Mobilitätswende : E-Lkw mit Batterie versus Wasserstoff und eFuels

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Die Mobilitätswende schreitet auch im Lkw-Bereich rapide voran. Nach und nach bringen Hersteller serienreife Elektro-Lkw auf den Markt. Noch sind diese viel zu teuer, um auf breiter Basis eingesetzt zu werden – die Anschaffungskosten belaufen sich derzeit auf das Drei- bis Vierfache eines konventionellen Diesel-Lkw. Mit entsprechender Anschubförderung und einer Skalierung der Produktion könnten E-Trucks aber schon bald als Business-Case funktionieren. Gerade in der kommunalen Entsorgung, im Verteilerverkehr, in Hafenarealen oder im innerbetrieblichen Verkehr macht die batterieelektrische E-Mobilität absolut Sinn. Hierfür sind auch die Reichweiten der heute verfügbaren E-Lastwagen ausreichend.

Hohe Effizienz bei Batteriefahrzeugen

Bestechend ist die hohe Energieeffizienz bei Batteriefahrzeugen von bis zu 77 Prozent von der Energiequelle bis zum Rad. Ungeklärt ist aber weiterhin, woher die gewaltigen Mengen an grünem Strom für eine komplette Umstellung auf E-Trucks kommen sollen. Diese Frage ist jedoch zentral für den Beitrag der E-Mobilität zum Klimaschutz, denn sonst sind die Fahrzeuge nur lokal emissionsfrei, nicht aber in der Gesamtbetrachtung, wenn die Emissionen bei der Stromerzeugung entstehen. Praktisch wäre neben der Nutzung von erneuerbaren Energiequellen wie Wind- und Wasserkraft auch die Solarstromproduktion auf Logistikflächen und Hallendächern. Um den gesamten Energiebedarf zu decken ist das aber sicher nicht ausreichend. Inzwischen bekommt deshalb sogar die Atomenergie wieder Auftrieb: Im Februar 2022 wurde sie von der EU-Kommission in einer umstrittenen Entscheidung zur nachhaltigen Energieform erklärt.

MAN Berlin E-Truck
Bei Traton setzt man vor allem auf die E-Mobilität mit Batterie. Im Bild: der künftige, schwere E-Truck der Marke MAN - © MAN

Ladeinfrastruktur und Energiebereitstellung

Neben der Frage der Energieproduktion bleibt außerdem die Herausforderung der Energiebereitstellung: Der Strom muss je nach Bedarf in ausreichender Menge rasch am Ladeort verfügbar sein. Will man einen elektrischen Fernverkehrs-Lkw etwa in der gesetzlich vorgeschriebenen Fahrpause zwischenladen, dann benötigt man dazu bis zu einem Megawatt Leistung pro Fahrzeug. Denkt man an einen Autobahnrastplatz mit 100 Lkw-Stellplätzen, dann werden hier gewaltige Energiemengen von bis zu 100 Megawatt gleichzeitig benötigt – das entspricht einem Drittel der Engpassleistung des österreichischen Donaukraftwerks Greifenstein.

Wasserstoff als Alternative für die Langstrecke

Eine Möglichkeit, um die Reichweite der Fahrzeuge zu erhöhen und zugleich die Energiebereitstellung sicherzustellen, bietet der Wasserstoff. Mittels Elektrolyse kann dieser hergestellt und dann in komprimierter oder verflüssigter Form transportiert und getankt werden. Der Vorteil: Überschüssige Energie aus erneuerbarer Stromerzeugung kann so gespeichert und für den Verkehr nutzbar gemacht werden. Wasserstoff wäre etwa in Verbindung mit (adaptierten) Verbrennungsmotoren einsetzbar. Langfristig vielversprechender scheint jedoch die Kombination mit dem E-Antrieb. Hier wird mit dem Wasserstoff zunächst in einer Brennstoffzelle (Fuel-Cell) elektrische Energie erzeugt und diese in einer Pufferbatterie zwischengespeichert. Der Antrieb erfolgt dann mittels E-Motor. Beim Bremsen und Bergabfahren kann außerdem die Energie rückgewonnen werden (Rekuperation).

