Wirtschaft : MAN-Werk Steyr: Verhandlungen von Management und Betriebsrat

Regionalpolitik Politische Bewegungen Oberösterreich. Arbeiterbetriebsrat Helmut Emler und Angestelltenbetriebsratsvorsitzender Thomas Kutsam
© APA/HELMUT FOHRINGER

Am Montag habe zunächst das Unternehmen seine Vorstellungen präsentiert, in einem nächsten Schritt wird die Belegschaftsvertretung ihre übermitteln. Am 5. Mai soll dann erneut darüber gesprochen werden, skizzierte Betriebsrat Helmut Emler den Fahrplan. Vorerst gehe es einmal um Rechtssicherheit. Denn ein Knackpunkt sind die unterschiedlichen Auffassungen darüber, ob die Standortgarantie, die MAN aufgekündigt hat, immer noch gültig ist. Die Belegschaftsvertretung geht schon davon aus, „dann bräuchte man auch keinen Sozialplan.“ Rückenwind bekam die Gewerkschaft hier zuletzt durch eine Einschätzung des Linzer Zivilrechtlers und Rektor der Johannes-Kepler-Universität, Meinhard Lukas. Dieser vertritt die Rechtsauffassung, dass im Falle einer Schließung Kündigungsentschädigungen bis zum Jahr 2030 fällig würden.

Emler will über „einen Sozialplan mit doppelter Freiwilligkeit", wie er bei MAN in Deutschland gelte, reden. Damit meint er, dass zum einen Arbeitnehmer nur von sich aus das Werk verlassen sollen. Zum anderen dürfe mit dem Sozialplan nicht die Schließung des Werks verbunden sein. Emler kreidet es MAN auch an, dass kurz vor der Abstimmung in Steyr ein Sozialplan für die deutschen Beschäftigten präsentiert worden sei, der wesentlich besser sei als das, was man in Österreich geboten habe. Da dürfe man sich über das negative Votum der Belegschaft auch nicht wundern. Er nehme hier auch „ganz besonders VW in die Pflicht. Aber diese Brücke ist eingerissen worden“, zeigt er sich enttäuscht über den Konzern und dessen Mutter.

Standortsicherungsvertrag mit Kündigungsverzicht

Für Steyr gibt es nicht nur einen Standortsicherungsvertrag, sondern auch einen Kündigungsverzicht des Unternehmens. Im Falle einer Schließung könnten dadurch Kündigungsentschädigungen für Lohnentgang bis Ende 2030 fällig werden. Diese könnten summa summarum bis zu 1,4 Milliarden Euro ausmachen. Die von MAN genannten Einsparungen von 80 Mio. Euro durch eine Produktionsverlagerung von Steyr nach Polen würden sich laut Betriebsrat Emler dann erst in 15 Jahren rechnen.

Ein finanzielles Nachspiel könnte eine Schließung auch in Bezug auf geleistete Förderungen für MAN haben. Die österreichische Forschungsförderungsgesellschaft FFG hat seit 2017 insgesamt 2,4 Millionen Euro öffentlicher Gelder in Projekte mit MAN investiert. Grundsätzlich bestehe die Möglichkeit, Subventionen von Unternehmen zurückzuverlangen. Laut Klausel ihrer Förderverträge können Forschungsgelder wegen betriebsbedingter Schließungen bis drei Jahre nach Abschluss eines Projektes zurückgefordert werden, sagte FFG-Geschäftsführer Klaus Pseiner im Ö1-Mittagsjournal am Freitag. Konkret geht es um rund 300.000 Euro FFG-Gelder für die Erforschung neuartiger Wasserstoffantriebe für Lkw von MAN. Dieses Projekt stehe kurz vor dem Abschluss. Sollte das Werk in Steyrtatsächlich 2023 geschlossen werden, prüfe man Rückforderungen „sehr genau“, kündigte Pseiner an. Den Löwenanteil der Investition seit 2017 dürfte die FFG aber kaum vom Nutzfahrzeugehersteller zurückholen können. Das Groß-Projekt zu batteriebetriebenen Lkw endete bereits 2019 und liegt damit wohl außerhalb der Drei-Jahres-Frist.

Aufruf weitere Angebote und Optionen zu Prüfen

Im Vorfeld der Verhandlung am Montag hatten sich am Freitag noch die MAN-Belegschaftsvertretung, der SteyrerBürgermeister Gerald Hackl und sein Vize Markus Vogl (beide SPÖ) mit Landeshauptmann Thomas Stelzer und Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner (alle zwei ÖVP) getroffen. In einer Aussendung des Landes wurde nochmals betont, dass es „jetzt an der Zeit ist, dass auch mögliche weitere Interessenten klare Konzepte auf den Tisch legen.“ Laut Betriebsrat Emler „rufen Unzählige täglich an, die das Werk kaufen wollen.“

„Wenn alle wollen“, hält es Gerald Ganzger für "sehr realistisch", dass es für das MAN-Werk in Steyr eine Zukunft gibt. Mit „alle“ meint der Sprecher des Green-Mobility-Konsortiums rund um den Linzer Unternehmer Karl Egger (KeKelit) dessen Investorengruppe, die Konzernzentrale des Nutzfahrzeugeherstellers in München sowie Ex-Magna-Chef Siegfried Wolf. Als Diskussionsmodell sieht Ganzger eine Dreiteilung des Standorts Steyr. MAN könnte die Lackiererei weiter betreiben, Wolf dort, wie in seinem Übernahmeplan vorgesehen – Lkw produzieren und die Egger-Gruppe das Green Moblity Center errichten. „Groß genug ist das Werksgelände“, meinte der Sprecher. Man biete sich quasi als „Problemlöser“ an und warte auf eine Einladung von MAN zu Gesprächen. In diesem Fall würde das Konsortium einen „namhaften Sprecher“ zum Runden Tisch schicken.

Ex-Betriebsrat bekommt wieder Zugang zum Werksgelände

Nach Wirbel um ein Betretungsverbot des MAN-Geländes in Steyr für Erich Schwarz, den pensionierten Chef des Arbeiterbetriebsrats, gibt es offenbar ein Einlenken des Konzerns. Nach gängiger Praxis können Mitarbeiter im Ruhestand gegen Voranmeldung einen Termin vereinbaren. „Selbstverständlich hat Herr Schwarz weiterhin die Möglichkeit, nach Abstimmung mit der Geschäftsleitung, solche Einzeltermine wahrzunehmen“, hieß es am Samstag in einer Stellungnahme von MAN München gegenüber der APA.

„Ich konnte mich nicht von der Belegschaft verabschieden“, sagte Schwarz: „Ich möchte noch einmal durchgehen und mich bedanken", so der ehemalige Betriebsrat. In nächster Zeit denke er aber nicht daran, das Werk zu besuchen. „Es soll noch etwas Ruhe einkehren, ich würde jetzt in zu viele Diskussionen verwickelt“, meinte Schwarz. (APA / Red.)

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