Lkw-Importeure : Marc Blom, Geschäftsführer von DAF Trucks Austria im Exklusiv-Interview

DAF Geschäftsführer DAF Austria Marc Blom

Marc Blom, Geschäftsführer DAF Trucks Austria

- © Ludwig Fliesser

TRAKTUELL: Sie haben die Geschäftsführung von DAF Austria und DAF Trucks Schweiz AG Mitten im Jahr 2020 übernommen. Wie haben Sie den Einstieg erlebt, in diesem turbulenten Corona-Jahr?

Marc Blom: Schwierig. In dieser Zeit war alles anders, beispielsweise die Besuche von Händlern und Kunden – das hatte man ganz anders geplant. Natürlich mussten wir auch erst einmal umziehen nach Österreich, das war ja auch eine kleine Herausforderung. Wir haben aber ziemlich schnell ein passendes Quartier gefunden und im September ging es wirklich los. Da gab es aber schon Probleme beim Reisen in die Schweiz. Auch unser gemeinsamer Pressetermin in Deutschland hat wegen der neuen Corona-Maßnahmen nicht geklappt. Erst im Dezember war es wieder möglich, ohne Probleme in die Schweiz zu reisen, um unsere Händler und Kunden dort zu besuchen. Auch hier in Österreich lief es mit den Händler- und Kundenbesuchen etwas schwieriger. Viele Unternehmen versuchten, so wenig betriebsfremde Personen wie möglich in ihrem Büro zu empfangen. Das alles war eine Herausforderung. Und auch im Händlernetz gab es einige Baustellen. Jetzt sieht das sehr gut aus und Tschann startet am 1. Februar in Himberg.

Abgesehen von der allgemeinen Corona-Baustelle gibt es also auch eine große Veränderung in der Vertriebsstruktur. In Ostösterreich löst Tschann Nutzfahrzeuge den langjährigen Vertriebspartner DanubeTrucks ab. Damit wird auch Pappas als Servicepartner abgelöst, stimmt das?

Tschann ist jetzt verantwortlich für den gesamten Vertrieb im Osten. Bei Danube bleibt der Standort in Rankweil in Vorarlberg und bei Aichwalder das Vertriebsgebiet Kärnten. Es ist natürlich wichtig, dass nicht nur der Vertrieb, sondern auch der Service in Zukunft optimal läuft. Deshalb werden wir zusammen mit Tschann auch den Service im Osten weiter ausbauen. Mit der Firma Tschann, die zu 100 Prozent ein DAF-Betrieb ist, haben wir hier einen perfekten Partner. Bei Pappas, wo die Marke DAF neben Mercedes steht, ist das anders. Deswegen haben wir diese Wahl getroffen und werden in den kommenden Monaten schauen, wie wir auch für Service unser Händlernetz weiterentwickeln.

Das heißt, Pappas Linz, Hohenzell und Amstetten sowie Pappas Steiermark werden in Zukunft keine DAF-Servicestandorte mehr sein?

In Oberösterreich suchen wir noch einen weiteren Standort, da gibt es schon Gespräche. Im Moment ist noch nicht ganz klar, wie das am Ende aussehen wird. Es gibt auch noch Gespräche mit der Firma Pappas und wir werden sehen, wie sich das weiter entwickelt. Zunächst müssen wir dafür Sorge tragen, dass der neue Standort der Firma Tschann in Himberg zu hundert Prozent läuft.

Wie kam es überhaupt zu dieser Umwälzung der Vertriebsstruktur in Ostösterreich?

Das war eine Entscheidung von Pappas und auch für uns überraschend, noch in der Zeit vor meiner Zuständigkeit. Pappas hat Ende 2019 beschlossen, den Standort von DanubeTrucks in Wiener Neudorf zu kündigen. In der Folge haben Gespräche mit der Firma Tschann begonnen. Tschann ist schon seit 1973 DAF-Händler. Die Firma beschäftigt sich nur mit DAF, abgesehen von der Marke Tatra. Die Verknüpfung mit DAF ist sehr eng und sie haben die Herausforderung angenommen und die Gelegenheit ergriffen, mit diesem Schritt ihr Vertriebsgebiet zu erweitern.

Was konkret ändert sich für die Kunden dadurch?

Es gibt einen neuen Standort mit einer ganz neuen Werkstatt in Himberg bei Wien. Die Kundenbetreuung in Ostösterreich erfolgt also künftig nicht mehr durch Danube in Wiener Neudorf, sondern ab 1. Februar durch die Firma Tschann, deren Mitarbeiter zu 100 Prozent dazu da sind, um die DAF-Kunden perfekt zu betreuen.

