12 Maßnahmen : Zentralverband präsentiert Logistikpaket für Österreich

v.l.n.r: Andreas Hofbauer (Geschäftsführer NÖM-Frischlogistik) Mag. Wolfram Senger-Weiss (Vorstand Gebrüder Weiss GmbH und Präsident Zentralverband Spedition und Logistik) und Mag. Siegfried Menz (Vorstandsvorsitzender Ottakringer Getränke AG und Obmann Bundessparte Industrie der WKÖ).
© Zentralverband Spedition & Logistik/APA-Fotoservice/Hörmandinger

Seit 2008 ist das gesamte Transportaufkommen in Österreich von 502 auf 431 Millionen Tonnen gesunken. Hinzu kommt dass die heimischen Logistikunternehmen einer harten internationalen Konkurrenz ausgesetzt sind. "Je attraktiver der heimische Logistikstandort ist, desto mehr Wertschöpfung bleibt in Österreich und umso geringer fällt das Transitaufkommen aus. Es gibt also dringenden Handlungsbedarf", so Wolfram Senger-Weiss, Präsident des Zentralverbandes für Spedition & Logistik und Vorstand von Gebrüder Weiss GmbH.

"Wir haben eine gute Infrastruktur, doch leider nutzen wir sie noch nicht optimal im Sinne einer intelligenten Logistik. Während Datennetze oder Energieversorgernetze immer schneller, leistungsfähiger und sicherer werden, hinkt das Logistiknetz in Österreich seinen Möglichkeiten hinterher." Österreich müsse alles daran setzten, die Trendwende einzuleiten und als Logistik- und Wirtschaftsstandort den Anschluss an die Spitze wieder zu finden. "Unser Land hat dank seiner geographischen Lage mitten in Europa, gutes Potential, internationale Logistik-Drehscheibe zu werden", so Senger-Weiss.

Logistik mit Wertschöpfung statt reiner Transit

Um die Logistik in Österreich wieder auf die Überholspur zu bringen, hat der Zentralverband für Transport und Logistik ein Forderungspaket von zwölf konkreten Maßnahmen geschnürt. Diese sollen dazu beitragen, den Logistik- und damit Wirtschaftsstandort Österreich maßgeblich zu verbessern, damit Österreich nicht zu einem Transitland verkommt, sondern sich mit Logistikzentren wettbewerbsfähig positioniert, attraktiv für Unternehmensansiedelungen bleibt, damit Arbeitsplätze sichert und zusätzliche Wertschöpfung im Land generiert.

"So sieht das Logistikpaket die Etablierung der Marke "Logistik Made in Austria" vor, mit der Vermarktungsaktivitäten gefördert und mehr Bewusstsein für die Leistungspalette des Logistikstandortes Österreich geschaffen werden soll," betont Senger-Weiss. Darüber hinaus fordert der Zentralverband die Einsetzung eines Logistikverantwortlichen im BMVIT, der als Anlaufstelle die unterschiedlichsten Anliegen aus der Branche koordinieren soll und sich in Deutschland bereits erfolgreich etabliert hat.

148.000 Arbeitsplätze

"Die Förderung der Logistik ist jedoch kein Anliegen einer einzelnen Branche sondern liegt im Interesse des gesamten Industrie-und Wirtschaftsstandorts," betont Sigi Menz, Obmann der Bundessparte Industrie der WKÖ und Vorstandsvorsitzender Ottakringer Getränke AG. "Unsere Logistikunternehmen erwirtschaften jährlich knapp 18 Milliarden Euro und sichern 148.000 Arbeitsplätze".

Infrastruktur und Logistik bilden das Nervensystem der Industriebetriebe und KMUs in einem Land, daher brauche es hier Unterstützung um die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und des Standortes zu stärken. Konkret geht es Menz um bundeseinheitliche Rahmenbedingungen bei der Flächenwidmung und um Entbürokratisierung wie z.B. bei den Gefahrguttransporten. "Wir haben eine ausgezeichnete Infrastruktur im Land, wir müssen sie nur besser, intelligenter und wertschöpfender nutzen," so Menz.

Leere Umweg-Kilometer

Eine Durchforstung der Kompetenzen sieht auch Andreas Hofbauer, Geschäftsführer der NÖM-Frischlogistik, als längst fällig. "Fahrverbote müssen bundesweit einheitlich geregelt werden," erläutert Hofbauer und führt weiter aus: "Alleine die NÖM fährt 365.000 "Umweg-Kilometer" im Jahr bedingt durch regional verhängte und damit bundesweit uneinheitliche Fahrverbote. Das bedeutet nach Durchschnittswerten einen CO2-Ausstoß von 318 Tonnen. Hier gibt es Optimierungspotential im Sinne der Gesamtumweltbelastung. Es gilt einen guten Weg zwischen Anrainer-, Umwelt- und Betriebsinteressen zu finden."

