Fachmesse : CES 2019: Die urbane E-Mobilität beginnt mit dem selbstfahrenden Minibus

© Schaeffler

Fahrerlose Minibusse, sogenannte Shuttles, die mit Elektroantrieb nahezu geräuschlos durch die Innenstädte surren, nahtlos mit ihrem Umfeld vernetzt sind und auf Abruf vollkommen ohne Fahrer zu einem kommen. So skizzieren die beiden Automobilzulieferer Bosch und Schaeffler die Zukunft der Mobilität auf der diesjährigen Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas. Dazu muss nur das Smartphone gezückt und eine Fahrt per App gebucht werden. Im Hintergrund erkennt ein intelligenter Algorithmus, welches Fahrzeug am schnellsten am gewünschten Ort ist und welche anderen Nutzer eine ähnliche Strecke fahren wollen. Die Mobilitätskräfte sollen sozusagen gebündelt werden, was dem Verbrauch und der Fahrzeit zugutekommt.

Die Konzepte beider Automobilzulieferer gehen davon aus, dass wir uns vom Individualverkehr, wie wir ihn kennen und gewohnt sind, wohl oder übel verabschieden müssen. Zwar versuchte Peter Gutzmer, stellvertretender Vorstandvorsitzender und Vorstand Technologie von Schaeffler das während einer Pressekonferenz ein wenig zu relativieren, doch die Sache ist für das Unternehmen offensichtlich. Mehr Menschen werden durch On-Demand-Konzepte gebündelt befördert werden müssen. Shuttle-Konzept-Fahrzeuge mit elektrischem Antrieb sind ein Teil davon. Ein Beispiel ist die bereits vorgestellte Studie Schaeffler Mover. Es gibt aber noch zahlreiche andere Hersteller, die an solchen Fahrzeugen forschen, etwa Navya oder e.Go Mobile, ein Kooperationsprojekt mit dem Zulieferer ZF.

Neuartige, autonome Antriebskonzepte

Dass sich die beiden Tech-Unternehmen auf das Fahrzeugsegment kleiner batterieelektrischer Busse konzentrieren, kommt nicht von ungefähr. Dieses Fahrzeugsegment entsteht als Resultat der steigenden Nachfrage nach Mitfahrdiensten. Laut Roland-Berger-Studie sollen allein in Europa, den USA und China Jahr 2020 rund eine Million On-Demand-Shuttlebusse unterwegs sein. Darauf bauen Automobilhersteller und Automobilzulieferer gleichermaßen.

Dazu benötigt es neuartige, autonome Antriebskonzepte. Eines davon ist das Antriebsmodul Schaeffer Intelligent Corner Module. Hierbei sind alle Antriebs- und Fahrwerkskomponenten platzsparend in einer Baueinheit untergebracht. Radnabenmotor, ein E-Motor, der direkt im Rad sitzt, Radaufhängung inklusive Federung und die elektromagnetische Lenkung. Letzte ist als elektromagnetisches Steer-by-wire-System ausgeführt. Der Clou am intelligenten Eckmodul ist ein Radeinschlag von bis zu 90 Grad. Damit lässt sich ein selbstfahrender Kleinbus aus dem Stand aus einer Parklücke fahren, ohne manövrieren zu müssen. Die Plattform des Mover ist darauf ausgelegt, verschiedene Fahrzeugaufbauten vom Robo-Taxi bis hin zum autonomen Lieferfahrzeug umzusetzen. Bosch hat wiederum den Innenraum eines eigenen Konzeptfahrzeugs mit Platz für vier Fahrgäste konzipiert.

Autonom agierende Fahrzeuge benötigen weder Lenkrad noch Pedale zum Beschleunigen oder Bremsen. Diese werden durch digitale Bedienelemente wie Joystick, Notebook oder Smartphone-App ersetzt. Die Steuerung erfolgt nicht mehr mechanisch, sondern innerhalb von Nanosekunden über Kabel durch elektronische Impulse. Genannt wird diese Technologie Drive-by-wire. Überhaupt verliert die Fahrerkabine an Bedeutung und wird zugunsten des Fahrgastraumes weichen, so die Vision. Prototypen dieser Art gibt es bereits und werden von verschiedenen Unternehmen zu Testzwecken eingesetzt.

Cloud als Schlüsselfunktion

Um die essentielle Technik – darunter Komponenten zur Automatisierung, Elektrifizierung und Vernetzung – möchten sich das dann sowohl Bosch als auch Schaeffler kümmern, die sich das Gebiet gegenseitig streitig machen. „Ohne digitale Services von Bosch wird in Zukunft kein Fahrzeug mehr unterwegs sein“, verlautbarte Bosch-Geschäftsführer Markus Heyn vollmundig. Bosch entwickelt und fertig zum Beispiel Radar-, Video- und Ultraschallsensoren, Bremsregelsysteme und elektrische Servolenkungen für die Automatisierung. Für Bosch und Schaeffler steht auch fest, dass erst die Verbindung der Technik mit Mobilitätsdiensten die On-Demand-Transportmittel alltagstauglich und flexibel nutzbar machen.

Die Vernetzung ist bei autonomen Stadtfahrzeugen eine entscheidende Voraussetzung für den reibungslosen Betrieb. Die Cloud wird eine wichtige Rolle spielen. Die Updates aus der Datenwolke und die vorausschauende Ferndiagnose bündelt Bosch künftig in einer übergreifenden Vernetzungsplattform. Zwar haben Fahrzeughersteller und Betreiber der Shuttle-Dienste jederzeit einen Überblick über den Zustand der Flotte und gehen sicher, dass ihre Shuttles einsatzbereit sind, im Gegenzug macht das die Fahrzeughersteller und Betreiber jedoch transparenter als jemals zuvor.

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