Beim Neuwagenverkauf ist DAF vor allem stark bei Sattelzugmaschinen und in diesem Segment einer der europaweit führenden Hersteller, wenn nicht sogar Marktführer…

Seit Ende 2020 sind wir im Sattelzugsegment wieder mit an der Spitze in Europa mit fast 20 Prozent Marktanteil (bis Ende Nov +/- 19.7%). Auch im Fahrgestellbereich machen wir Schritte vorwärts mit unseren neuen Fahrgestelltypen. Dabei hilft uns auch unsere Flexibilität mit Sonderbestellungen und flexiblen Radständen, die wir realisieren können. Das kostet zwar manchmal zusätzliche Lieferzeit, aber wir können dann etwas liefern, was nicht jeder macht.

Es ist schon lange Ziel von DAF, auch im Fahrgestellbereich stärker Fuß zu fassen. Verglichen mit dem Fernverkehr sind hier die Ansprüche bei der Erfüllung kundenspezifischer Wünsche wesentlich höher und der Vertrieb lebt stark von langjährigen Kundenbeziehungen. Warum sollte denn ein Kunde aus dem Baubereich plötzlich auf die Idee kommen, sich einen DAF zu kaufen?

Weil wir ein sehr gutes Fahrzeug haben. Im Baubereich sind wir in Österreich natürlich nicht so bekannt. In Holland haben wir rund 32 Prozent Marktanteil und zwar nicht nur mit Sattelzügen, sondern auch mit Fahrgestellen. Und dort sieht man, dass wir mit unseren DAF-Fahrzeugen ein Top-Produkt haben, das wirklich gute Leistung bringt und auf Augenhöhe mit dem Wettbewerb steht. Es ist aber nicht nur das Produkt, sondern auch der dazugehörige Service. Und da haben wir mit Tschann einen Partner, der für unsere Kunden Top-Leistungen erbringt.

Bei Sattelzügen sind die Abnehmer meist etwas größere Fuhrparks, da kann man schnell einmal zwanzig Fahrzeuge in den Markt bringen. Beim Baugeschäft ist man oft mit einem einzigen Fahrzeug relativ lange beschäftigt. Gibt es die entsprechende Vertriebserfahrung?

Die gibt es sicher, auch in Zusammenarbeit mit Tschann. Dort gibt es die nötige Kompetenz, um die Fahrgestelle gemeinsam mit den Kunden für ihren Einsatz und die nötigen Aufbauten optimal zu spezifizieren. Auch wenn ich mir die anderen Händler ansehe, wie zum Beispiel Danube in Rankweil: Wie viele Fahrgestelle die ausliefern und was für Sonderfahrzeuge zum Beispiel auch bei Aichwalder aufgebaut wurden, mit sehr speziellen Kränen, die teurer sind, als das Fahrgestell selbst. Wir bringen gemeinsam Fahrzeuge auf die Straße, die wirklich etwas Besonderes sind. Die Erfahrung dazu haben wir bei DAF Trucks Österreich mit unseren Vertriebsingenieuren im Haus. Und wenn es etwas wirklich ganz Spezielles gibt, dann wird das auch durch unser Werk in Eindhoven unterstützt.

Es gibt also relativ kurze Wege nach Eindhoven und die Möglichkeit für Sonderanfertigungen?

Ja. Ich war in der Vergangenheit für unsere Flottenabteilung in Eindhoven zuständig und habe dort auch einen Entsorger betreut. Ich habe einen direkten Draht zu unseren Ingenieuren und unserer Entwicklungsabteilung. Wenn man schon so lange für DAF und das Werk in Eindhoven arbeitet, bringt das einige Vorteile mit sich.

Der Gebrauchtmarkt für Lkw war schon vor der Corona-Krise schwierig, unter anderem aufgrund von verschärften Zollbestimmungen in Drittländern wie Russland. Dadurch kam der Abfluss von Gebrauchtfahrzeugen in die Exportmärkte ins Stocken. Was gibt es denn für Lösungen, um diese Fahrzeuge abzusetzen?

Mit unserem First-Choice-Programm können Kunden an gebrauchte Top-Fahrzeuge kommen, die jünger als fünf Jahre und maximal 600.000 Kilometer gelaufen sind. Dabei lässt sich auch eine Garantie vereinbaren, zum Beispiel ein Jahr auf den Antriebsstrang. Es können aber natürlich auch Gebrauchtfahrzeuge außerhalb des First-Choice-Programms erworben werden. Einige Händler bieten diese an und wir haben auch eigene Niederlassungen dafür. Der Markt schwankt noch etwas mehr, als bei den Neufahrzeugen und bei Euro-6-Fahrzeugen spielt hier die Entwicklung bei Ländern wie Russland eine große Rolle. Für Fahrzeuge, die älter als drei Jahre sind, sind dort die Importkosten unbezahlbar hoch. Einige afrikanische Länder sind dafür wieder offen, um dorthin Fahrzeuge zu exportieren. Im Nahen Osten ist die Lage seit der Krise dafür schlecht, aber das ist für unsere Mitbewerber nicht anders.

Wie sehen Sie denn die Entwicklung des Lkw-Markts insgesamt in den kommenden drei Jahren in Österreich und Europa?

