiespeichern in der Garage, was für Feuerwehren wiederum ein erhöhtes Gefahrenpotential darstellt.
Hinzu kommt die zunehmende Zahl an E-Autos im Straßenverkehr, deren Batteriespeicher im Brandfall mit aktuell verfügbaren Mitteln nur sehr schwer zu löschen sind. Im Crashfall müssen sie aufgrund der hochvoltführenden Leitungen in der Karosserie mit besonderer Vorsicht beim Einsatz von hydraulischen oder elektrischen Rettungsgeräten von der Feuerwehr bearbeitet werden.
Nachteile für Feuerwehren
Von technischer Seite gibt es bestimmte Anforderungen, die ein vollelektrisches Einsatzfahrzeug erfüllen muss, wodurch es sich nicht leicht zu realisieren ist. Michael Friedman nennt in seinem Vortrag drei Gründe: Erstens wirkt sich das Gewicht der verbauten Akkus auf das höchstzulässige Gesamtgewicht des Trucks aus. Wird dieses überstiegen, dann dürften diese nicht mehr auf bestimmten Straßenabschnitten (z.B. Brücken) unterwegs sein.
Die Rede ist von etwa 1,7 Tonnen, die durch den Einsatz von Akkus in Löschfahrzeugen eingebüßt würden. Ein weiteres Problem ist, die bauliche Anordnung im Fahrzeug, da das Equipment der Feuerwehrmänner ausreichend Platz benötigt, die Akkus jedoch Stauraum brauchen. Zu guter Letzt muss eine Feuerlöschpumpe nach europäischen Standards mindestens vier Stunden operieren können, der Verbrauch liegt im Bereich von 150 Kilowatt, so Friedmann.
Dieser Verbrauchswert würde die Verwendungsdauer jedoch stark einschränken. Die Batteriekapazität müsste bei 600 Kilowattstunden liegen - ein Anhänger mit zusätzlichem Akku, wäre dann notwendig, so Friedmann. Schwere Feuerwehrfahrzeuge sind aber bei Großereignissen schnell zehn, 15 oder 20 Stunden im Einsatz. Hinzu gesellen sich noch die identifizierten "Megatrends" der Zukunft, die die Konstruktion eines reinen E-Löschfahrzeugs anspruchsvoller gestalten. Somit ist das aktuelle Konzeptfahrzeug von Rosenbauer mit einem Hybridantrieb anstelle eines reinen E-Antriebs ausgestattet.
E-Antrieb von Volvo, Verbrenner von BMW
Zur Anwendung kommt ein E-Antriebssystem von Volvo Penta, das Lithium-Ionen-Batterien von 60 Kilowattstunden und zwei Elektromotoren mit einer Spitze von 180 Kilowatt umfasst. Volvo Penta liefert bereits seit 2012 seine D16-Motoren für das Flughafenlöschfahrzeug Panther, darüber hinaus wird bei den Löschfahrzeugen der AT- und ET-Modellreihe mit Volvo Trucks zusammengearbeitet.
Auf Seiten des Verbrenners greift Rosenbauer auf die Hilfe seines Kooperationspartners BMW zurück. In den Concept Fire Truck werden ein BMW B57-Sechszylinder Dieselmotor 200 Kilowatt Leistung und 600 Newtonmetern Drehmoment.
Rosenbauer schätzt, dass sich 2030 der weltweite Bestand an Fahrzeugen mit einer, dem CFT ähnlichen Technologie auf rund 3.200 Stück belaufen wird, in Europa könnten 2025 bereits 700 bis 800 derartige Fahrzeuge im Einsatz sein. Aber wie sieht es mit der Wirtschaftlichkeit aus? Kann sich eine Gesellschaft, eine Feuerwehr so ein Fahrzeug künftig überhaupt leisten?
Einsparungspotenzial bei Energie und Wartung
Im Vordergrund sollte der Nutzen stehen, der durch dieses Fahrzeugkonzept geschaffen werden kann, betont der Hersteller. Diesem Nutzen kann ein Wert beigemessen werden, der sogenannte Nutzwert. Wesentlich dabei ist, dass dieser Nutzwert über den Produktlebenszyklus im Verhältnis zum Anschaffungswert gesehen wird und so eine gesamtheitliche Betrachtung ermöglicht wird.
Der Nutzen beziehungsweise der Nutzwert kann im Vergleich zu derzeit eingesetzten Fahrzeugkonzepten erfolgen, sinnvollerweise jedoch auch im direkten Vergleich zu künftigen möglichen Konzepten, die auf elektrifizierten Lkw aufbauen. Dabei können wir direkte und indirekte Nutzwertpotentiale unterscheiden.
Aus dem Antriebskonzept des CFT beziehungsweise künftigen Serienfahrzeugen mit CFT-Technologie ergibt sich der Nutzwert in Form von Einsparungspotentialen bei den Wartungskosten, insbesondere jedoch bei den Energiekosten. Geht man von einem zu 90 Prozent elektrischen Betrieb des Fahrzeuges bei einer durchschnittlichen jährlichen Laufleistung einer Berufsfeuerwehr von 10.000 Kilometer aus, so kann auf Basis der derzeitigen Energiekosten eine jährliche Einsparung von mehreren tausend Euro erzielt werden, rechnet das Unternehmen vor.