In Österreich vermisse er auch eine innovative Zentrallager-Struktur wie in Deutschland oder Plattformen in Italien. Ein weiterer wunder Punkt ist die jährliche Mautanpassung. Diese gilt jeweils ab 1. Jänner eines Jahres, die Bekanntgabe erfolgt aber erst in den letzten Dezember-Tagen. Hier braucht es eine längere Vorlaufzeit, um den Logistikunternehmen mehr Planungssicherheit bei der Budget- und Preislistenerstellung zu geben. Die notwendige gesetzliche Anpassung könnte rasch, unbürokratisch und ohne budgetäre Auswirkungen für den Bund erfolgen. "Eine kleine Maßnahme mit großer Auswirkung für die betroffenen Logistikunternehmen in Österreich," so Hofbauer.

Von Güterterminals bis Postleitzahlen

Zu den weiteren Themen aus dem Logistikpaket, die allesamt in Abstimmung mit dem neuen Güterverkehrsplan des BMVIT umgesetzt werden sollen, gehört der Ausbau der Multimodalität. Güterterminals sollen ausgebaut und die Schienennetz-Anbindung an die Überseehäfen attraktiviert werden.

Und letztendlich macht sich der Zentralverband für Spedition und Logistik stark für ein effizienteres Postleitzahlensystem, das seit 1938 unverändert besteht. "Nach 75 Jahren wäre es an der Zeit, ein überholtes System neu zu überdenken, da es in der aktuellen Form keine effiziente Routenplanung zulässt. Eine engmaschigere Gebietszuordnung durch ein optimiertes Postleitzahlensystem, das sowohl Region, Dorf oder Ortsteil, Stadtviertel als auch Straße ausweist, ermöglicht eine bessere Vorsortierung und Zustellung von Sendungen", hält Präsident Senger-Weiss fest. "Dazu gibt es bereits erfolgreiche Modelle in Europa, etwa in den Niederlanden." Schließlich bedeuten kürzere Fahrstrecken bei Zustellungen nicht nur Zeitersparnis, sondern Reduktion von Schadstoffemissionen.

Das Logistikpaket für Österreich – 12 Forderungen im Detail

1. Logistik Made in Austria

Die Marke „Logistik Made in Austria“ als Partnerschaftsprojekt zwischen Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) und der österreichischen Logistikwirtschaft soll dazu dienen dem Logistikstandort einen professionellen Außenauftritt zu verschaffen um die Vorteile für Logistikkunden im In- und Ausland hervor zu heben. Unter dem Markenbegriff sollen Vermarktungsaktivitäten gesetzt und Nachfrager aus dem Ausland angesprochen werden. Damit soll auch in der breiteren Öffentlichkeit das Interesse am Thema Logistik geweckt und die Leistungen der Branche veranschaulicht werden. Im Güterverkehrsplan, der derzeit im Verkehrsministerium ausgearbeitet wird, soll die Etablierung dieser Marke festgeschrieben werden.

2. Logistikverantwortlicher im BMVIT

Ein Logistikverantwortlicher im Verkehrsministerium als personeller One-Stop-Shop und Koordinator der Brancheninteressen. Damit werden Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten im Logistikbereich gebündelt und konzentriert. Mit Einsetzung einer integren Persönlichkeit, ähnlich wie bereits beim Kapitalmarkt- oder Lehrlingsbeauftragten, soll das sehr fragmentierte Thema Logistik deutlich an politischem Gewicht gewinnen und eine Anlaufstelle zwischen Wirtschaft und Verwaltung sein. In Deutschland wird diese Funktion zum Beispiel durch die parlamentarische Verkehrsstaatssekretärin wahrgenommen.

3. Förderung und Ausbau der Multimodalität

Der multimodale Ausbau von Güterterminals und die bessere Anbindung des Schienenverkehrs an die Überseehäfen, soll seitens der öffentlichen Hand, im Sinne attraktiverer Lösungen für Kunden, verstärkt gefördert werden. Neben der Förderung von Carriern muss es auch für Spediteure, die eine wesentliche Rolle bei der Verlagerung spielen, zu Förderanreizen kommen.

4. Maut

Europaweite Harmonisierung von Mautsystemen

Ziel ist, im gesamten EU-Raum, eine Mautinkasso-Technologie mit einem On Board Unit-Gerät und mit einer einzigen monatlichen Abrechnung für sämtliche europäischen mautpflichtigen Kilometer einzuführen.

Frühere Bekanntmachung der Mautanpassung

Die jährliche österreichische Mautanpassung wird bereits mit einer Vorlaufzeit von mindestens 3 Monaten rechtsverbindlich bekannt gegeben.

Transparente Berechnung der Mauthöhe

Die österreichische Umsetzung der EU-Wegekostenrichtlinie ist intransparent, die Mautkostenberechnung wird im Gegensatz zu Deutschland nicht veröffentlicht und ist daher nicht nachvollziehbar.

5. Bundesweite Regelung und zentrale Kompetenz für Fahrverbote und für die Widmung von Logistikflächen

Der Bund soll eine Koordinierungs- und Letzt-Entscheidungsfunktion beim Erlassen von Fahrverboten in Österreich übernehmen.