In Österreich sehen wir den Markt für 2021 in etwa auf gleichem Niveau wie im Vorjahr. Ich denke, Corona ist eine Unsicherheit, bei der man wirklich eine Kristallkugel braucht, um weiter als ein halbes Jahr im Voraus zu planen. Europaweit sehen wir aber eine starke Auftragslage. Diese Entwicklung verläuft allerdings nicht in allen Ländern gleichmäßig. Ich denke in den nächsten drei Jahren, mit dem Impfstoff, wird sich auch der Markt wieder erholen.

War mit dem Gesamtabsatz von 300.000 Fahrzeugen in 2019 schon der Plafond erreicht? Kann der Markt überhaupt noch weiter wachsen oder läuft es letztendlich auf einen reinen Verdrängungswettbewerb hinaus?

Ich denke nicht, dass der Gesamtmarkt in Europa über 320.000 Fahrzeuge wachsen kann. Natürlich hat die Entwicklung dabei auch mit dem Erneuerungsrhythmus der Flotten zu tun. Und selbstverständlich spielen auch die EU-Klimaziele 2025 eine Rolle sowie etwaige Stützungsprogramme, CO2-Gesetze und dergleichen. Das wird sicher einen großen Einfluss haben auf den Markt in ganz Europa.

Ein gutes Stichwort: Kommen wir zu den alternativen Antriebstechnologien. Im Ausland laufen bereits elektrische Müllsammelfahrzeug und der CF Electric ist bereits bestellbar. Wie sieht es denn in Österreich mit elektrisch angetriebenen DAF-Fahrzeugen aus?

Es gibt bereits Gespräche mit Kunden über Elektrofahrzeuge und wir bieten diese auch bereits aktiv an. Das Machen wir zusammen mit unseren Händlern, unterstützt durch unser Werk. Wir haben die letzten eineinhalb Jahre viel Testerfahrung gesammelt und gehen jetzt in großen Stückzahlen in den Markt, auch in Österreich und sicher in der Schweiz. Diese Entwicklung wird weitergehen, aber was wir schon sehen ist: das Fahrzeug ist am leichtesten zu lösen. Die Infrastruktur zur Ladung ist viel schwieriger im Detail zu organisieren. Das Stromnetz ist nicht überall auf derartig große Energiemengen vorbereitet.

Der DAF CF Electric ist also schon bestellbar?

Als Kleinserie ist es fertig und kann bestellt werden, als Sattelzug oder Fahrgestell mit bis zu drei Achsen, zum Beispiel mit einem vollelektrischen Aufbau von VDL zur Müllsammlung. Aber was wichtig ist, ist die Beratung im Vorfeld. Das sind wirklich Projektfahrzeuge, da muss man zuvor durchrechnen, wie lange die gefahrene Strecke und die erforderliche Ladezeit ist. Wenn man einen Schnelladestation hat, dann kann man zwischen einer halben und einer Stunde schon viel Kapazität laden und das Fahrzeug wirklich den ganzen Tag nutzen. Mit den neuen Batterien ist das Fahrzeug um etwa 700 Kilogramm leichter geworden und die Reichweite hat sich auf über 200 Kilometer verdoppelt.

Wie sieht es mit anderen Alternativen aus? CNG, LNG oder Wasserstoff?

Heute betrachten wir die Energieeffizienz nur vom Tank bis zum Auspuff, aber nach 2030 müssen wir den Energiefluss von der Quelle bis zur Straße messen. Und dann ist CNG und LNG aus Sicht von DAF nicht die richtige Wahl. In den USA haben wir schon einige Fahrzeuge auf Wasserstoffbasis laufen, mit unserer Marke Peterbilt. Diese Entwicklung betreiben wir zusammen mit Shell und Toyota. Und zusammen mit VDL betreiben wir viel Entwicklung für die Elektrofahrzeuge. Ich denke, für die nächsten paar Jahre wird Elektro für die Stadt die richtige Wahl sein. Im größeren Umkreis werden es Hybridfahrzeuge sein. Und ich denke auch langfristig wird unser Dieselmotor immer noch da sein, aber mit Stützung durch viele andere Systeme. Und die Frage bei E-Fahrzeugen ist natürlich auch: woher kommt der Strom? Von Braunkohlekraftwerken oder von Wasserkraftwerken und Windturbinen? Sonst hat man zwar keinen lokalen CO2-Ausstoß, aber man muss das Gesamtsystem von der Energiequelle bis zum Auspuff betrachten.

----

Über Marc Blom

Der Niederländer Marc Blom ist seit Juni 2020 ist Geschäftsführer der DAF Austria GmbH und der DAF Schweiz AG. Er hat einen Bachelor-Abschluss in Fahrzeugtechnik und Betriebswirtschaftslehre und arbeitet seit 22 Jahren für DAF Trucks. Zuletzt war er Area Manager im Bereich Sales Operations und dabei unter anderem für Bulgarien, Kasachstan, Litauen, die Ukraine, die Türkei und Südafrika verantwortlich.