Wasserstoff-Lkw Daimler Gen H2 Truck mit Batterie und Brennstoffzelle
Daimler Truck setzt auf Batteriefahrzeuge im Nahverkehr und Wasserstoff im Fernverkehr. Im Bild: der GenH2 Truck mit Brennstoffzelle (Prototyp/Versuchsfahrzeug) - © Ludwig Fliesser

Nachteile: die Infrastruktur für Wasserstoff müsste erst aufgebaut werden. Insgesamt geht durch die Umwandlungsprozesse sehr viel Energie verloren. Die Gesamtenergieeffizienz von der Quelle bis zum Rad beträgt nur etwa 30 Prozent. Da man beim Fuel-Cell-Truck sowohl eine Brennstoffzelle, einen Spezialtank als auch eine Batterie benötigt, gilt die Lösung als technologisch Aufwendig. Ein Wasserstoffverbrennungsmotor ließe sich technisch gesehen relativ einfach realisieren, dieser kommt aber bei der Energieeffizienz nicht an die Kombination aus Brennstoffzelle und Batterie heran.

DAF hat bereits ein Versuchsfahrzeug mit Wasserstoff-Verbrennungsmotor gebaut. Der Cheftechniker erklärt, wie dieser funktioniert

Neue Abhängigkeiten

Die eFuel-Alliance – eine Interessengemeinschaft für synthetische Flüssigkraftstoffe – warnt vor einem generellen Verbot für Verbrennungsmotoren in Europa. Ein solches würde den Wettbewerb der Technologien in Forschung und Entwicklung behindern. Ein mögliches Problem bei der E-Mobilität ergibt sich auch durch neue Abhängigkeiten von Staaten und Regionen mit hohen politischen Risiken bei Rohstoffen, die für die Batterieherstellung benötigt werden. Was das bedeuten kann, zeigt sich aktuell an den eingeschränkten Handlungsoptionen der EU durch die Energieabhängigkeit bei Öl und Gas von Russland.

Gefordert wird stattdessen die Anerkennung der Klimaneutralität von synthetischen Kraftstoffen, sogenannter eFuels, wenn diese mit grünem Strom produziert werden. Die Energieeffizienz ist insgesamt miserabel, allerdings könnten die flüssigen Kraftstoffe einfach wie herkömmlicher Diesel transportiert werden. Die bestehende Tankstelleninfrastruktur kann weiter genutzt werden, auch eine Beimengung in den Sprit ist denkbar. eFuels wären in den weltweit rund 1,4 Milliarden Bestandsfahrzeugen mit Verbrennungsmotoren einsetzbar. Die europäische Automobilindustrie und deren Zulieferer würden durch ein frühes Aus für den Verbrennungsmotor außerdem schwer getroffen. Eine Übergangsphase mit eFuels könnte den europäischen Unternehmen, die bei der Technologie der Verbrennungsmotoren weltweit führend sind, eine Verschnaufpause verschaffen, um sich an die neuen Anforderungen anzupassen. Denn es gibt durchaus Befürchtungen, dass die Industrie in Europa bei einem allzu raschen Umstieg auf die E-Mobilität von neuen Akteuren aus Asien, insbesondere China, ausgebremst wird.

Debatte beim WEKA Automotive Talk: eFuels versus E-Mobilität

Fazit

Jede Technologie hat Vor- und Nachteile. Für die rein batterieelektrische E-Mobilität spricht die hohe Energieeffizienz. Nachteile sind das Problem der Strombereitstellung am Ladeort und die Rohstoffe für die Batterie. Wasserstoff wiederum ermöglicht es, grünen Strom zu speichern und auch ohne elektrisches Leitungsnetz – etwa mit Schiffen und Tankwagen – zu transportieren. Die Infrastruktur dafür müsste allerdings erst aufgebaut werden und die Handhabung des hochexplosiven Wasserstoffs ist etwas komplizierter, als bei herkömmlichen Kraftstoffen. Hier können hingegen die synthetischen Flüssigkraftstoffe ihre Vorteile ausspielen: eFuels unterscheiden sich in ihren Eigenschaften kaum vom herkömmlichen Dieselkraftstoff. Damit könnte die bestehende Transport- und Tankstelleninfrastruktur weiter genutzt werden. Die Kraftstoffe können außerdem auch in Bestandsfahrzeugen mit Verbrennungsmotor eingesetzt werden. Ein Nachteil ist allerdings die äußerst schlechte Energieeffizienz in der Gesamtbetrachtung von der Quelle bis zum Rad.

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