Holzlogistik : Hier funktioniert der Holztransport kontaktlos

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Auf dem neuen zehn Hektar großen Holzlagerplatz in Amstetten in Niederösterreich wurde der gesamte Lagerprozess umgekrempelt: Zugunsten einer Hightech-Vermessungsstation und eines elektronischen Verladungsprozesses für Lastwagen, der zur Gänze kontaktlos abläuft. Österreichweit ist diese Form der Holzübernahme einzigartig.

Zunächst als Testprojekt ausgelegt

„Für uns ist dies ist die erste Anlage dieser Art“, erklärt Rudolf Freidhager, Vorstand der Österreichischen Bundesforste (ÖBf). Erst im Sommer dieses Jahres wurde gemeinsam mit Papierholz Austria der neue, durchdigitalisierte Lagerplatz in Betrieb genommen. Das Pilotprojekt dient vor allem einem Zweck: der Entlastung des Holzmarktes. Denn es handelt sich um eine Region, die durch das Borkenkäferaufkommen besonders stark betroffen ist.

Damit das befallene Käferholz rasch aus dem Wald gebracht und in sicherer Entfernung gelagert werden kann, trägt der neue Hightech-Holzlagerplatz wesentlich zum Forstschutz bei. Einen weiteren positiven Nebeneffekt gebe es zudem: „Gerade in diesen schwierigen Zeiten wird durch die kontaktlose Holzlogistik für maximale Sicherheit gesorgt“, so Freidhager.

Neue, digitale Holzdrehscheibe

Die neue Holzdrehscheibe soll einen wichtigen Impuls für die Forstwirtschaft liefern. Die kontaktlose Frachtabwicklung wurde gemeinsam mit dem steirischen Unternehmen felix systems als Logistikpartner weiterentwickelt. „Über 40.000 Festmeter Holz wurden bereits über das neue System abgewickelt“, zieht Freidhager nach den ersten Monaten Testbetrieb Bilanz.

Bisher habe alles reibungslos funktioniert: „Ab Jänner 2021 startet der Vollbetrieb", sagt Freidhager. Aktuell sind über 150.000 Festmeter Holz auf dem neuen Holzlagerplatz eingelagert, was einer Menge von rund 5.000 Lkw-Ladungen an Holz entspricht.

Für diesen jüngsten Schritt in der elektronischen Lieferkette mussten bauliche Maßnahmen gesetzt werden, wie etwa die Errichtung einer Schrankenanlage, die Erweiterung des bestehenden IT-Systems und der Einsatz neuer Software. Insgesamt wurden rund 600.000 Euro in den neuen Lagerplatz investiert.

Der Holztransport: Schritt für Schritt

Die Anmeldung des Lkws am Lagerplatz erfolgt automatisch per Kennzeichenerkennung. Mittels Kamera wird das Kennzeichen erkannt, die Lieferung einem Auftrag zugeordnet und der Lastwagen mitsamt dem Sattelauflieger zur Verwiegung weitergeleitet. Die Verwiegung erfolgt auf einer mit Sensoren ausgestatteten mobilen Brückenwaage vollautomatisch ohne Ein- oder Aussteigen.

Weder das Bedienen eines Terminals noch eines Touchscreens sind erforderlich. Neben der exakten elektronischen Ermittlung des Gewichts wird die Ladung fotodokumentiert. Mit Holz vollbeladen kommen rund 40 Tonnen auf die Waage. Nach erfolgreicher Verwiegung gibt die Brücken-Ampel grünes Licht und leitet den Lastwagen zur Verladung weiter.

„In Summe dauert die Holzübernahme nicht länger als 40 Sekunden – und das kontaktlos“, betont Freidhager. "Eine komplette Lkw-Ladung - im Schnitt rund 30 Festmeter Holz - könne so in kürzester Zeit erhoben und die Daten aufgenommen werden “, erklärt Freidhager über das neue System. Im Vollbetrieb können auf diese Weise rund 30 bis 40 Wagen für den Holztransport pro Stunde über die elektronische Vermessung abgewickelt werden.

Eigener Anschluss an das Bahnnetz

Auch ein eigener Bahnanschluss wurde in die Prozesskette eingegliedert, in der von der Bestellung über die Einsatzplanung und Holzernte bis hin zur Lieferung und Abrechnung jeder Schritt digital abgebildet ist. Die neue Holzdrehscheibe wird sowohl für die Lagerung von ÖBf-eigenem Holz genutzt, als auch Dritten zur Verfügung gestellt.

Erstmals kommt bei den Bundesforsten auch der sogenannte GigaWaggon zum Einsatz. Dieser besondere Güterwagen wurde vom steirischen Unternehmen Innofreight Solutions entwickelt. Durch ihn soll die Ladekapazität um 50 Prozent gesteigert werden.

Mit Papierholz Austria haben die Bundesforste vor Ort eine langfristige Partnerschaft gestartet. Die österreichweite Holzeinkaufsgesellschaft nützt bereits heute die Vorteile der modernen Lagerflächen in Amstetten.

„Die neue, digitale Holzdrehscheibe ist für uns in kürzester Zeit zu einem unersetzlichen Umschlagplatz geworden, nicht nur wegen der Käfervorsorge“, unterstreicht ÖBf-Vorstand Rudolf Freidhager. „Wir haben damit einen kleines Logistik-Forschungslabor in Echtzeit geschaffen. So in etwa könnte die Holzlogistik der Zukunft aussehen. Wenn das ‚Beispiel Amstetten‘ Schule macht, könnte dies zukünftig auch an anderen Orten so umgesetzt werden.“ Erste Gespräche dazu laufen schon.

Bundesforste spürten Coronakrise

Die Corona-Krise hatte nicht nur Auswirkungen auf die Holz verarbeitende Industrie, sondern auch auf die Holz produzierenden Betriebe. „Der erste Lockdown im Frühjahr verursachte schwere Marktverwerfungen“, erfahren wir auf Anfrage bei den Österreichischen Bundesforsten. Der Holzexport kam temporär gänzlich zum Erliegen, einer der wichtigsten Holzabsatzmärkte für die österreichische Sägeindustrie (Italien) ist kurzfristig weggebrochen. Schuld daran war der Lockdown inklusive Grenzschließungen.

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„Der Markt war zu, die Lager der österreichischen Sägeindustrie voll“, so die ÖBf-Pressesprecherin Pia Buchner. „Gleichzeitig musste im Wald die Aufarbeitung des Käferholzes weiterlaufen, denn das Frühjahr war extrem warm und trocken.“ Das hatte Auswirkungen auf den Käferbefall in den Wäldern. „Der Käfer begann heuer bereits im März zu fliegen und der ohnehin schon in Talfahrt befindliche Holzpreis gab weiter nach.“

Die Bundesforste richteten zusätzliche Lagerplätze, vor allem Nasslager ein, wo das Holz in sicherer Entfernung vom Käfer und bei gleichzeitiger Wahrung der Holzqualität gelagert werden konnte. Zudem wurden Holzvorräte aufgebaut. Jetzt, gegen Jahresende, steigt die Nachfrage erstmals wieder an, es gibt mehr Holztransporte und die Lager beginnen sich zügig zu leeren.