Bei der Flächenwidmung sollen bundeseinheitliche Rahmenbedingungen erstellt werden, bei der die Anforderungen von Logistik unter Einbeziehung der Branche mitberücksichtigt wird.

Die österreichische Verkehrswirtschaft ist aufgrund der unkoordinierten Verhängung von Fahrverboten und der Nichtberücksichtigung von Logistikflächen bei der Flächenwidmung, mit sinnlosen Umweg-Verkehren konfrontiert, die die Umwelt emissions-mäßig belasten und zu einer vermeidbaren Kostensteigerung für die Unternehmen führt. Leidtragender dieser Regelung ist die österreichische Bevölkerung durch verstärktes LKW-Aufkommen bzw. der Wirtschaftsstandort.

6. Keine persönliche Haftung für Zollspediteure und deren Mitarbeitern bei Abgabenschulden von Auftraggebern

Die österreichischen Zoll-Spediteure haben den heimischen Logistikstandort zur Drehscheibe für Zentral-, Südost- und Osteuropa aufgewertet. Durch das Verzollungsgeschäft (Verfahren 42) kommt es darüber hinaus auch zur weiteren logistischen Wertschöpfungen (Supply Chain Management, Lagerung, Transport etc.). Mit Änderung der auch im Vergleich zu unseren Nachbarländern (wie z.B. Deutschland) extrem restriktiven Haftungsbestimmungen, könnten diese für die Speditionsbranche wichtigen Verzollungen durch heimische Unternehmer weitergeführt werden und würden nicht an ausländische Anbieter abwandern.

7. Entbürokratisierung und Entkriminalisierung bei Gefahrguttransporten

Eine Überarbeitung des Gefahrgutmängelkatalogs ist überfällig. Dabei ist es notwendig, teils widersprüchliche rechtliche Bestimmungen zu entrümpeln und multimodale Transportketten besser aufeinander abzustimmen.

8. „Echte“ Liberalisierung des Marktes für Kurier-, Express- und Paketdienstleistungen

Die derzeitige, gesetzlich festgelegte „Liberalisierung“ des Postmarktes hat im Kurier- Express- und Paketbereich (KEP) zu einer zusätzlichen Reglementierung des Marktes geführt, ohne dass für Kunden ein Mehrwert entstanden ist. Zugleich fehlt eine klare gesetzliche Definition von Paketdienstleistern und Postpaketen.

9. Effizienteres Postleitzahlensystem

Das aktuelle österreichische Postleitzahlensystem (1938) ist im Wesentlichen zu grobmaschig und erschwert Speditionen und KEP-Dienstleistern die rasche Sortierung und Zustellung von Sendungen.

Vorbild kann z.B. das niederländische System sein, das aus vier Ziffern und zwei Buchstaben besteht. Bei Änderung des österreichischen Postleitzahlensystems ist eine Vorsortierung der Sendungen unter Optimierung der Zustellrouten möglich. Fahrtstecken werden minimiert und damit könnte der Schadstoffausstoß reduziert werden.

10. Förderung von innovativer Logistik

Durch gezieltere Förderung innovativer Logistik, soll Österreich von einem Schlusslicht in der EU zu einem Vorreiter werden.

Um Schadstoffemissionen weiter reduzieren zu können und zugleich wettbewerbsfähig zu bleiben, ist es seitens der öffentlichen Hand notwendig, innovative Lösungen (Green Logistic) stärker und gezielter zu fördern. Beispiele dafür sind u.a.: Unterstützung von Innovation bis zur Marktreife, Förderung alternativer Antriebstechnologien, verbesserte Aerodynamik, erleichterte Typisierung und die Förderung von City Logistik-Konzepten.

11. Attraktivierung der Binnenschifffahrt mit der Schaffung eines Kombitickets für Schiene und Wasserweg

Die Binnenschifffahrt auf der Donau verfügt über Kapazitätsreserven. Mit Einführung einer Ausfallsicherung soll dem Verlader ein Kombiticket angeboten werden, um im Falle von Nicht-Befahrbarkeit des Wasserweges auf die Schiene ausweichen zu können.

12. Verlängerung der Breitspur in den Großraum Wien/NÖ zur Schaffung einer neuen Logistikdrehscheibe zwischen West- und Osteuropa und Asien

Der Wirtschaftsstandort Österreich hat die historische Chance, sich als neue Logistik-Drehschreibe zwischen Asien und Europa zu positionieren. Bei jedem Umschlag wird Wertschöpfung geschaffen. Als Binnenland hat Österreich keinen nationalen Hafen, der als Umschlagsknotenpunkt in Richtung Asien dienen kann. Ziel ist, für den Standort Österreich ein neues internationales Geschäftsfeld zu erschließen. Die Drehscheibenfunktion im Landverkehr zwischen Europa und Asien ist einzigartig und stärkt das österreichische Schienenaufkommen.